Im digitalen Marketing ist alles messbar und alles kann datenbasiert exakt auf die Zielgruppen zugeschnitten und ausgesteuert werden. Streuverluste gibt es so gut wie keine. Sogar die Wertbeiträge einzelner Kanäle und Kampagnen zu einer gewünschten Conversion lassen sich messbar ermitteln: Attribution wie ein Kinderspiel. Alles in allem eine messerscharfe Sache, das digitale Marketing. Nun – das war einmal.
Das Drittanbieter-Cookie stirbt aus, Umfelder gewinnen an Bedeutung. Und anstatt eine Attribution auf Basis gemessener Daten vorzunehmen, wird mehr modelliert. Auch so kann man sich einer Customer Journey annähern. Der gläserne User ist weg. Also, was interessiert uns das Geschwätz von gestern?
Augenblick verweile doch …
Große Marken – siehe American Express – schwenken von der datenbasierten Attribution auf ein Media-Mix-Modelling (MMM) um. Dessen Vorteil ist es, dass es ohne 3rd-Party-Cookies auskommt und Offline-Kanäle einschließt. Allerdings sind dafür ebenfalls zahlreiche Datenpunkte nötig – Umsatz und eingesetztes Mediabudget müssen über einen langen Zeitraum über alle Kanäle und in möglichst kurzen Abständen dokumentiert werden, um Attributionen zu modellieren. Damit steht nicht mehr der Augenblick im Fokus, sondern die langfristige Perspektive.
Ein Vorteil ist, dass auch neue Kanäle wie Connected TV (CTV) problemlos in solche Betrachtungen einbezogen werden können. Bereits 81 Prozent der deutschen Zuschauer*innen ziehen CTV dem linearen Fernsehen vor. Das ergab eine aktuellen Studie der ShowHeroes Group. Über Smart TVs, Streaming Devices und Spielekonsolen nutzen die Deutschen inzwischen mehr als zwei Stunden pro Tag CTV – so viel wie nirgendwo sonst in Europa.
Ebenfalls ein besonderer Werbekanal ist die LED-Bandenwerbung bei Sportereignissen. Ab dem 4. Juni wird die European League of Football (ELF) ihr LED-Bandeninventar bei American-Football-Spielen auch über den Marktplatz des Tech-Start-ups Gipedo vermarkten. Über deren Plattform kann Media-Inventar datengestützt und automatisiert verkauft werden. Die Hamburger Jungunternehmer kooperieren dazu mit der ELF-Vermarktungsagentur Morethansports. Die Vereinbarung betrifft alle im Free-TV gezeigten Live-Spiele in der DACH-Region.
Wie gut Werbebudgets in solchen innovativen Kanälen angelegt sind, kann künftig ein langfristiges Media-Mix-Modelling zeigen. Gläserne Nutzer*innen werden dafür nicht mehr benötigt.
Schon gehört?
In Kürze entstehen neue Möglichkeiten, um hierzulande digital im linearen TV zu werben (Addressable TV, kurz ATV): Der TV- und Big Screen-Vermarkter Visoon Video Impact möchte den programmatischen Ein- und Verkauf von ATV-Inventaren anbieten und kooperiert dazu mit dem Adtech-Unternehmen Xandr. Zum Start des Marktplatzes sind die Sender Bild, MTV, Anixe HD, Anixe Serie und MoreThanSports buchbar, perspektivisch sollen es 25 Sender werden.
Samsung Ads, die Werbeplattform von Samsung Electronics, führt eine Consent-Management-Plattform (CMP) bei Samsung TV Plus ein. Mit der CMP können Verbraucher*innen die Verwendung ihre Daten kontrollieren und auch bestimmen, welche Art Werbung sie in den Inhalten von TV Plus sehen möchten, zum Beispiel Run-of-Network, Contextual oder personalisierte Ads.
Neben Datenschutz und -kontrolle spielt für Nutzer*innen Barrierefreiheit eine immer größere Rolle. Einer repräsentativen Bitkom-Umfrage anlässlich des Digitaltages 2022 zufolge fordern 71 Prozent der Deutschen eine barrierefreie Gestaltung von digitalen Angeboten, zum Beispiel durch eine einfache Bedienung und verständliche Erklärungen.
Übrigens: Quasi selbsterklärend ist eine technische Neuerung, mit der Sie steigenden Benzinpreisen etwas entgegensetzen können. Wie Google auf seiner jüngsten Entwicklerkonferenz I/O bekannt gab, unterstützt Google Maps demnächst auch in Europa Nutzer*innen bei einer umweltfreundlichen Routenplanung und zeigt die kraftstoffeffizienteste Route an.