Der Mulitmedia-Wahlkampf: Wie US-Präsidentschaftskandidaten heute kämpfen

Barack Obamas mulitmediale Wahlkampfstrategie war eine der erfolgreichsten in der Geschichte der US-Wahlen. Auch im aktuellen Duell um das Präsidentenamt spielt die Internetpräsenz der Kandidaten eine wichtige Rolle
Wenn Obama geht, geht auch ein charismatischer Witzbold

Barack Obamas begeisternde Art und sein einnehmendes Wesen haben die Wahl 2008 gewonnen – naja, und sein perfekt durchdachter Marketing-Plan und der beste Internetauftritt aller Zeiten.

Werner Dieball ist Politikwissenschaftler und Coach und sagte mal im Focus-Interview über Barack Obama: „Wenn Stimme, Körper und Sprache in Einklang stehen, kann es gelingen, die Zuhörer zu emotionalisieren, so wie Obama das schafft.“ Der Politiker habe das perfekte Maß gefunden, um seine Zuhörer für sich einzunehmen. Er hält offenen Blickkontakt, er verschanzt sich nicht hinter einem Rednerpult und gewinnt dadurch große Raumpräsenz. Arrogant und überheblich wirkt er so gut wie nie, was ihn von seinem Vorgänger George W. Bush, der oft breitbeinig daherkam, sehr unterscheidet. Doch eine Person alleine macht noch keine Wahlkampf. Dazu gehört ein ganzes Team, das die Marke „Obama“ oder „Clinton“ oder „Trump“ perfekt in Szene setzt.

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Obamas Strategie

Damals, 2008 trat ein junger, unbekannter, afroamerikanischer Mann gegen die bekannte Hilary Clinton an und gewann. Aber wie? Gut ein Jahr vor den Wahlen in den USA kannte überhaupt nur ein Bruchteil der amerikanischen Bevölkerung Obama. In den Vorwahlen, die entscheidend für Obama waren, gab es keinen Cent staatliche Förderung. Also schaffte es Obama, Privatpersonen zu  den oftmals kleinsten Spenden zu bewegen. Obamas Wahlkampfstrategen hatten damals auch sehr früh die Wichtigkeit der elektronischen Medien erkannt. So konnten Wahlkampfhelfer nicht nur von Tür zu Tür wandern, um Spenden und Wähler einzufangen, sondern fanden auch im Internet begeisterte Anhänger. Die Strategie des Multi-Level-Marketing ging auf. Obamas Internetteam umfasste damals etwa 90 Mitarbeiter. Darunter waren nicht nur die Schlüsselfiguren aus dem aufsehenerregenden Wahlkampf von Howard Dean 2004, Jim Brayton und Joe Rospars, sondern auch Facebook-Mitbegründer Chris Hughes.

Die Hauptaufgabe: Nichtwähler aktivieren, Unentschlossene überzeugen. Denn international vergleichende empirische Studien zeigen, dass Bürger durchaus bereit sind, sich für gemeinschaftliche Belange zu engagieren und vor allem lokal zu organisieren, wenn sie sich direkt angesprochen fühlen. Obamas „Yes, we Can“-Kampagne war die erste amerikanische Kampagnen, die neue Formen der Ansprache entwickelte, um den Bürger am politischen Prozess zu beteiligen. Am Ende haben niemals vorher mehr US-Bürger gewählt: rund 132 Millionen. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 62 Prozent.

Hilary Clintons Kampagne

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Wie kann nun Hilary Clinton gegen den Medienmogul Doland Trump gewinnen? Die Lage des Internets hat sich seit 2008 verändert. Reden werden extra Twitter-optimiert verfasst, Fotos vom Wahlkampf auf Facebook hochgeladen, Online-Wahlwerbefilme produziert, Youtube-Spots kreiiert. Weil Bewegtbild-Content, vor allem in Form von Social Videos, zunehmend wichtiger wird, setzen alle Kandidaten im Wahlkampf 2016 darauf.  Auch Clinton. Und auch Trump. Er liefert die größte Show, klopft Sprüche, ist unberechenbar, hat aber den höchsten Unterhaltungswert.

Wenn Trump und Clinton gegeneinander antreten, ist das für Clinton nicht die schlechteste Ausgangsposition. Denn die verleiht ihrer schleppenden Kampagne endlich einen tieferen Sinn: Hillary Clinton muss uns alle vor Trump retten. Die Marke Clinton ist schon seit einer Ewigkeit Teil des Washingtoner Systems und langweilt die meisten Amerikaner. Doch die Furcht vor Trump ist bei vielen Amerikanern größer, sodass sie Langeweile gar nicht mehr so dramatisch finden.

Campaigning Summit Europe

Am 10.3. findet in Wien der Campaigning Summit Europe statt, wo es einen Tag lang um Kampagnen jeglicher Art, aber auch um politische Kampagnen gehen wird. Auf dem Kongress wird auch Paula Kowalczuk sprechen, die rund 25 Jahre politische Erfahrung in Sachen Marketing und Kampagnen vorzuweisen hat. Sie hat verschiedene Positionen im Fundraising, Direktmarketing und Vertrieb innegehabt und arbeitet als Entwicklungs- und Marketing-Spezialistin für politische Kandidaten.