Verlage versuchen seit einigen Jahren, aus der Kostenlosspirale herauszukommen und ihre Inhalte im Internet zu verkaufen. Wie gut ist das bislang gelungen?
Florian Bauer: Die Debatte um Fake News schärft das Bewusstsein für Qualität und durch die vielen politischen Ereignisse war 2017 ein gutes Jahr für die Entwicklung von Paid Content. Worauf es ankommt: Verlage müssen das Bezahlen einfach machen, für ihre Nutzern immer wieder positive Erlebnisse schaffen und sich in deren Situation versetzen. Es gibt nicht das eine, alles überragende Paid-Modell, oft sind Mischformen erfolgreich. Da muss jeder Verlag ausprobieren, was für ihn am besten passt und funktioniert.
Wie steht es um den Zahlungswillen von Online-Nutzern?
Es geht um Preisbereitschaft – sie ist wie ein Muskel, der trainiert werden muss. Pricing hat ganz viel mit Gewöhnung und Erziehung des Kunden zu tun. Medien haben das jahrelang vernachlässigt.
Worauf ist bei der Preisgestaltung zu achten?
Der Abstand zwischen Print- und Digitalpreis sollte so gering wie möglich sein. Das ist preispsychologisch enorm wichtig. Der Käufer wird daran gewöhnt, für den gleichen Inhalt den gleichen Preis zu bezahlen – und sich nicht an der Darreichungsform zu orientieren. Aber der Weg dahin muss behutsam und mit Blick auf vorhandene Preisschwellen begangen werden.
Sind die Perspektiven für Paid Content wirklich so schlecht, wie es oft heißt?
Einige Verlage und Medienmarken sind inzwischen gut vorangekommen. Überregionale Zeitungen, wie zum Beispiel „SZ“, „FAZ“ oder „Handelsblatt“ verkaufen ihr E-Paper singulär für bis zu 30 Euro und sogar mehr im Monat – ein Preisniveau, das vor fünf Jahren kaum vorstellbar oder gar durchsetzbar gewesen wäre.
Medienmarken wie „Handelsblatt“, „Wirtschaftswoche“ und „Impulse“ erweitern ihr Angebot um Kongresse, Events, Leser- und Expertentreffen. Sie machen Abonnenten zu Clubmitgliedern. Eine gute Idee?
Das kann funktionieren, wenn Leser einen wirklichen Mehrwert für sich erkennen. Wirtschaft- und Fachmedien sind in einer guten Position. Entscheidend wird sein, dass sich Verlage intensiv mit der Frage beschäftigen, was ihre Leser wollen, wofür sie sich interessieren. Sie müssen den Dialog suchen.
Sollten Medien auf Online-Plattformen wie Blendle, Readly & Co präsent sein?
Problematisch ist, wenn sie dann ihre Preishoheit verlieren und keinen direkten Kundenkontakt haben – das sind Kernfunktionen, die ein Verlag nicht aus den Händen geben sollte. Hinzu kommt: Der Zusatzverkauf einzelner Inhalte ist keine sinnvolle Strategie. Medien sind Marken! Das müssen sie betonen. Es geht dann mehr um Paid Brand statt um Paid Content.
Ein Spotify für Medien ist nicht erstrebenswert?
Man sieht, was passiert ist: Die Marktmacht hat sich hin zur Plattform verschoben. Musiker und Produzenten sind vermutlich nicht glücklich darüber.