Ohne zu pathetisch zu werden, lässt sich eines wohl ganz gewiss behaupten: Ernst Prost ist Liqui Moly. Und Liqui Moly ist Ernst Prost. Unter Prosts Führung wuchs das Unternehmen von einem kleinen Anbieter von Additiven für Autos zu einem weltweit agierenden Spezialisten für Automotive-Chemie. In einem Schreiben kündigte der Geschäftsführer heute seinen Abschied an.
Mit rund 4000 Artikeln bietet Liqui Moly heute ein breites Sortiment an Automotiv-Chemie: Motoröle und Additive, Fette und Pasten, Sprays und Autopflege, Klebe- und Dichtstoffe. Gegründet 1957 entwickelt und produziert Liqui Moly ausschließlich in Deutschland. Das Unternehmen verkauft seine Produkte in 150 Ländern und erwirtschaftete 2020 einen Umsatz von 611 Millionen Euro.
Prost investiert während Corona ins Marketing
Im April und Mai 2020 brach der Umsatz von Liqui Moly zu Beginn der weltweiten Corona-Krise allerdings zunächst um 25 Prozent ein, der Gewinn sank in den ersten vier Monaten um 50 Prozent. Doch was machte Ernst Prost? Er investiert „außerplanmäßig und unbudgetiert“ 15 Millionen Euro mehr als vorgesehen in den Markenaufbau von Liqui Moly. Damit handelte der Ulmer Unternehmer nach der reinen Marketinglehre. Laut der lohnt es sich bekanntlich, antizyklisch zu werben.
„Das steht in allen Büchern, warum macht’s dann keiner?“, fragte Prost Mitte 2020 eher rhetorisch im Gespräch mit der absatzwirtschaft. Liqui Moly folge dem Motto „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not“. „Wir haben immer schon eine prall gefüllte Kriegskasse. Es ist gut, wenn man Geld hat und nicht zur Bank rennen muss. Das ist ein Teil meiner Erziehung“, erklärt Prost.
Ernst Prost hat immer Teile des Gewinns zurückgelegt, die Eigenkapitalquote von Liqui Moly liegt bei 85 Prozent. „Wir haben keine Schulden, wir haben keine Verbindlichkeiten, wir machen Profit und haben deshalb eine gefüllte Kriegskasse“, bringt Prost die Sachlage auf den Punkt. Diese Kasse greift er für die (ohne Agentur entwickelte) Werbekampagne übrigens gar nicht an: „Wir müssen gar nicht ans Eingemachte, wir finanzieren den ganzen Spaß aus dem Cashflow“, sagte Prost gegenüber der absatzwirtschaft.
Prost setzt auf langfristigen Markenerfolg
Prost geht es nicht um schnelle Erfolge – oder wie er es selbst ausdrückt: Ein Bauer säe ja auch nicht an einem Tag aus und erwarte am folgenden Tag die Ernte. Die Investition in die Marke sei eine langfristige.
Prost hält grundsätzlich nichts von aktionistischer Unternehmensführung: „Viele Unternehmen wollen schnelle Gewinne. Quick wins und quarterly reports bestimmen die Unternehmensstrategie. Das ist kindisch und dumm und geht nicht, wenn ich ein Unternehmen klug, nachhaltig, erfolgreich und sozial führen will.“
„Think big & dicke Bretter„
Und nun kündigte der Vater des jahrzehntelangen Erfolgs von Liqui Moly in einem mehrseitigen Rundschreiben an seine Kolleginnen und Kollegen seinen Abschied an. Danach werde der sieben Jahre jüngere Co-Geschäftsführer Günter Hiermaier das Unternehmen weiterführen.
In dem Statement geht es zum Teil recht heiter zu:
„Als meinen letzten Arbeitstag habe ich den 22.2.2022 gewählt. Kann man sich gut merken. 🙂 Bis dahin knüppeln wir natürlich gemeinsam noch volle Kanne weiter. Es gibt noch reichlich zu tun! Die verbleibenden Monate will ich schließlich mit Ihnen noch genießen und auskosten“, heißt es unter anderem in Prosts Ausführungen.
Einige Zeilen später appelliert Prost dann an seine Mitarbeitenden:
„Lassen Sie sich nicht vom Bürokratie-Monster auffressen und vom Beamten-Fußball einschläfern. Nicht Pillepalle & Klein-Klein, sondern think big & dicke Bretter bohren. Schnell und gründlich. Nicht Dienst nach Vorschrift, sondern die Extra Meile gehen.„
Diese beiden Auszüge werden dem Statement als Ganzes nicht ansatzweise gerecht. Unsere Empfehlung: Lesen Sie sich Prosts Abschiedsschreiben doch einfach hier in Gänze durch.