Ein durchschnittlicher deutscher Bürger gibt jeden elften Euro online aus. Glaubt man Werner Reinartz, Handelsforscher der Uni Köln, wird sich das bis 2020 auf jeden vierten Euro steigern. Schon jetzt sieht man vielerorts Geschäfte verschwinden, lokale Einzelhändler müssen schließen, weil sie ihren Laden nicht mehr halten können – dank Online-Konkurrenten wie Ebay, Zalando oder Amazon. Jeder Dritte verkauft mittlerweile im Netz, vom Privatbürger auf Ebay-Kleinanzeigen bis hin zu Kufhauskonzernen wie Karstadt.
Auf dem Deutschen Handelskongress, der im November in Berlin stattfand, ging es daher um die Digitalisierung der Branche. Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbandes Deutschland (HDE), zeigte sich dabei optimistisch: „Der Handel bleibt, aber anders“. Er fügte aber auch mahnend hinzu: „Der Umbruch ist dramatischer als der Wandel von Tante Emma zum Supermarkt und der des Aufkommens der Discounter.“
Einzelhändler müssen auch „im Netz stattfinden“
Gerade kleine Händler haben damit zu kämpfen. Statt sich der Herausforderung zu stellen, investierten viele stationäre Händler noch immer lieber in den Laden an der Ecke, in zentrale Standorte oder den Service vor Ort. 55 von 100 befragten Unternehmen lehnen es laut einer Studie der Unternehmensberatung Pricewaterhouse-Coopers (PwC) ab, einen Onlineshop aufzubauen. Zwar seien Beratung und Einkaufenserlebnis die Überlebensfaktoren des stationären Handels, die Verknüpfung mit Online-Angeboten dürfe dabei aber nicht ignoriert werden, erklärte Sanktjohanser. „Wir dürfen da nicht so viel Nostalgie reinlegen. Wer im Netz nicht stattfindet, den streichen die Kunden irgendwann von der Liste“.
Gerade die Verknüpfung von Offline und Online wird in diesem Bereich zentral. Im Netz schauen, ob das Produkt verfügbar ist, und im Laden abholen – diese Möglichkeit bieten bislang nur wenige Einzelhändler. Gerade bei Mode und Unterhaltungselektronik aber würde sich dieses Modell anbieten, sagte Gerd Bovensiepen von PwC.
(dpa/jaw)