Der Philips-Bereich „Domestic Appliances and Personal Products“ (DAP) erzielt solide Gewinne. Das Ergebnis war im vergangenen Jahr das beste im Konzern. In den ersten neun Monaten des Jahres 2001 konnte die wesentlich größere Sparte „Consumer Electronics“ (CE) lediglich einen Gewinn von einem Prozent (vom Umsatz) verbuchen, der Bereich „Licht“ erreichte 12,7 Prozent, DAP schaffte 15,2 Prozent.
Die DAP-Sparte hat weniger mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass Philips keine Ahnung von Marketing habe. „Dass wir höhere Gewinne als Licht haben, finden die Herren dort höchst faszinierend“, sagt Ad Veenhof über seine Marketing-Erfolge. „Ich sage immer: wenn es gelingt, mit Rasierapparaten, Zahnbürsten, Staubsaugern und Kaffeemaschinen ein Wachstum von jährlich 6 bis 10 Prozent zu erzielen, dann kann mir niemand erzählen, dass das mit anderen Produkten nicht möglich ist.“
Das ist eine klare Aussage. Ad Veenhof (57) seit Januar 1996 Präsident und CEO dieses Unternehmensbereichs, lächelt zufrieden. Er ist der Motor hinter dem Umschwung von DAP. In dem neuen Büro in Amersfoort erzählt er – entspannt und bemerkenswert „casual“ gekleidet („wir sind hier sehr informell“) – von der Premiere des neuen James Bond-Films in der Londoner Royal Albert Hall.
Herr Veenhof, wie kam Philips in den James Bond-Film?
VEENHOF: Unser neuster Rasierapparat, der Sensotec, kam dort sehr prominent zum Einsatz. Wir sind für sechs Sekunden eingeblendet, und das ist sehr lange. Wir sind auch sehr sichtbar. Nein, das haben wir nicht mit einem dicken Vertrag und auch nicht dadurch erzwungen, dass wir große Summen bezahlt hätten. Eigentlich haben wir nichts bezahlt. Wir koppeln lediglich unseren Rasierapparat an den Film und haben eine Zusage abgegeben, dass wir einen erheblichen Teil unserer Sensotec-Werbung mit dem Film verbinden. Davon haben beide Vorteile. Vor langer Zeit waren wir schon einmal mit einem Philishave zu sehen, aber der wurde als „gadget“ verwendet, war also nur „zufällig“ zu sehen, als Bond in seinem Hotelzimmer nach Abhörgeräten suchte. Das wollten wir nicht mehr, es sollte ein Apparat sein, der als Rasierer gebraucht wird. Als unser Marketing-Kommunikations-Direktor Lex de Rooi mit der Filmproduktion in Verbindung trat, erwies sich, dass in dem Script eine Szene vorkam, in der sich Bond rasiert. Vor zwei Jahren haben dann intensive Gespräche mit den Filmproduzenten stattgefunden. Wir hatten bereits damals die Einführung des Sensotec für Herbst 2002 geplant. Was wir diesem Apparat hinzugefügt haben, ist persönlicher Komfort, denn er berücksichtigt den Hauttyp. Es sollte auch ein High-Tech-Produkt mit einem schwarzen Metallic-Design werden. Wie lautet dann die logische Assoziation? Das war Bond. Denn er steht für High-Tech und ist ein echter, moderner Mann. Im Anschluss daran wurden eine Reihe Gespräche geführt. Ein Mitarbeiter von uns war auch jeden zweiten Tag in London, um unsere Sichtbarkeit zu überwachen. Denn man muss schon dafür Sorge tragen, dass man bei der Endmontage nicht herausgeschnitten wird.
DAP hatte seine Wurzeln in Groningen. Jetzt sitzen Sie seit einem halben Jahr in Amersfoort. Weshalb?
VEENHOF: Wenn man unseren „drive“ und die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen, zum Beispiel Nivea, berücksichtigt, dann sind wir den „fast moving consumer goods“ (fmcg) immer ähnlicher geworden. In unserem Denken und der Zusammensetzung des Konzerns passen wir uns dem an. Wir verhalten uns so und möchten auch Leute aus diesem Sektor heranziehen. Da war Groningen doch zu weit entfernt. Zwei meiner vier Business Unit Manager kommen aus dem fmcg-Bereich: einer von P&G und der andere hat bei Coca-Cola und Danone gearbeitet. Drei der vier Regional Manager sind in fmcg groß geworden. Wir suchen Leute, die um die Produkte herum „experience“ aufbauen können. Bei unserem Business handelt es sich um sensorische Erfahrungen, Design und Branding. Das ist auch mit ein Grund dafür, dass unser Personalbestand zur Hälfte aus Frauen besteht. Das ist bei den anderen Philips-Sparten jedoch anders.
Die Philips-Spitze zog mit viel Getöse von Eindhoven nach Amsterdam. War die Hauptstadt für Sie keine Option?
VEENHOF: Nein. Wir haben das schon richtig gemacht. Ich befasste mich nicht mit Umstrukturierung. Meine Mitarbeiter waren prima. Wir mussten nur umziehen, weil der Fischteich zu klein wurde. Wenn wir in Groningen geblieben wären, hätten wir in fünf Jahren ein Problem gehabt. Die ersten drei Jahre nach meinem Start im Jahr 1996 waren ja recht ruhig. Wir konnten ein gewisses Wachstum – wenn auch kein starkes – verzeichnen. Das hat sich geändert. Wir sind dabei, unsere Marktposition dramatisch zu verbessern. Senseo sorgt dafür, dass unser Marktanteil bei Kaffemaschinen hierzulande um 20 Prozentpunkte stieg. In Belgien ist Senseo ebenfalls ein grandioser Erfolg. In Frankreich läuft es auch gut und die ersten Berichte aus Deutschland sind vielversprechend. Im Jahr 2002 haben wir ingesamt zwei Millionen Maschinen verkauft. In den Niederlanden war der Wertmarktanteil des Senseo Mitte 2002 schon größer als der aller anderen Kaffeemaschinen-Anbieter zusammen. Das ist enorm. Sonicare hat in den USA zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen Wertmarktanteil von 50 Prozent bei den elektrischen Zahnbürsten. Früher kämpften wir oft um 0,5 Prozent Marktanteil, jetzt wachsen wir auf einer Reihe wichtiger Gebiete auf einen Marktanteil von 20 bis 25 Prozent an. Für die Analysten waren wir immer solide, aber jetzt fangen sie an sich zu fragen, was da los ist. Wenn du derartig auf einem stagnierenden Markt wachsen kannst – in den letzten Quartalen von 2002 erreichten wir mehr als 12 Prozent – dann muss dahinter eine Geschichte stecken.
Und was für eine Geschichte ist das?
VEENHOF: 1996 lautete meine Philosophie: „Change the rules of the game.“ Einfache Verbesserungen sind prima, aber das kann jeder. Du musst die Spielregeln ändern, und zwar genau so wie das Dell, Microsoft, Swatch und McDonalds auf ihren Märkten getan haben. Gehen Sie mal am Wochenende zum Bäcker und siehen Sie sich an, wie viele Brotsorten dort liegen. Man hat eine unheimliche Auswahl zu Traumpreisen. Echte Lebensqualität, das ist die Herausforderung. Du darfst nicht halbherzig sein, darfst nicht denken, dass Du nicht wachsen kannst. Dann fängst du an, die Kosten zu reduzieren, um ein wenig mehr Gewinn zu erzielen. Doch es gibt immer auch andere, die das noch besser können. Du musst wissen, was der Verbraucher wirklich haben will. Du musst viel Zeit, Geld und Ressourcen investieren, um herauszufinden, wie Verbraucher denken. Wenn wir einen Sensotec herstellen, wissen wir, wer die Zielgruppe ist, was in deren Leben noch wichtig ist und warum das so ist.
Was war die wichtigste Lektion aus der Zusammenarbeit mit dem Kaffeeanbieter Douwe Egberts (DE)?
VEENHOF: Das Geschäftsmodell sieht folgendermaßen aus: Wir verdienen vor allem am Verkauf des Kaffees. So können wir den Preis für die Maschinen niedrig halten. Das wichtigste bei einer so engen Kooperation ist, dass man sich von der Unternehmenskultur her versteht. Schließlich sind wir beide darauf angewiesen, dass der Partner alles richtig macht. Obwohl wir uns gut verstanden, kam es natürlich auch zu Probleme. Eine unserer Schwierigkeiten war, dass der Erfolg schneller kam, als erwartet. Das führte dazu, dass zu Beginn wir nicht liefern konnten und später DE dazu nicht in der Lage war. Es ist aber kein Krieg zwischen uns ausgebrochen. Wir haben einfach ganz pragmatisch reagiert und DE bei der Produktion geholfen. Philips-Mitarbeiter aus Drachten wurden in Kleinbussen nach Utrecht zu DE gefahren, um dort beim Aufbau der fünf Schichtendienste behilflich zu sein.
Sind die Investitionen schon wieder hereingekommen?
VEENHOF: Wir machen Gewinn. Bei DE sah das zunächst anders, jetzt läuft es auch dort gut.
Was ist die Folge dieser Kooperation für DAP?
VEENHOF: Wir möchten den Verbrauchern noch mehr Innovation bieten, so wie wir das derzeit mit Nivea und DE machen. Da kommt noch mehr auf uns zu. In zwölf Monaten kommt wieder so ein Konzept, das wir derzeit mit einem Partner initiieren. Wissen Sie, wenn man sich ein Wochenende lang in die Heide setzt, und sich fragt, was wir dem Verbraucher bieten wollen, dann hast du eine Liste mit Innovationen, aus der du zusammen mit Partnern etwas machen kannst. Man muss allerdings erst eine Technologie entwickeln, die einen differenziert und die man mit Patenten schützen kann. Senseo ist jetzt seit zwei Jahren auf dem Markt und es gibt noch keine Nahahmer.
In Europa kommt Philips auf dem Zahnbürstenmarkt nicht gegen Braun an. Was wollen Sie hier tun?
Du musst ab und zu auch mal etwas von einem anderen lernen. Mit unseren traditionellen Zahnbürsten waren wir nicht so gut. Wir haben gekämpft, aber es war nicht so einfach, alle Hürden zu überwinden. Wir mussten ein anderes Konzept entwickeln. Aus diesem Grund haben wir Optiva gekauft. Dieses Unternehmen verfügte über die Sonic-Technologie, die wirklich einzigartig ist. Sonicare kann mit Braun nicht verglichen werden, die Produkte sind viel teurer, kosten rund 100 Dollar pro Set. Braun verlangt 50 Dollar. Es dauert natürlich eine weile, bis man von den Zahnmedizinern empfohlen wird. Erst dann kann man am Markt richtig punkten. Das kostet aber wie gesagt Zeit, und die nehmen wir uns auch. Wir befassen uns jetzt mit England und dann kommen die Niederlande an die Reihe. In England haben wir schon 20 Prozent Marktanteil und gegenüber 2001 ist dieser enorm gewachsen. In den Niederlanden und Deutschland bauen wir nun ein Image auf gehen wir ganz allmählich in den Fachhandel. Wir haben gelernt, dass wir hier nicht klassisch vorgehen sollten. Der normale Weg wäre gewesen, dass wir Sonicare für 49 Euro anbieten müssen. Aber diesen Kampf wollen wir überhaupt nicht mehr. Genau das ist aber Marketing. Und es funktioniert.
DAP ist auf dem Philishave aufgebaut. Vergreist die Verbrauchergruppe nicht stark?
Über Coolskin, das wir mit dem Partner Nivea gebracht haben, sprechen wir eine jüngere Gruppe an. Das hat eine Weile gedauert, findet nun aber Anklang. Wir haben gesehen, dass die Kluft zwischen Nass- und Trocken-Rasur zu unserem Nachteil immer größer wurde. Doch in den letzten Jahren hat es sich stabilisiert. Wir haben noch nicht viel zurückerobern können, das ist allerdings auch wahr. Aber wir verkaufen in diesem Jahr 2,5 Millionen Rasierer in China. Nach Stückzahlen ist dieser Markt fast genau so groß wie die USA. Der Preis für unsere Apparate ist ebenfalls erheblich gestiegen.
Gibt es auch Produkte, die eindeutig nicht erfolgreich waren?
Was nicht gelungen ist, sind unsere Body- und Beauty-Produkte. Das ist ein enormer Markt, der sich zu 95 Prozent in den Händen von Kosmetikmarken befindet. Wir haben es mit Cellulitis- und Gesichtsreinigungsprodukten versucht. Das machen wir nicht schlecht, aber wir konnten keinen Durchbruch verzeichnen. Darüber haben wir hier viel diskutiert. Wir mussten gegen gewaltige Dickschiffe im Markt ankämpfen. Wir möchten eine Alternative für deren teure Cremes bieten. Das kostet unheimlich viel Geld und Zeit. Die Frauen, die uns kaufen, sind im allgemeinen durchaus zufrieden, also das ist nicht das Problem. Die Distribution ist allerdings wohl ein Punkt: Du musst dich anders betten. Die Konkurrenz wendet sehr viel Geld für Reklame auf. Ich glaube, dass man das zusammen mit einem Partner machen muss. Wir machen aber weiter.
Das Interview führte Theo van Vugt