Des einen Freud, des andern Leid

"Die Mehrheit aller Preispromotions führen langfristig zur Markenerosion", resümiert Thomas Bachl, Geschäftsführer der GfK Panel Services Consumer Research, auf der diesjährigen GfK-Jahrestagung in der Nürnberger Meistersingerhalle. Zu diesem Ergebnis kommt eine GfK-Studie zu 157 Marken von Gütern des täglichen Konsums.

Preispromotions am Point of Sale bringen – so Bachl – in vielen Fällen nicht den Erfolg, den Handel und Markenindustrie sich erwarten. Denn häufig führen sie zu unerwarteten Streuverlusten, da Erfolgsquoten oft sowohl kurz- wie auch langfristig niedriger als erhofft sind. Die Ergebnisse, die sich auf Verbraucherdaten zu 157 Marken von Gütern des täglichen Bedarfs aus den Jahren 2000 und 2001 stützen, widersprechen teilweise der Information über Handelsumsätze, die über Handelspanels gewonnen werden. Während diese im Bezug auf Preispromotions ausnahmslos Zuwächse aufwiesen, zeigte die Analyse von Verbraucherdaten ein differenzierteres Bild.

Wichtig ist, was am Ende dabei rauskommt
Nach Meinung Bachls ist für den strategischen Erfolg von Promotions entscheidend, dass die Käufer, die solche Angebote nutzen, an die Marke herangeführt werden und eine Bindung zu ihr entwickeln. Dementsprechend sei es wichtig, sich im Fall von Preispromotions intensiv mit dem Kaufverhalten der Kunden vor und nach der Aktion zu befassen.

Kurzfristig ist eine Promotionsaktion nur dann erfolgreich, wenn mögliche Streuverluste insbesondere bei den treuen Kunden einer Marke kompensiert werden können. Denn diese Markenkäufer sind zuallererst Nutznießer der Promotion, und zwar zu Lasten der Hersteller, denn sie kaufen das Produkt zu einem niedrigeren Preis, als sie zu zahlen bereit wären. Den dadurch geschmälerten Verkaufserlösen stehen Einnahmen gegenüber, die von Schnäppchenjägern und den Käufern kommen, die ausschließlich aufgrund der Aktion an die Marke gebunden werden oder kurzfristig promotionsbedingt die Marke wechseln.

Die Analyse der 157 Marken zeigte, dass etwa ein Viertel aller Verkaufsförderungsmaßnahmen erfolglos oder kurzfristig ohne jeden Effekt enden. 73 Prozent von ihnen sind kurzfristig erfolgreich. Umgekehrt heißt das: 27 Prozent der Anbieter, die Promotion betreiben, verkaufen sich bei ihren treuen Kunden unter Wert und schaffen es nicht, zum Ausgleich die Aufmerksamkeit von Schnäppchenjägern und Einmalkäufern zu gewinnen.

Das Marken-Promotion-Paradox
Langfristig ist eine Promotion erfolgreich, wenn neue Käufer für die Marke gewonnen werden. Dabei müssen Hersteller ihre langjährig treuen Käufer im Auge behalten, die möglicherweise durch Promotion in der Wertschätzung ihrer Marke verunsichert werden und dann vielleicht zu einer anderen Marke überwechseln.
Die Studie zeigte folgendes Paradox: Gerade im Fall von Herstellermarken bewirkten zwei Drittel aller Promotions eine Schwächung des Markenwerts. Dagegen profitierten schwache Marken.

Immerhin führte jede zweite Promotionsaktion bei solchen Marken zu einer Verbesserung ihrer Marktposition. Ihnen eröffneten sich dadurch Möglichkeiten, neue Käufer zu gewinnen und – noch wichtiger – an sich zu binden. Kurz: Sinkende Preise bewirken bei schwachen Marken positive Impulse, während sie starke Marken potenziell eher schädigen. Preispromotions können daher zur Erosion von – insbesondere sehr starken – Marken führen. Sie lassen sich unter bestimmten Bedingungen jedoch auch als Mittel der Markenpflege nutzen.
Nach Ansicht Bachls eignen sich Preispromotions besonders in Phasen der Neueinführung und der sich anschließenden Entwicklung von Marken, um den Markenwert zu stützen. Jedoch sollten Werbeaktionen sukzessive zurückgefahren werden, sobald die Marke eine starke Käuferbindung erreicht hat.

Markenhersteller haben mehr zu verlieren
Die aktuelle GfK-Studie belegt auch, dass für den Einzelhandel Preispromotions sowohl kurzfristig, das heißt in Bezug auf sofortige Umsatzsteigerungen, als auch langfristig, das heißt beim Aufbau des Markenwerts der Einkaufsstätten, deutlich erfolgreicher waren. Hier zeigt sich ein deutlicher Interessenskonflikt zwischen Handel und Industrie. Eine Win-Win-Position für beide Beteiligten ist wenig wahrscheinlich.

Grundsätzlich muß der Handel jedoch auch an starken Herstellermarken interessiert sein, denn diese erzielen im Durchschnitt höhere Preise und können – wie oben ausgeführt – bei insgesamt eher moderaten Preisabschlägen in Promotions erfolgreich vermarktet werden. Wirtschaftlich ist eine in diesem Sinn moderate Preispromotion starker Marken sowohl für den Handel als auch für die Industrie profitabel.

Und was bringt die Euro-Umstellung?

Die vorgelegten Untersuchungsbefunde gelten grundsätzlich auch für die Zeit nach der Einführung des Euro im Januar dieses Jahres. Da dem Verbraucher derzeit die Preisorientierung noch fehlt und wegen der reduzierten Währungsskala die Möglichkeiten, Preisschwellen zu bilden, geringer sind, verringern sich zumindest aktuell die Erfolgsaussichten für Promotionsaktionen.
Im Mai 2002 war jedoch erstmals zu erkennen, dass sich Euro-Promotionpreise zu festigen beginnen. Hierbei führen – in Anlehnung an DM-Schwellenwerte – Neun-Cent-Preise deutlich das Preisspektrum an. Die Möglichkeit der Preisdifferenzierung bei Promotions ist deshalb in der Euro-Welt geringer, als dies in der DM-Welt der Fall war. Im Zweifel werden höhere Preisabschläge gewährt. Es lohnt deshalb umso mehr, die Investitionen für Promotions kritisch im Hinblick auf den erwarteten Erfolg zu prüfen.


Bericht zur letzten GfK-Jahrestagung am 21. Juni 2002
eingestellt am 5. Juli 2002