CRM – Strategie und IT-Systeme

Ein CRM-System beschreibt die technologische Realisation der CRM-Strategie. Andreas Englbrecht, Dr. Hajo Hippner und Prof. Dr. Klaus Wilde von der katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zeigen in einem Grundlagenbeitrag, wie CRM-Systeme die Umsetzung der CRM-Strategie unterstützen.

Setzt man sich mit dem CRM-Begriff auseinander, lässt sich beobachten, dass CRM häufig auf seine technologische Komponente reduziert wird (Brill 1998, Fischer-Neeb 2000, Jost 1999, Schwede 2000, Schwetz 2000). CRM wird hierbei mehr oder weniger mit CRM-Systemen gleichgesetzt, deren Aufgabe in der Sammlung und Auswertung von Kundendaten sowie in der Automatisierung kundenbezogener Prozesse liegt. Zwar ist es unbestritten, dass moderne IT-Systeme das Management von Kundenbeziehungen nachhaltig unterstützen können – jedoch birgt diese starke IT-Orientierung die Gefahr in sich, die notwendigen Rahmenbedingungen im Unternehmen nicht zu beachten.

Diese Problematik wird zunehmend erkannt und so wird vermehrt eine „strategische Ausrichtung statt IT-getriebenem Aktivismus“ gefordert (Homburg/ Sieben 2000, S. 472). Ausgangspunkt dieses eher betriebswirtschaftlich orientierten CRM-Verständnisses ist die Überlegung, dass IT-Lösungen nur dann ihre Möglichkeiten ausschöpfen können, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen gegeben sind. Publikationen, denen dieses Verständnis zugrunde liegt, wenden sich tendenziell Aspekten des Kundenwissens, Kundenwerts, Konstrukten der Kundenzufriedenheit und -bindung etc. zu, wobei häufig das Fehlen der It-basierten Realisierung anzumahnen ist (zum Beispiel bei Raab/Lorbacher 2002). Aus der einseitigen Konzentration auf die betriebswirtschaftlichen Aspekte des CRM und der Vernachlässigung der technologischen Komponente resultiert, dass viele gut gemeinte Ideen und Ratschläge auf einer theoretisch-konzeptionellen Ebene verharren und keine praktische Umsetzung erfahren.

Weder eine einseitige Konzentration auf CRM-Systeme noch eine ausschließliche Fokussierung auf eine betriebswirtschaftliche CRM-Konzeption versprechen folglich eine erfolgreiche CRM-Umsetzung. Nur die aufeinander abgestimmte Ausgestaltung von kundenorientierter Strategie und kundenorientierten Informationssystemen kann die Potenziale des CRM-Konzepts ausschöpfen. Vor diesem Hintergrund schlagen wir folgende CRM Definition vor (Hippner/Wilde 2002, S. 6 ff.):

„CRM ist eine kundenorientierte Unternehmensstrategie, die mit Hilfe moderner Informations und Kommunikationstechnologien versucht, auf lange Sicht profitable Kundenbeziehungen durch ganzheitliche und individuelle Marketing-, Vertriebs- und Servicekonzepte aufzubauen und zu festigen.“

CRM umfasst folgendermaßen zwei zentrale Gestaltungsbereiche:

  • Zum einen erfordert CRM den Einsatz von integrierten Informationssystemen (CRM-Systeme). Nur die Zusammenführung aller kundenbezogenen Informationen und die Synchronisation aller Kommunikationskanäle erlauben eine ganzheitliche Abbildung des Kunden („One Face of the Customer“) und somit auch eine abgestimmte Kundenansprache („One Face to the Customer“).
  • Hinter der CRM-Idee verbirgt sich allerdings weitaus mehr als nur eine reine Softwarelösung – CRM steht auch für eine neue kundenorientierte Unternehmensstrategie. Um erfolgreiches CRM zu betreiben, muss eine Neuausrichtung sämtlicher Geschäftsprozesse und Verantwortlichkeiten
    auf den Kunden hin erfolgen.

In einem ersten Schritt muss demzufolge – entsprechend den strategischen Zielsetzungen des Unternehmens – eine CRM-Konzeption erarbeitet werden (Homburg/Sieben 2000, S. 486 ff.). Hierbei wird zum Beispiel festgelegt, welche Kundengruppen über welche Kanäle mit welchem Instrumentarium bearbeitet werden sollen (Wehrmeister 2001, S. 113 ff.). Darüber hinaus gilt es, die organisatorischen und personellen Rahmenbedingungen sowie die zur Kundenbearbeitung erforderlichen kundenorientierten Geschäftsprozesse zu definieren. Auf Basis dieser konzeptionellen Eckpfeiler gilt es im zweiten Schritt ein CRM-System auszuwählen und zu implementieren, das den unternehmensspezifischen Anforderungen und Prozessen am besten entspricht.

Die Wirkungskette des CRM
Gemäß der eingeführten Definition erfolgt CRM mit dem Ziel, profitable Kundenbeziehungen auszugestalten und somit den Unternehmenserfolg bzw. den Unternehmenswert zu erhöhen (Matzler et al. 2002, S. 7 ff.). Das CRM-Konzept basiert somit grundsätzlich auf einem rein ökonomischen Verständnis. Nichtsdestotrotz ist das Ziel profitabler Kundenbeziehung nur über eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit bei unzufriedenen Kunden bzw. eine Stabilisierung der Zufriedenheit bei bereits zufriedenen Kunden zu erreichen, aus der (häufig) eine stärkere Bindung der Kunden an das Unternehmen erwächst.

Um dies zu erreichen gilt es, kundenorientierte Reorganisationsmaßnahmen im Unternehmen durchzuführen. Diese Reorganisationsmaßnahmen umfassen die Optimierung kundenbezogener Geschäftsprozesse, deren Unterstützung durch CRM-Systeme sowie die systematische Planung und Kontrolle dieser Veränderungen durch ein CRM-Projektmanagement und ein Change Management. Die Realisierungsrichtlinien für die kundenorientierte Reorganisation des Unternehmens werden der vorher definierten Kundenbeziehungsstrategie entnommen. Diese legt unter anderem die Struktur und den Einsatz der Interaktionskanäle zwischen Kunde und Unternehmen sowie die Ausgestaltung der CRM-Prozesse fest.

Abb. 1 skizziert in Grundzügen die Wirkungskette des CRM. Hierbei gilt es hinsichtlich des Ablaufs der Wirkungskette zwei generelle Anmerkungen zu berücksichtigen:

  1. Zum einen kann der letztendlich angestrebte monetäre Erfolg der CRM-Maßnahmen meist erst mittel- oder langfristig beobachtet werden. Auch wenn die ersten beiden Phasen relativ zügig durch das Unternehmen realisiert werden können, so vergeht doch eine geraume Zeit bis diese Veränderungen von der großen Masse der Kunden adoptiert werden und sich in einem messbaren ökonomischen Erfolg niederschlagen.
  2. Zum anderen wird die CRM-Wirkungskette in den einzelnen Phasen durch unternehmensinterne und -externe Faktoren negativ oder aber auch positiv beeinflusst. Die Wirkung der meisten Faktoren lässt sich hierbei schwerpunktmäßig den einzelnen Phasen zuordnen. Darüber hinaus existieren allerdings noch generelle Faktoren des Markts und Wettbewerbs, die – mehr oder weniger stark – auf alle Phasen der CRM-Wirkungskette ausstrahlen.

Ökomischer Erfolg durch profitable Kundenbeziehungen
Im Fokus des CRM stehen die langfristigen Entwicklungsmöglichkeiten der Kundenbeziehungen. Die Ausgestaltung von Geschäftsbeziehungen darf sich folglich nicht nur an der kurzfristigen Profitabilität eines Kunden orientieren, da es sich durchaus rechnen kann, sich auch um solche Kunden zu bemühen, die dem Unternehmen zunächst nur Verluste bescheren. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Kunde ein hohes zukünftiges Potenzial besitzt (unter Berücksichtigung der Langfristigkeit der Kundenbeziehung). So weisen zum Beispiel Studenten kurzfristig betrachtet eine nur geringe Kaufkraft auf. Bei ihnen kann jedoch durchaus berechtigt angenommen werden, dass sie sich zukünftig zu einer äußerst finanzstarken und somit profitablen Kundengruppe entwickeln können. Nur vor diesem Hintergrund lässt sich zum Beispiel die Motivation von Banken erklären, in den ersten Jahren einer Geschäftsbeziehung auch negative Deckungsbeiträge hinzunehmen (zum Beispiel das Betreiben eines Girokontos für einen Studenten – in der Erwartung einer profitablen Geschäftsbeziehung bei Eintritt in das Berufsleben; Rosemann et al. 1999, S. 109).

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die Profitabilität eines Kunden nicht nur von der Intensität der Geschäftsbeziehung, sondern eben auch von ihrer Dauer abhängt. Aus diesem Grund wird bei der Kundenwertermittlung in zunehmendem Maße dem zukünftigen Potenzial eines Kunden eine höhere Bedeutung beigemessen. Als wesentlicher Anstoß für die intensivere Betrachtung der langfristigen Aspekte einer Kundenbeziehung kann eine von Reichheld und Sasser durchgeführte Untersuchung identifiziert werden, die mittlerweile als wesentliche Argumentationsgrundlage zahlreichen CRM-Publikationen zugrunde liegt (Reichheld/ Sasser 1990).

Abb. 2 verdeutlicht, dass mit zunehmender Dauer der Kundenbeziehung auch der daraus resultierende Gewinn ansteigt.

Auch wird hierbei offensichtlich, dass sich die hohen anfänglichen Investitionen zum Aufbau der Kundenbeziehung sowie die laufenden Kosten für deren Erhalt und Ausbau mit zunehmender Dauer rechnen (Hougaard/Bjerre 2002, S. 99). Darüber hinaus lässt sich erkennen, dass der Nutzen einer Kundenbeziehung nicht nur aus der eigentlichen Transaktion erwächst (zum Beispiel Umsatzwachstum), sondern ebenso „weiche“ Faktoren, wie z.B. Weiterempfehlungen, einen Einfluss ausüben.

Veränderung der Kundeneinstellung und des Kundenverhaltens
Auch wenn bei der Ausgestaltung der Kundenbeziehungen der Einfluss der Neukundengewinnung sowie der Kundenreaktivierung nicht zu vernachlässigen ist, kommt der Kundenbindung und den daraus resultierenden positiven Effekten eine erhöhte Bedeutung zu. So werden die Kernelemente profitabler Kundenbeziehungen und der damit verbundene ökonomische Erfolg maßgeblich von dem Grad der realisierten Kundenbindung beeinflusst (eine systematische Auseinandersetzung mit dem Begriff „Kundenbindung“ findet sich bei Gerpott 2000).

In Wissenschaft und Praxis wird – mehr oder weniger implizit – davon ausgegangen, dass als wesentlicher Bestimmungsfaktor der Kundenbindung die Kundenzufriedenheit anzusehen ist (Herrmann/ Johnson 1999, S. 579). Dabei wird die Kundenzufriedenheit zumeist mittels des Confirmation/Disconfirmation-Paradigmas operationalisiert und als das positive Ergebnis eines psychischen Vergleichsprozesses zwischen den Erwartungen eines Kunden sowie dem von ihm tatsächlich wahrgenommenen Leistungsniveau verstanden (Krafft 1999, S. 517; Stauss 1999, S. 6 ff.). Der positive Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und der daraus resultierenden Kundenbindung wurde in zahlreichen empirischen Untersuchungen festgestellt, wobei häufig ein progressiver oder sattelförmiger Verlauf der Beziehung unterstellt wird (Fischer et al. 2001, S. 1164 f.; Homburg et al. 1999, S. 182 ff.). Allerdings mehren sich auch zunehmend kritische Stimmen, die eine Pauschalisierung dieser Beziehung in Frage stellen und die Bedeutung von moderierenden Faktoren hervorheben (siehe hierzu z.B. Stauss 1997). Trotz solcher durchaus berechtigten Einschränkungen lässt sich dennoch konstatieren, dass Kundenzufriedenheit zwar kein Garant für Kundenbindung ist, allerdings eine wesentliche Voraussetzung hierfür darstellt.

Kundenorientierte Reorganisation des Unternehmens
Um die Kundenzufriedenheit aktiv zu gestalten, muss das Unternehmen seine Schnittstellen zum Kunden sowie die dahinter liegenden Prozesse kundenorientiert ausgestalten. Grundlage dieser angestrebten Veränderungen ist ein vorher definiertes strategisches CRM-Konzept, das spezifiziert, welche Kundengruppen auf welche Weise
und über welche Kanäle bearbeitet werden sollen. Die Realisierung dieser CRM-Strategie verlangt nach einer kundenorientierten Reorganisation des Unternehmens, die es durch konkrete CRM-Maßnahmen zu verwirklichen gilt. CRM wird hierbei ausdrücklich nicht als ein zeitlich eng begrenztes Projekt oder gar als reines IT-Projekt verstanden, sondern als kundenorientierte strategie, deren Implementierung in einem kontinuierlichen organisatorischen Lernprozess abläuft (Hippner et al. 2002a, S. 269). Voraussetzung für diesen Lernprozess ist neben weiteren Kernkompetenzen im Bereich Geschäftsprozessoptimierung und Change Management die intensive IT-Unterstützung durch leistungsfähige CRM-Systeme („technological enabler“).

Abb. 3 zeigt neben der Informationstechnologie drei weitere Kernkompetenzen, die die erfolgreiche Implementierung eines CRM-Projekts voraussetzt.

  • Geschäftsprozessoptimierung: Die spezifizierte Kundenbeziehungsstrategie kann nur dann realisiert werden, wenn die kundenbezogenen (aber auch die unterstützenden, sekundären) operativen Geschäftsprozesse den Anforderungen der Kundenbeziehungsstrategie in vollem Umfang gerecht werden und in der Lage sind,
    notwendige strategische Maßnahmen im operativen Tagesgeschäft umzusetzen. Meist müssen dazu die bestehenden Geschäftsprozesse abteilungsübergreifend reorganisiert oder neue abteilungsübergreifende Geschäftsprozesse implementiert werden. Aus der intensiven Auseinandersetzung mit den Geschäftsprozessen erwächst häufig die Notwendigkeit, bislang wenig berücksichtigte organisatorische Aspekte im Unternehmen neu zu überdenken und strukturelle Änderungen mit dem Ziel einer verbesserten Kundenorientierung durchzuführen (Bruhn/Bunge 1994).

  • Informations- und Kommunikationstechnologie: Moderne Informations- und Kommunikationstechnologien stellen als „CRM-Enabler“ Werkzeuge zur Unterstützung und Optimierung kundenbezogener Geschäftsprozesse zur Verfügung und erlauben, deren Effizienz und Effektivität nachhaltig zu verbessern. Operative CRMSysteme
    unterstützen die Mitarbeiter an den Kundenkontaktpunkten bei der Abwicklung kundenbezogener Geschäftsprozesse. Die Konfiguration operativer CRM-Systeme muss deshalb auf den Ergebnissen der Geschäftsprozessoptimierung aufsetzen, wenn eine optimale Unterstützung der strategischen Ziele des CRMProzesses angestrebt wird. Analytische CRMSysteme dienen der Auswertung der in den kundenbezogenen
    Geschäftsprozessen anfallenden Daten zur Optimierung der kundenbezogenen Geschäftsprozesse. Die Konfiguration analytischer CRM-Systeme erfolgt deshalb im Regelfall aufbauend auf den operativen CRM-Systemen (zum Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im CRM siehe z.B. Hippner/ Wilde 2003).
  • Change Management: Die Durchsetzung einer neuen Kundenbeziehungsstrategie und der daraus resultierenden Veränderungen in den Geschäftsprozessen des Unternehmens erfordert neben dem Commitment der Geschäftsführung, dass die Mitarbeiter an allen Kundenkontaktpunkten dieses Projekt aktiv mittragen. Dies
    setzt voraus, dass die Mitarbeiter vom Start des CRM-Projekts an im Rahmen eines begleitenden Change Managements dazu motiviert und qualifiziert werden sowie Widerstände gezielt abgebaut werden (zum Change Management im CRM siehe Helmke et al. 2002).
  • CRM-Projektmanagement: Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, handelt es sich bei der CRM-Realisierung um einen komplexen Prozess der Organisationsentwicklung, in dessen Verlauf verschiedene Kernkompetenzen zeitpunktgenau integriert werden müssen. Die Steuerung dieses Prozesses erfordert klare Vorgaben, welche strategischen Ziele erreicht werden sollen. Da hier meist mittel- und langfristige Ziele im Vordergrund stehen, werden jedoch zur Steuerung eines CRM-Projekts zusätzlich auch Frühindikatoren benötigt, die rechtzeitig signalisieren, wenn die Erreichung der strategischen Ziele gefährdet ist, und konkrete Hinweise auf erforderliche Anpassungsmaßnahmen geben. Der Bewertung von CRM-Projekten im Rahmen eines CRM-Controllings kommt damit eine zentrale Rolle im CRM-Projektmanagement zu.

Kundenbeziehungsstrategie als Ausgangspunkt des CRM
Die Ausgestaltung der einzelnen im vorangegangenen Kapitel skizzierten Reorganisationsdimensionen hat sich strikt an den Eckpunkten einer vorher definierten Kundenbeziehungsstrategie zu orientieren. Diese bildet den zentralen Ausgangspunkt für die Wirkungskette des CRM und determiniert somit in erheblichem Maße den letztendlichen Erfolg des CRM (siehe Abb. 1).

Dem Begriff der Strategie liegt ein sehr weiter definitorischer Spielraum zugrunde, so dass auch der Begriff der CRM-Strategie relativ eng als Strategie zur Kundenbearbeitung oder aber auch eher weit als umfassende Unternehmensstrategie aufgefasst werden kann. Unabhängig von der jeweiligen Akzentuierung steht im Fokus einer jeden CRM-Strategie die Entwicklung eines Konzepts zur Ausgestaltung der Kundenbeziehungen. Diese Kundenbeziehungsstrategie umfasst im Wesentlichen die Dimensionen Kundensegmente, CRM-Prozesse sowie Interaktionskanäle zwischen Kunde und Unternehmen.

Bei der Formulierung einer CRM-Strategie werden eingangs im Rahmen von Basisstrategien die grundlegenden Eckpfeiler aufgestellt, auf welche Weise und über welche Kommunikations- und Vertriebskanälen mit den einzelnen Kunden(segmenten) umgegangen werden soll. Vor dem Hintergrund der in den vorangegangenen Kapiteln
angestellten Überlegungen muss hierbei definiert werden, wie bei wertvollen Kundengruppen ein hohes Maß an Zufriedenheit erreicht werden kann. Hierfür ist es zwingend erforderlich, die unmittelbaren Leistungen und Interaktionen zwischen Anbieter und diesen Abnehmern kundenorientiert auszugestalten. Eine derartige leistungs- und interaktionsbasierte Interpretation des Begriffs „Kundenorientierung“ verlangt nach einer hohen Qualität der unternehmerischen Leistungen und Kommunikationsfähigkeiten. So wird die Kundenorientierung des Leistungsangebots vorrangig durch eine hohe Produkt- und Servicequalität bestimmt. Ein kundenorientiertes Interaktionsverhalten definiert sich dagegen dadurch, dass die Erwartungen der Kunden im Umgang mit dem Unternehmen, z.B. bei Beschwerden oder bei Anfragen, umfassend erfüllt werden (Bruhn 1999, S. 8).

IT-Unterstützung durch CRM-Systeme

In vielen Unternehmen liegt vor der Einführung eines CRM-Konzepts im Marketing-, Vertriebs- und Service-Bereich eine IT-Landschaft vor, die durch zahlreiche Insellösungen geprägt ist. Die einzelnen, historisch gewachsenen Systeme (z.B. Computer Aided Selling, Helpdesks, Call Center, Marketing Support, Analysesysteme, Web-Anwendungen etc.) gestatten keine einheitliche Sicht auf die im Unternehmen vorhandenen Kundendaten. Dies führt zwangsweise zu inkonsistenten und somit teilweise veralteten, falschen und unvollständigen Informationen über den Kunden.

CRM-Systeme zielen auf eine Zusammenführung der einzelnen Insellösungen ab. Anwendungen aus Marketing, Vertrieb und Service, wie auch aus den Bereichen Internet, Call Center etc. werden nun in einer koordinierten Systemlandschaft vereint. Zusätzlich wird an ein CRM-System über Schnittstellen betriebswirtschaftliche Standardsoftware (ERP-Systeme, SCM-Systeme etc.) angebunden. Es liegt somit nur noch eine (logische) Kundendatenbank vor, auf die alle Unternehmensbereiche zugreifen. Dies ermöglicht eine ganzheitliche Sicht auf den einzelnen Kunden und erlaubt einen ganzheitlichen, in sich stimmigen Dialog mit ihm. Die integrative Aufgabenstellung von CRM-Systemen, das heißt

  • die Synchronisation und operative Unterstützung der zentralen Customer Touch Points Marketing, Vertrieb und Service
  • die Einbindung aller Kommunikationskanäle zwischen Kunde und Unternehmen
  • sowie die dazu erforderliche Zusammenführung und Auswertung aller Kundeninformationen bedingen eine hohe Komplexität der CRM-Systeme. Den Anforderungen entsprechend lassen sich CRM-Systeme dabei grundsätzlich in zwei zentrale Aufgabenbereiche unterteilen, die in engen Austauschbeziehungen zueinander stehen (siehe Abb. 4).

Abb. 4 zeigt die zwei zentralen Aufgabenbereiche, die in engen Austauschbeziehungen zueinander stehen.

Operatives CRM (oCRM)
Das operative CRM umfasst alle Bereiche, die im direkten Kontakt mit dem Kunden stehen (Front Office): Marketing, Vertrieb und Service. Aufgabe des CRM-Systems ist die Unterstützung der dazu korrespondierenden Prozesse (CRM-Prozesse), wofür im Rahmen der Marketing-, Sales- und Service-Automation die hierzu benötigten Funktionalitäten zur Verfügung gestellt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass sowohl alle Customer Touch Points (Außendienst, Customer Interaction Center, Filiale etc.) als auch alle Kanäle, über die die Kontakte zwischen Kunde und den Customer Touch Points abgewickelt werden, in die Prozessunterstützung eingebunden werden. Das operative CRM umfasst somit die gesamte Steuerung und Unterstützung aller Customer Touch Points und deren Synchronisation. Die Basis zur Abwicklung des operativen Tagesgeschäfts in den CRMProzessen bildet eine operative Kundendatenbank. Ergänzend können Content Management-Systeme eingesetzt werden, um neben den strukturierten Informationen einer Kundendatenbank auch unstrukturierte Informationen in Form von Text, Grafik, Audio- und Videoinformationen zu integrieren und für die Unterstützung der CRMProzesse zur Verfügung zu stellen. Um verlässliche Aussagen z.B. über Liefertermin, Verfügbarkeit etc. machen zu können, muss das operative CRM an vorhandene Back Office-Lösungen (ERP, SCM etc.) angebunden werden.

Analytisches CRM (aCRM)
Während das operative CRM auf die unmittelbare Unterstützung kundenbezogener Geschäftsprozesse (z.B. Verkaufsgespräche, Kundendienstleistungen, Bearbeitung von Kundenanfragen etc.) zugeschnitten ist, werden im analytischen CRM Kundenkontakte und Kundenreaktionen systematisch aufgezeichnet (Customer Data Warehouse) und zur kontinuierlichen Optimierung der kundenbezogenen Geschäftsprozesse ausgewertet (On-Line Analytical Processing, Data Mining). CRM wird somit zu einem lernenden System (Closed Loop Architecture), in dem Kundenreaktionen systematisch genutzt werden, um die Abstimmung von Kundenkommunikation, Produkten und Dienstleistungen auf fein differenzierte Kundenbedürfnisse kontinuierlich zu verbessern.

Autoren
Prof. Dr. Klaus Wilde ist Inhaber des Lehrstuhls für ABWL und Wirtschaftsinformatik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt
Dr. Hajo Hippner ist am Lehrstuhl als Wissenschaftlicher Assistent, Andreas Englbrecht als Wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig.