Von Anne-Kathrin Keller
Rostock Fußgängerzone, Passanten werden befragt: Welcher Organisation vertrauen Sie am meisten? Zur Auswahl stehen das Rote Kreuz, die AOK, Greenpeace, das Technische Hilfswerk und der ADAC. Die meistgenannte Antwort: Der ADAC. 31 Prozent der Befragten schätzen den ADAC als besonders vertrauenswürdig. Doch hat der ADAC dieses große Vertrauen überhaupt verdient?
Zwei ARD-Reporter haben den Markencheck gemacht. Sie haben die Pannenhilfe, den politischen Einfluss und Interessenvertretung des Clubs, die Kooperationen mit Wirtschaftsunternehmen und den Umgang mit den eigenen Mitarbeitern getestet.
Die Pannenhilfe
Mit dem Auto auf der Autobahn liegenbleiben und keine Hilfe weit und breit? Eine Horrorvorstellung. Um solchen Situationen vorzubeugen, melden sich Millionen Deutsche beim ADAC an. Im Schadensfall wird das positive Image des Clubs geprägt. „Gelbe Engel“ nennen die Mitglieder ihre Pannenhelfer, die bei Pannen anrücken.
Eine Fahrzeugpanne simulierend rufen die Redakteure den ADAC und zum Vergleich den Auto Club Europa (ACE) und den Automobilclub von Deutschland (AvD) an. Innerhalb von 35 Minuten ist der ADAC vor Ort und repariert den Schaden prompt und vollständig. In weniger als einer Stunde nach dem Anruf ist das Auto wieder fahrtüchtig.
4,1 Millionen Einsätze hat der ADAC jährlich. Es gibt 1800 Pannenhelfer, ein Drittel davon sind KFZ-Meister. Andere Dienste arbeiten mit Vertragswerkstätten. Den Unterschied merkt der Kunde: Die beste Hilfe bekommt er vom ADAC. Im Test schickt der AvD erst gar keinen Pannenhelfer, sondern gleich einen Abschleppwagen.
Der politische Einfluss
Mit 18 Millionen Mitgliedern hat der ADAC mehr Menschen hinter sich als alle deutschen Parteien und Gewerkschaften zusammen. Das bedeutet einen enormen Einfluss auf die Politik. Aufgabe des ADAC ist es, die Meinung seiner Mitglieder zu vertreten und in ihrem Sinne Lobbyarbeit zu betreiben.
Der ARD-Markencheck zeigt allerdings, dass der Automobilverband nicht notwendigerweise das Interesse der Mitglieder vertritt, sondern seine eigene Agenda hat. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Grünenpolitiker Anton Hofreiter (Die Grünen), spricht sogar von Druck, der von Seiten des ADAC auf Abgeordnete ausgeübt wird.
Die ARD-Reporter geben ein Beispiel für die Vorgehensweise des ADAC. Eine repräsentative Umfrage zeigt, dass 78 Prozent der Mitglieder für die 0,0-Promille-Grenze seien. Der ADAC ist dagegen. Ebenso ist der Automobilclub ist gegen ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen. Auf Straßen ohne Tempolimit gibt es pro Streckenkilometer 36 Prozent mehr Verkehrstote als auf Straßen mit Geschwindigkeitsbegrenzung. 47 Prozent der ADAC-Mitglieder sind für ein allgemeines Tempolimit – keine eindeutige Position. Insgesamt vier verschiedene Ziele vergleichen die ARD-Reporter. Am Ende sind sich Club und Mitglieder genauso oft einig wie uneinig. Das Fazit der Redakteure: Das Vertrauen der Mitglieder ist übertrieben.
Die Wirtschaftsbeziehungen
ADAC-Mitglieder können bei Shell-Tankstellen Geld sparen. Für Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft, verliert der ADAC dadurch an Glaubwürdigkeit, da er sich durch solche Deals zum Handlanger der Mineralindustrie mache. Der ADAC kann nicht einerseits Kooperationen mit Ölmultis pflegen und gleichzeitig die Interessen der Mitglieder gegenüber den Mineralölkonzernen vertreten.
Opel ist ein weiterer Kooperationspartner des ADAC. Der Automobilproduzent stellt dem ADAC für dessen Sicherheitstrainings Fahrzeuge zur Verfügung. Das Clubmagazin “ADAC Motorwelt“ testet gleichzeitig die Wagen von Opel. Das riecht zunächst nach wenig Objektivität. Der ARD-Markencheck kommt dennoch zu dem Urteil, dass der Automobilclub unabhängig testen kann. Die ARD vergleicht 500 Tests des Clubmagazins Motorwelt, in denen ADAC-Partner bewertet werden, mit den Ergebnissen zweier anderer Fachmagazine. Im Vergleich mit der “Autobild“ und “Auto Motor und Sport“ konnten die Journalisten keine Auffälligkeiten bei den Tests finden.
ADAC als Arbeitgeber
Der größte Negativpunkt im ARD-Markencheck ist der Umgang mit den eigenen Mitarbeitern. So ist es offenbar in Nordbayern zu sexistischen Übergriffen und Mobbing gekommen, in Niedersachsen wird anscheinend Betriebsratsarbeit systematisch eingeschränkt. Die ARD-Tester kommen zu dem Schluss: Als Arbeitgeber ist der ADAC zumindest zweifelhaft.
Fazit
Der ADAC-Mitgliedsbeitrag beträgt 44,50 Euro. Das ist eine Menge Geld. Die ARD-Dokumentation zeigt: Das Vertrauen in den ADAC als Interessenvertreter seiner Mitarbeiter ist übertrieben. Ein Verfechter der politischen Interessen seiner Mitglieder ist er nicht. Im Schadensfall ist die Mitgliedschaft beim ADAC allerdings alternativlos – sei es im Krankheitsfall im Urlaub oder bei einer Fahrzeugpanne. Ebenso überzeugt er in seiner Rolle als Produkttester. Mit seinen Mitarbeitern pflegt der Automobilclub einen zweifelhaften Umgang. Nun muss der Verbraucher entscheiden, ob ihm die Vorteile das Geld wert sind.