Es ist ein rasanter sportlicher Höhenflug, zu dem die Adler in den vergangenen drei Jahren abgehoben sind: In der Saison 2021/22 noch drittklassig, gelangen den Handballern des VfL Potsdam seitdem zwei Aufstiege. In der laufenden Saison 2024/25 spielen sie zum ersten Mal auf der höchsten nationalen Ebene und messen sich dort mit Größen wie dem THW Kiel, Flensburg Handewitt oder dem SC Magdeburg.
Welch rauer Wind in der stärksten Handballliga der Welt weht, bekamen die Brandenburger dann auch gleich schmerzlich zu spüren: nach 9 Spielen steht noch kein Punktgewinn zu Buche. Dennoch sind der Optimismus und das Zuschauerinteresse ungebrochen. So war die heimische MBS Arena zuletzt beim Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen mit 2250 Zuschauer*innen ausverkauft – und sie wird es auch beim anstehenden Lokalderby am kommenden Sonntag gegen die Füchse Berlin wieder sein.
Dass die wirtschaftliche Entwicklung mit dem jüngsten sportlichen Aufstieg Schritt hält, ist seit diesem Sommer auch die Aufgabe von Nils Freud. Der 28-jährige Sportökonom verantwortet Marketing, Events und Spieltagsorganisation beim Handballverein, den er mit diesen Worten beschreibt: „Der Club will für jungen, ambitionierten und professionellen Handballsport stehen.“ Auch wenn die ersten Bundesligapartien noch keine zählbaren Erfolge einbrachten, werde sich der Verein von seinem eingeschlagenen Weg nicht abbringen lassen.
Jüngster Kader aller Bundesligisten
Der Aufsteiger, der mit dem geringsten Budget aller 18 Bundesligisten angetreten ist, setzt ganz und gar auf den Nachwuchs. Dafür stehen Kooperation mit einem hiesigen Sportinternat und vor allem mit dem renommierten Nachbarverein Füchse Berlin. Mit einem Durchschnittsalter von 23 Jahren stellen die Potsdamer den jüngsten Kader der Liga, kein Spieler ist vor dem Jahr 1997 geboren.
Auch das Team in der Geschäftsstelle ist jung und lernwillig, wie Freud sagt: „Wir gestehen uns Fehler zu. Wir sind in vielen Bereichen noch recht frisch und es ist noch nicht alles perfekt, aber wir sind sehr offen, um uns Expertise und Rat bei unseren Partnern zu holen.“ Waren in der Vergangenheit nahezu ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeiter*innen mit der Organisation betraut, so arbeiten mittlerweile immerhin drei Festangestellte hauptamtlich in der Geschäftsstelle, dazu kommen Studenten und FSJ-ler. Ohne die vielen Ehrenamtler würde es nicht funktionieren, so der Marketingverantwortliche.
Sponsoren- und Zuschauerzahl kontinuierlich gesteigert
Der Aufbau professioneller Strukturen in Bereichen wie Ticketing, Sponsoring, PR und Werbung ist die Mission von Nils Freud. Die Zahlen, die der junge Sportmanager präsentieren kann, sprechen für sich: So ist die Zahl der Sponsoren, überwiegend mittelständische Unternehmen und Institutionen aus der Region, von 69 in der vorletzten Saison über 109 im vergangenen Jahr auf aktuell 147 gestiegen.
Diese Sponsoren sind in vielen Fällen selbst Fans des Vereins. Ihre Identifikation drückt sich auch dadurch aus, dass es Freud gelungen ist, auf drei Sponsorenevents in der laufenden Saison bereits mehr als 400 Teilnehmer*innen zu empfangen. Auch die Zuschauerzahlen sind kontinuierlich gestiegen: Kamen in der vorvorigen Saison noch knapp 800 Zuschauer*innen zu den Spielen, waren es in der Aufstiegssaison rund 1450. In den ersten fünf Partien der laufenden Saison lag der Zuschauerschnitt bei 1950, knapp die Hälfe davon sind Dauerkartenbesitzer*innen.
Familien und junge Menschen im Fokus
Für seine Spiele wirbt der Verein längst nicht mehr nur per Mundpropaganda oder auf Plakaten und Displays in Bäckereien und Bankfilialen oder in der lokalen Zeitung, sondern dank professioneller Unterstützung einer Agentur auch in den sozialen Medien und im überregionalen Hörfunk. Hier ist es Freud ein besonderes Anliegen, mehr jüngere Menschen und Familien als Fans zu gewinnen, da der durchschnittliche Handballfan in Potsdam in der Vergangenheit vermehrt aus einer älteren Generation kam.
Der Club ist sich seiner Position als Aushängeschild für das Bundesland Brandenburg bewusst und will ihr auch gerecht werden: „Als hochklassiger Verein wollen wir auch kleineren Vereinen aus der Region eine Plattform bieten und unsere neu gewonnene Expertise teilen“, sagt der Sportökonom. So stammen die „Einlaufkinder“ bei Heimspielen beispielsweise aus kleineren Vereinen aus der Gegend.
Sollte es am Ende doch nicht für das große Ziel, den Klassenerhalt, reichen, würde keine Welt zusammenbrechen, sagt Freud. Typische Fehler von überambitionierten Aufsteigern, zum Beispiel einen zu starken Ausbau der Zuschauerkapazitäten oder den Abschluss von hoch dotierten Spielerverträgen, habe man in Potsdam vermieden. Der VfL würde seine Rolle aus Ausbildungsverein auch in der zweithöchsten Spielklasse weiterverfolgen. Doch bis dahin stehen erstmal noch viele Spiele für die brandenburgischen Adler in der Eliteliga an.