Die Anforderungen an Jobs haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Berufseinsteiger*innen ist nicht mehr nur das Gehalt wichtig, auch flexible Angebote zu Räumen spielen für sie eine immer wichtigere Rolle. Robert Bukvic weiß das genau, denn Flexibilität ist sein Geschäftsmodell. Als Gründer und Geschäftsführer des Co-Working-Space-Anbieters Rent24 kennt er die Bedürfnisse seiner Mieter*innen in einem sich verändernden Feld: freie Räume für Freiräume. Doch nicht nur Freelancer und Solo-Selbstständige profitieren von ihnen, auch immer mehr Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden Zugang zu Co-Working-Spaces. Ein Angebot, das immer wichtiger im Kampf um Talente werden könnte.
Größe ist bei Bukvic generell ein Thema: Sein Unternehmen zählt mit 70 Standorten in Asien, Nordamerika und Europa neben Regus, WeWork und Mindspace zu den größten Anbietern von Co-Working-Spaces weltweit. Auch begann der Zweimetermann schon früh, in großen Dimensionen zu denken: 1999 ging er mit einem Sportstipendium im Gepäck in die USA, heuerte bei der Basketballmannschaft des Daytona State College in Florida an und spielte in der College-Liga vor 17.000 Zuschauern.
Yahoo kauft das erste Unternehmen
Neben dem Sport war Entrepreneurship das andere Herzensthema. So gründete er 1000papers.com, wo Hausarbeiten gegen Bezahlung angeboten wurden. Nachdem immer mehr Dozent*innen Papers mit denselben Inhalten erhalten hatten, stellte ihn die Hochschulleitung vor die Wahl: Rausschmiss oder Unterlassung. Er entschied sich zum Verkauf. „Ich hatte wohl auch ein bisschen Glück, dass ich ein guter Basketballer war“, schmunzelt er. Käufer war Yahoo, das 30.000 Dollar bezahlte.
Zurück in Deutschland verfolgt Bukvic weiter seine Karriere als Profi-Basketballer, spielt in Deutschland, Italien, Spanien und Finnland. Doch eine Knieverletzung beendet seine Ambitionen als Sportler. Dafür beflügelt sie die des Geschäftsmanns: Er etabliert gemeinsam mit einem Programmierer die Plattform Miet24.de, auf der heute noch über 1,8 Millionen Artikel gemietet werden können, sowie das Unternehmen GetDeal. In dieser Zeit beginnt Bukvic, eigene freie Büroflächen zu günstigen Konditionen an Selbstständige und Projektteams zu vermieten. 2015 folgt die Gründung von Rent24. Sieben Jahre später spielt er nun wieder ganz oben mit.
Doch der Erfolg kam nicht über Nacht. Fleiß, Engagement und Disziplin, die er von klein auf schon für den Sport aufgebracht hatte, legte er auch für sein Unternehmen an den Tag. Hinzu kam, dass 2015 noch mehr Leerstand in den Städten herrschte als heute. „Wir haben für den Quadratmeter damals acht bis zehn Euro gezahlt“, sagt der 42-Jährige. „Das war lächerlich gering. Die Vermieter waren bereit, gute Preise und langfristige Verträge anzubieten, weil wir die Gebäude regelrecht aufgewertet haben.“ Ohne Investoren, dafür mit Ausbau-Zuschüssen und ein wenig Startkapital bringt er Rent24 nach vorn.
Co-Working-Spaces sind wieder auf Wachstumskurs
Tatsächlich ist die Zahl an Co-Working-Flächen in Deutschland stark gestiegen. So gab es im Mai 2020 hierzulande 1268 Co-Working-Spaces und -Flächen, wie der Bundesverband Coworking Spaces Deutschland in einer Markterhebung herausfand. 2018 waren es nur knapp über 300. Doch Corona hat im Markt tiefe Spuren hinterlassen: Während der Pandemie sanken bei rund 80 Prozent aller Co-Working-Space-Anbieter die Umsätze. Nach einer Umfrage von Deskmag haben Co-Working-Betreiber*innen in dieser Zeit etwa 40 Prozent ihrer Einnahmen verloren. Einige Anbieter traf die Pandemie besonders hart, so wie das Berliner Unternehmen Betahaus, das im September 2021 Insolvenz anmelden musste.
Das Problem: Die erste Welle gefährdete alle drei Säulen, auf denen das Geschäftsmodell vieler Co-Working-Space-Anbieter fußt: Mitgliedschaften einzelner Nutzer*innen, exklusive Vergabe von Büros an Teams und Start-ups, sowie die Vermietung von Event- und Meetingflächen. Allein mit Letzterem generierte Betahaus bis zu 40 Prozent seines Umsatzes. Weil er eine Einigung mit seinen Gläubiger*innen erzielen konnte, ist der Anbieter heute wieder auf Wachstumskurs – auch ein Zeichen dafür, das Co-Working-Spaces mittlerweile wieder einen Wachstumskurs eingeschlagen haben.
Auch Rent24 blieb nicht verschont: So arbeiteten vor der Pandemie 400 Menschen im Unternehmen, aktuell sind es rund 140. Anders als andere Anbieter will sich Rent24 jedoch nicht allein durch Mieteinnahmen und Events finanzieren, sondern bietet seinen Mieter*innen verschiedene Modelle von Firmenbeteiligungen. Wohl auch deshalb bot Bukvic zu Beginn der Pandemie Start-ups, Freelancern und Unternehmen unbürokratische Hilfen an: von Ermäßigungen über Stundungen bei der Miete bis zu einer einhundertprozentigen Übernahme der Mieten. Die Hilfe zur Selbsthilfe war jedoch nicht komplett uneigennützig: „Unser Hauptziel ist nicht, das große Geld zu verdienen, sondern Unternehmen zu helfen und an deren Erfolg zu partizipieren“, erklärt Bukvic. „Das ist viel nachhaltiger und immer unser Global Game gewesen.“
Virtuelles Zusammenarbeiten im Metaverse
Nachhaltigkeit dürfte auch zukünftig ein Thema für größere Unternehmen sein, wenn sie zum einen Mietkosten sparen und zum anderen für junge Talente attraktiv sein wollen. Hierfür bieten Co-Working-Spaces perfekte Bedingungen, findet Bukvic. „Unternehmen haben heute hohe Bürokosten. Früher hat man irgendwo Räume gekauft und die Leute hingescheucht. Heute muss man jungen Talenten Flexibilität, Atmosphäre und Coolness bieten. Da reichen weiße Wände und Stechuhren nicht mehr aus.“ Deshalb bietet er seinen Mieter*innen schicke Möbel, kulinarische Angebote, Fitnessstudios und Platz für Synergien. „Heute wollen Menschen sich mehr miteinander vernetzen und voneinander lernen. Davon können alle Unternehmen profitieren.“
Dafür schielt der Unternehmer bereits in Richtung Zukunft: So will er im Metaverse virtuelles Zusammenarbeiten möglich machen – als einer der ersten Co-Working-Space-Anbieter überhaupt. Dafür hat sich Rent24 mit Primary zusammengetan, einem branchenführenden Metaverse-Unternehmen, das in den Bereichen digitales Asset Management, dezentrale Finanzen („DeFi“) und Non-Fungible Tokens („NFTs“) tätig ist. „Unsere Entscheidung, ins Metaverse zu gehen, gibt Rent24 nicht nur eine neue strategische Ausrichtung, sondern auch eine neue geschäftliche Dimension“, erklärt Bukvic. „In der Tat gibt es keinen physischen Ort auf dieser Welt, der Millionen von Menschen beherbergen kann. In unserem Arbeitsbereich im Metaverse hingegen ist es einfach, mit einer unendlichen Anzahl von Talenten und Geschäftspartnern in Verbindung zu treten.“ Ganz im Sinne von New Work also.