„Die Mitglieder des Rechtausschusses im Europaparlament haben mit ihrem Beschluss ein wichtiges Zeichen für die Sicherung des freien, unabhängigen Journalismus in der digitalen Welt gesetzt“, sagte ein Sprecher vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) am Mittwochnachmittag. Beide Verbände betonten erneut, dass es an der Zeit sei, „den Zeitungen und Zeitschriften den gleichen rechtlichen Rahmen zuzugestehen, der schon lange für Film, Fernsehen und Musik gelte“, wie es in der Mitteilung heißt. Professioneller Journalismus sei die beste und wichtigste Reaktion auf Polemik und Falschinformationen im Internet.
Nicht nur für große Verlagshäuser, sondern ebenso für kleiner und mittlere sei die Entscheidung positiv zu bewerten. Sie bräuchten „angesichts der Marktdominanz großer Online-Plattformen dringend eine Rechtsgrundlage für ihre Geschäftsmodelle.“ Ähnlich positiv sieht es der Verband der privaten audiovisuellen Medien in Deutschland, Vaunet. Der Vorschlag, heißt es in der Stellungnahme zur Entscheidung, schließe das sogenannte „Value Gap“. Ein Schlupfloch, „das es Onlineplattformen bisher ermöglichte, sich ihrer Verantwortung gegenüber Kreativen und ihrer Partner sowie Vergütungsansprüchen zu entziehen. Gleichwohl betonte Vaunet-Geschäftsführer Harald Flemming, dass noch nicht alles in „perfekter Balance“ sei, die Richtung aber stimme. „Die privaten Sendeunternehmen haben durch ihre bisherigen Vereinbarungen mit den Urhebern bewiesen, dass sich gemeinsam die besten Lösungen finden lassen. Dieser Grundgedanke darf nicht verloren gehen.“
BVDW appelliert an die Bundesregierung
Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) warnte hingegen vor weitreichenden Folgen der Uploadfilter-Regelung. Sollten Plattformen wie YouTube tatsächlich dazu verpflichtet werden, durch Uploadfilter zu gewährleisten, dass Nutzer dort keine urheberrechtsverletzenden Inhalte veröffentlichen, hätte das „weitreichende Folgen für Netzkultur und Meinungsfreiheit im Internet.“ Er appellierte an die Bundesregierung, sich an den Koalitionsvertrag zu halten und gegen eine derartige Regelung zu stellen.
„Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz zeigt uns schon heute die Auswirkungen einer Regulierung, die vor allem zu einer vorauseilenden Selbstzensur führt, in der ursprünglich intendierten Sache aber kaum Fortschritt bedeutet“, erklärte Geschäftsführer Marco Junk. „Die Zielsetzung, eine illegale Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Inhalte zu unterbinden, ist nachvollziehbar – aber nicht um jeden Preis.“ Hier schieße die EU-Kommission weit über das Ziel hinaus, heißt es, „wenn es letztlich auf Kosten von Meinungsvielfalt im Netz geht.“ Außerdem betonte der BVDW, dass die Überlegungen an der technischen Realität vorbeizielen würden. „Es ist unmöglich, urheberrechtsverletzende Inhalte zuverlässig und zweifelsfrei zu identifizieren.“ In der praktischen Konsequenz bliebe Betreibern daher „nur die vorsorgliche Löschung, um selbst keinen Rechtsverstoß zu riskieren“, erklärte Junk.
Netzgemeinde befürchtet Zensur
Auch in den sozialen Netzwerken hat die Entscheidung des EU-Parlaments für erregte Diskussionen und vor allem viel Unverständnis gesorgt. SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken erklärte auf Twitter, dass mit der Entscheidung vom 20. Juni „Zensurmaschinen im Internet“ beschlossen worden seien. In einem Video erklärte er die Folgen und die Prozedur hinter den Uploadfiltern, denn Inhalte würden kontrolliert werden, bevor sie online gehen. Dies sei nichts anderes als Zensur, so Wölken. Beide getroffenen Entscheidungen seien schlecht für das Internet.
Einen Kommentar gab bereits vor zwei Tagen, also vor der Abstimmung, der YouTuber LeFloid ab. Unter dem Titel „Wehrt euch! Stopt Artikel 13! Heute!“ ruft er seinen Zuschauern ins Bewusstsein, dass auf EU-Ebene eine weitreichende Entscheidung bevorsteht. In seiner Botschaft wirft er den Politikern zudem vor, dass sie solch wichtige Abstimmungen gerne während einer Fußball-Weltmeisterschaft durchführen würden, „weil die Massen so schön abgelenkt sind.“
In seinem Appell zeichnet er das Bild eines stark eingeschränkten Internets und stößt in die gleiche Richtung wie Tiemo Wölken. „Damit killt man Internet-Content!“, sagt er. Es handele sich um Zensur von Journalisten, Bloggern und der freien Meinung. Zahlreiche Twitter-Nutzer beschwerten sich unter anderems bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten, dass es in den vergangenen Tagen kaum einen Bericht über das Leistungsschutzrecht und die Uploadfilter gegeben habe.
Für die Kritiker der nun beschlossenen Entscheidungen geht der politische Kampf indes weiter. So zumindest betonen es zahlreiche Europaabgeordnete wie Wölken und Julia Reda in ihren Videobotschaften. Das nächste wichtige Datum für Befürworter und Gegner von Uploadfilter und Leistungsschutz wird wohl der 4. Juli sein. Dann stimmen die 751 EU-Abgeordneten im Plenum darüber ab.