Gebt mir ein R  

Das Ende der Drittanbieter-Cookies macht nicht nur dem Marketing zu schaffen. Auch Onlinehändler müssen reagieren. Für sie wird Customer Relationship künftig eine größere Rolle spielen.
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R-Commerce statt E-Commerce: Relationship wird zentral in der neuen Welt des Online-Handels. (© Imago)

Ihre Tage sind gezählt: Im kommenden Jahr werden Drittanbieter-Cookies aus der Online-Werbewelt verschwinden. Während manche Werbetreibende noch händeringend Alternativen ausloten, ist die Lage für Shop-Betreiber klarer: Sie können und müssen sich nun verstärkt auf ihre Kundendaten fokussieren. Aber das dürfte für sie mehr Chance als Risiko bedeuten.  

Customer-Relationship-Management ist keine neue Erfindung, aber sie bekommt wieder stärkeres Gewicht. Eine einheitliche Sicht auf die eigenen Kund*innen und eine starke Beziehung zu ihnen müssen die Ziele sein. Und das funktioniert nicht ohne Technologien. Gefragt sind Lösungen, die Silos aufbrechen beziehungsweise sie überflüssig machen und Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführen, damit die oft geforderte 360-Grad-Sicht auf die Kund*innen kein Wunschdenken bleibt. Aus E-Commerce kann so ein R-Commerce werden – ein Relationship Commerce, der auf langfristige und fruchtbare Kundenbeziehungen setzt und nicht auf den kurzfristigen Abverkauf. 

Immer mehr B2B-Firmen bauen eigene Online-Plattformen 

Die Interessent*innen auf der eigenen Seite zu aktivieren, mehr über sie zu erfahren und ihren Besuch im Webshop auf Basis der selbst erhobenen Daten so bequem wie möglich zu machen, kann ein probates Mittel sein, Kund*innen glücklicher und zu häufigen Wiederkäufer*innen zu machen. Dabei können auch First-Party-Cookies helfen, die Onlineshops für ihre Besucher*innen setzen dürfen. Über sie lässt sich herausfinden, wofür sich Konsument*innen im Webshop interessieren. Der Kontext der besuchten Seiten liefert weitere Informationen, mit denen sich die Beziehung zu den Kund*innen stärken und die Ansprache verfeinern lässt. Nicht zuletzt können Shop-Betreiber auch aktiv die Präferenzen ihre Kund*innen abfragen. 

Dass „Relation“ im Online-Handel funktioniert, zeigt sich auch an dem meist von starken Kundenbeziehungen geprägten B2B-Handel. Kunden und Lieferanten haben hier ein historisch gewachsenes Interesse an langfristigen Beziehungen. Der Vertriebsweg ist nun immer öfter ein digitaler, aber der B2B-E-Commerce floriert: Der B2B-Internethandel über Onlineshops und Marktplätze ist bei Großhändlern und Herstellern im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 21,2 Prozent gewachsen – auf nunmehr 427 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle B2B-Marktmonitor, den das ECC Köln in Zusammenarbeit mit Intershop und Creditreform erhoben hat. Und immer mehr B2B-Unternehmen bauen ihre eigene Online-Plattform auf. So gab über ein Drittel der Befragten (35 Prozent) an, bereits einen eigenen Marktplatz zu betreiben und fast die Hälfte (48 Prozent) befindet sich in der Planung.  

Wer jetzt auf Kundenbeziehungen setzt und dies ernst meint, setzt damit auch auf einen sorgsamen Umgang mit den Kundendaten. Das wiederum schafft Vertrauen – und Vertrauen ist eine wichtige Basis für gute Geschäfte. Das Intensivieren der Kundenbeziehungen kann so zum Win-Win für alle werden.   

Schon gehört? 

ChatGPT kann jetzt sehen, hören und sprechen. OpenAI führt dazu in den nächsten zwei Wochen neue Sprach- und Bildfunktionen ein. Per Spracheingabe lassen sich dann mit der KI echte Gespräche führen. Und diese Gespräche dürften eine neue Qualität erreichen, denn ChatGPT ist nun in der Lage, auch Bilder zu verarbeiten. Wer zum Beispiel ein Foto eines defekten Gegenstandes hochlädt, erhält von ChatGPT Reparaturempfehlungen oder beim Bild des Kühlschrankinhaltes dazu passende Rezeptvorschläge. Nicht zuletzt kann die KI synthetische Stimmen erzeugen und sich auf diese Weise Gehör verschaffen. Die neuen Funktionen werden für Plus- und Enterprise-Benutzer*innen eingeführt. 

Während sich beim Thema KI momentan fast alles um ChatGPT dreht, ist man beim Facebook-Konzern Meta davon überzeugt, dass Menschen nicht eine zentrale KI, sondern verschiedene KIs für unterschiedliche Aufgaben benötigen werden, zum Beispiel, um zu kommunizieren, sich zu unterhalten oder Spiele zu spielen. Daher hat Meta diverse KIs entwickelt, die jetzt in den USA als Beta-Version eingeführt werden. Meta AI ist zum Beispiel ein neuer Assistent, der auf der Llama 2-Technologie basiert und mit dem man wie mit einem Menschen sprechen kann. Durch eine Partnerschaft mit der Microsoft Suche Bing hat Meta AI auch Zugang zu Echtzeitinformationen.  

Meta hat außerdem weitere KIs entwickelt, die Persönlichkeit, eine Meinung und sogar Interessen haben, zum Beispiel Victor, einen Motivationscoach oder Max, der Rezepte zusammenstellt. KIs wie diese sollen eigene Profile auf Instagram und Facebook erhalten und echte Nutzer*innen mit ihnen via WhatsApp, Messenger und Instagram interagieren können. Relationship liegt also nicht nur im E-Commerce im Trend. Auch zwischen KIs und Menschen bahnen sich nun stärkere Beziehungen an. Wird KI womöglich zu einem CRM-System 3.0? 

In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert! 

(kaz) ist Fachjournalist für digitales Marketing. Seit Mitte der Nullerjahre begleitet er mit seinen Artikeln die rasanten Entwicklungen der Online-Werbebranche. Der Maschinenraum der Marketing-Technologien fasziniert ihn dabei ebenso wie kreativ umgesetzte Kampagnen. Der freie Autor lebt und arbeitet in Berlin.