Deutsche befürworten Werbeverbot für ungesunde Kinder-Lebensmittel

An Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel soll künftig eingeschränkt werden. Ein Werbeverbot würden deutsche Verbraucher laut einer aktuellen Studie begrüßen. Den Ergebnissen zufolge hat sich ihr Verhältnis zu Marken im letzten Jahr gewandelt.
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Eine Mehrheit der Befragten spricht sich für ein Werbeverbot aus. (© Unsplash/Markus Winkler)

Kürzlich schlug Bundesernährungsminister Cem Özdemir vor, an Kinder gerichtete Werbung für ungesunde Lebensmittel zu verbieten. Das sorgte für hitzige Diskussionen, nicht nur in der Werbewirtschaft. Der Verband privater Medien (Vaunet) warnte vor einer Gefährdung der Medienvielfalt. Doch die deutschen Verbraucher*innen scheinen ein solches Werbeverbot zu befürworten. In einer Studie der Pilot-Agenturgruppe geben schließlich 61 Prozent der Radar-Befragten an, dass dieses Vorhaben eher oder sehr sinnvoll. 26 Prozent hingegen halten nichts davon. Spannend ist außerdem, dass sich diese Zustimmung kaum nach Geschlecht, Alter, Einkommen oder Zahl der Kinder unterscheidet.

So scheint sich die alltägliche Rolle von Marken in der Konsumlandschaft verändert zu haben. Im Vergleich mit einer Erhebung im Januar 2022 geben inzwischen weniger Befragte an, dass Marken ihnen ein Stück Normalität bieten, „wenn die Welt gerade verrücktspielt“. Dieser Wert fiel von 61 auf 48 Prozent. Befragte, die sich so äußerten, befürworteten das Werbeverbot signifikant weniger häufig. Wie Verbraucher*innen über die geplante Regulierung denken, scheint also mit der alltäglichen Rolle von Marken zusammenzuhängen.

Ähnlich scheinen deutsche Verbraucher*innen die politischen Vorstöße im digitalen Kosmos zu beurteilen. So geht die EU immer stärker gegen die großen Digitalkonzerne vor. Seit kurzem ist die Tiktok-App auf den Diensthandys von EU-Mitarbeiter*innen verboten. Diese Einschränkung befürworten 61 Prozent der Befragten. Eine Regulierung von „Digital Giants“ halten wiederum 48 Prozent der Befragten für sinnvoll.

„Konsument*innen nehmen Marken heute deutlich reflektierter wahr“

Darüber hinaus kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass Konsument*innen inzwischen kritischer über Marken denken. So geben 81 Prozent der Befragten an, dass sie eine Marke nicht mehr kaufen wollen, wenn sich das Unternehmen nicht richtig oder unsozial verhält. Im Januar 2022 sagten das noch 74 Prozent. Dass sich Marken nicht in gesellschaftsrelevante Themen einmischen sollen, befürworten allerdings deutlich mehr Ältere (78 Prozent) als Junge (64 Prozent).

„Konsument*innen nehmen Marken heute deutlich reflektierter wahr als noch vor zwölf Monaten“, erklärt Daniel Daimler, Leiter Marktforschung bei Pilot. „Unsere Daten zeigen deutlich, dass echte Markendifferenzierung ein eher seltenes Phänomen ist und ein Spannungsverhältnis besteht zwischen dem, was Marken erzählen und welchen tatsächlichen Mehrwert sie für die Lebensrealität der Verbraucher*innen stiften.”

Auch so genannte Love Brands scheinen an Bedeutung zu verlieren. Von Lieblingsmarken, „bei denen der Preis dann auch nicht so wichtig ist“ berichten 64 Prozent der Befragten. Im Vergleich zum Januar 2022 ist das ein Rückgang von zehn Prozentpunkten. Der Studie zufolge verfolgen Konsument*innen die Aktivitäten von Marken zunehmend differenziert. Daimler sieht darin einen Anlass für Marken, ernsthaft die eigene Rolle zu reflektieren. „Die Authentizität einer Marke ist mehr als nur ein narrativer Weichzeichner, sie ist kein atmosphärisches Nice-to-have. Vielmehr ist sie eine strategische Entscheidung dafür, Markenversprechen mit konkreten Inhalten zu füllen – und nicht nur mit Content.”

Methode

Für diese Studie befragte Norstat im Auftrag von der Agenturgruppe Pilot knapp 1000 Deutsche. Die Stichprobe ist repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.

(js, Jahrgang 2001) ist seit Juli 2023 freier Autor der absatzwirtschaft. Er ist fasziniert von neuen Technologien und der Frage, warum Konsumenten das tun, was sie tun. Außerdem ist er ein wahrer Espresso-Enthusiast.