Von Claus Haffert, dpa
Johannes Teyssen hat Eon komplett umgekrempelt – und den deutschen Strommarkt gleich mit. Um große Worte war der Chef des Energiekonzerns dabei nie verlegen. Als er zusammen mit RWE-Chef Rolf Martin Schmitz vor gut eineinhalb Jahren überraschend verkündete, dass die beiden Erzrivalen ihre Geschäftsfelder neu verteilen und sich nicht mehr in die Quere kommen wollen, maß Teyssen der Vereinbarung historische Dimensionen bei. Man habe einen der „kreativsten Gestaltungsdeals der deutschen Industriegeschichte“ abgeschlossen, lobte er seine Vereinbarung mit RWE.
Am 9. Oktober wird Teyssen 60 Jahre alt. Das Geburtstagsgeschenk gab es schon Mitte September, als die EU-Kommission den vorläufigen Abschluss des Konzernumbaus genehmigte, der Eon zu einem Energielieferanten ohne Kraftwerke macht. Im Mai 2010, als Teyssen Eon–Chef wurde, galt eine solche Zukunft als völlig undenkbar. Denn mit dem alten Geschäftsmodell der Stromkonzerne, das von der Erzeugung in Großkraftwerken über den Transport bis zum Verkauf reichte, war Eon zeitweise sogar der wertvollste Dax-Konzern.
Schuldenberg vom Vorgänger „geerbt“
Der promovierte Jurist hat fast sein gesamtes Berufsleben bei Eon und dessen Vorgänger-Unternehmen verbracht. Stationen machte er unter anderem bei PreussenElektra und beim Regionalversorger Avacon. Schon die Fusion von Veba mit der bayerischen Viag zu Eon gestaltete er mit. Als er bei Eon ganz oben angekommen war, hatte der Niedergang des Energieriesen aber bereits begonnen. Ein riesiger Schuldenberg, den Eon während der Zeit seines Vorgängers Wulf Bernotat durch einen scharfen Expansionskurs angehäuft hatte, lastete schwer auf dem Unternehmen.
Auf die Liberalisierung der Strommärkte und die beginnende Energiewende fand Eon lange Zeit keine Antwort. „Wir waren lange eher die Skeptiker, die die Zukunft der erneuerbaren Energien in Zweifel gezogen haben“, räumte Teyssen unlängst im „Handelsblatt“ ein. Wegen des wachsenden Anteils von Energie aus Wind und Sonne warf das klassische Stromgeschäft immer weniger Geld ab, viele Kraftwerke produzierten nur noch Verluste. Der Atomausstieg nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima im März 2011 verschärfte die Probleme weiter.
Uniper-Abspaltung als erster Paukenschlag
Die Folge war Teyssens erster Paukenschlag. Ende 2014 kündigte er völlig überraschend die Abspaltung der Energieerzeugung mit Gas, Kohle und Wasserkraft sowie des Energiehandels vom Mutterkonzern an. Unter dem Namen Uniper kam das einstige Herzstück von Eon an die Börse. Eon blieben die Netze, das Endkundengeschäft und die erneuerbaren Energien. Teyssens Schachzug machte Schule. Auch Konkurrent RWE spaltete sich auf, Vattenfall verkaufte sein deutsches Braunkohlegeschäft.
Kaum hatte Eon mit dem finnischen Versorger Fortum einen Abnehmer für seine Restbeteiligung an Uniper gefunden, holte Teyssen zum nächsten Überraschungscoup aus. Mit dem Essener Nachbarn RWE heckte er eine Neuaufteilung der Geschäftsfelder der Stromriesen aus. Eon bekam die Netze und das Kundengeschäft der RWE-Tochter Innogy, RWE wirddurch die Erneuerbaren von Eon und Innogy zu einem großen Erzeuger von grünem Strom.
Geringer CO2-Fußabdruck im Hause Teyssen
Der Eon–Chef, wie viele deutsche Spitzenmanager ein Anhänger von Fußball-Rekordmeister Bayern München, hat mittlerweile auch seine persönliche Energiewende vollzogen. In seiner Privatgarage ließ er eine Wallbox zum Laden von Elektroautos installieren, Solaranlage und Wärmepumpe sorgen für saubere Energie und einen geringen CO2-Fußabdruck im Hause Teyssen.
Der Manager, dessen Vertrag noch bis Ende 2021 läuft, sieht Eon mit seinen weit verzweigten Stromnetzen und den 50 Millionen Kunden in 15 Ländern im Zentrum einer „Energierevolution“, die dem Konzern profitables Wachstum verschaffen werde. Ob Eon oder RWE den besseren Deal gemacht hat, bleibt aber vorerst offen. An der Börse hat bislang RWE deutlich mehr Beifall erhalten als Eon.
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