Nicht nur Männer müssen häufig mehr als Frauen für die gleichen Produkte und Dienstleistungen zahlen, auch Frauen sind stark vom Gender Pricing betroffen. Das fand das Verbraucherportal Gutscheinsammler.de heraus. Bei insgesamt elf ausgewählten Produkten zahlen Frauen bis zu 44 Prozent mehr als Männer. Bei den Männern gab es Preisaufschläge bis zu 37 Prozent. Auch hier herrscht also keine ausgleichende Gerechtigkeit.
Das teure Spiel mit der Farbe Pink
Gender-Diskussionen hin oder her – viele Marken bieten geschlechtsspezifische Produkte an, die sich lediglich in der Farbgebung unterscheiden. Das verkauft sich besser, aber um welchen Preis? So ist eine Packung Einwegrasierer vom gleichen Hersteller in der für Frauen bestimmten Modellausführung in Pink 44 Prozent teurer als die blaue Variante: sie liegt bei 4,95 Euro versus 2,79 Euro. Noch deutlicher wird es bei elektronischen Artikeln wie bei der Digitalkamera IXUS 155 von Canon. In Schwarz kostet die Kamera 134,99 Euro, in Pink fast 80 Euro mehr. Selbst in Rot, Blau und Silber ist die Kamera günstiger.
Der hohe Preis für die Schönheit
Makellose Schönheit, ein sinnlicher Duft, reine und sanfte Haut – Frauen haben einen großen Anspruch an sich selbst und wollen oft auch gerne anderen gefallen. Dieses Bedürfnis scheint die Kosmetikindustrie auszunutzen. Für 100 Milliliter des Parfüm-Klassikers Eternity von Calvin Klein müssen Frauen 14 Prozent mehr bezahlen. Und auch weitere Marken verfolgen dieses Preisprinzip, unter anderem Hugo Boss. Für Bodylotion wird fast 44 Prozent mehr verlangt und für Anti-Aging-Creme 13,5 Prozent mehr.
Teuer von Kopf bis Fuß
Fangen wir unten an: Für identische Socken zahlen Frauen einen Aufpreis von zwei Euro für ein 4er-Pack, also 0,50 Euro mehr pro Paar. Die Jeanshose schlägt mit elf Prozent und ein Trainings-Shirt mit 15 Prozent Mehrkosten zu Buche. Will Mann oder Frau eine Bluse bzw. ein Hemd reinigen lassen, kostet das Frauen doppelt so viel – obwohl Frauenbekleidung oftmals kleiner ist und so weniger Stoff zu reinigen ist. Ein Schmuckring am Finger ist ebenfalls teurer und zwar fast 16 Prozent. Und zu guter Letzt das allbekannte Problem beim Friseur, denn auch hier gibt es erhebliche Unterschiede: zum Beispiel, wenn man(n) genauso lange frisiert wird wie Frau und dennoch 25 Euro weniger bezahlt fürs Waschen und Schneiden.
Blue Taxes vs. Pink Taxes
Ein Schema nach Produkten oder Dienstleistungen ist nicht erkennbar, so sind Beautybehandlungen je nach Art mal für Männer und mal für Frauen teurer. So verhält es sich auch mit den anderen untersuchten Produkten. Der Ansatz, mehr für mehr Material oder Aufwand zu bezahlen, kann demnach nicht bestätigt werden. Allgemein sind die Unterschiede bei den Pink Taxes wesentlich höher. 28 Prozent kosten Produkte für Frauen durchschnittlich mehr als dieselben Ausführungen für Männer, dagegen weisen die Blue Taxes einen Durchschnitt von 17 Prozent auf. Anne Marschner, Preisexpertin bei Gutscheinsammler.de, hat die verschiedenen Taxes untersucht: „Bei den genannten Beispielen für Pink und Blue Taxes zeigt sich, dass beide Geschlechter vom Gender Pricing betroffen sind. Frauen allerdings stärker, denn sie zahlen grundsätzlich mehr für spezielle Hygieneprodukte wie Tampons, Slipeinlagen, Make-up und Make-Up-Entferner. Auch wenn zum Beispiel Make-Up nicht zwingend notwendig ist, ist ein gepflegtes und geschminktes Gesicht ein gesellschaftlicher Standard und Anspruch geworden. Wenn man die Debatte weiter anheizen möchte, kann man natürlich noch das geringere Gehalt der Frauen miteinbeziehen. In unserer heutigen sehr fortschrittlichen Gesellschaft sollte endlich der Schritt zu mehr Gleichberechtigung gewagt werden, in der Entgelte und Preise nicht nach Geschlecht berechnet werden, sondern nach angemessenen Parametern. Aber dazu müsste sich sehr viel in der Industrie (vor allem für Konsumgüter), Dienstleistungsbranche, Marketing und der Wirtschaft allgemein ändern. Einfach nur auf andere Produkte umzusteigen und einen blauen statt pinken Rasierer zu kaufen, kann nämlich keine Lösung sein.“
Grafik: Die Preise wurden im Zeitraum 31. Oktober bis 3. November 2016 in den jeweiligen Online-Shops der genannten Unternehmen ermittelt.