Die etablierten CRM-Anbieter bekommen Konkurrenz aus dem Open-Source-Lager.Bislang liegt bei den Geschäftsanwendungen der Anteil von Open-Source-Software noch bei zwei bis drei Prozent. Experten schätzen aber, dass dieser Anteil stark steigen wird. Auch deswegen prognostiziert das IT-Beratungsunternehmen Gartner einen verstärkten Preisdruck auf die etablierten Anbieter.
Die Open-Source-Gemeinschaft ist agil, befindet sich fast schon in einer Art intellektuellem Goldrausch und füllt den vielfach gelobten Best-of-Breed-Ansatz mit Leben. Bei diesem Ansatz kommt das jeweils beste Software-Produkt für ein bestimmtes Teilgebiet zum Einsatz. So schafft es die Open-Source-Community zunehmend, tragfähige Lösungen anzubieten.
Die Folge: Open-Source-CRM-Lösungen erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Durchaus nachvollziehbar, denn durch die Überlassung des Programmcodes können sich Anwender die Software nach ihren Anforderungen zusammenstellen, und die Lizenz- und/oder Wartungskosten von kommerziellen Anbietern liegen in der Regel niedriger als die vergleichbarer herkömmlicher Software.
50 PROZENT SPARPOTENZIAL
Der Open-Source-Experte Ralf Korb schätzt, dass Unternehmen mit Open-Source-Lösungen maximal 50 Prozent der gesamten Projektkosten sparen können. Für Korb, Research Director der Hewson Group für das deutschsprachige Europa, hat sich die freie Software zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz für die etablierten Anbieter entwickelt. Seiner Meinung nach kann sich Open-Source-Software mittlerweile durchaus mit den kommerziellen CRM-Lösungen messen. So sei zum Beispiel die Lösungsvielfalt im CRM-Umfeld gestiegen, die Lösungen bestehen auch komplexe Prüfungen und erhalten Auszeichnungen im Praxisbetrieb.
WAS IST OPEN SOURCE?
Grob gesprochen versteht man unter Open-Source-Software eine Software, die jedermann frei nutzen und weiterverbreiten darf. Der Quellcode – der Bauplan solcher Software wird mit einer entsprechenden Open-Source-Lizenz veröffentlicht. Das bedeutet, dass der bislang geschlossene Quellcode eines Programms für den Anwender zugänglich ist. Die Funktionen eines Programms lassen sich somit nachvollziehen und prüfen. Doch Experte Korb rät Unternehmen davon ab, sich selbst an den Quellcode zu wagen, und empfiehlt, auf deutsche Dienstleister zu setzen – auch für das Customizing oder kleine Anpassungen.
Das Lizenzmodell „GNU General Public Licence“ geht noch einen Schritt weiter: Open-Source-Software die nach diesem Muster vertrieben wird, erlaubt den Nutzern, die Software für jeden Zweck einzusetzen, die Software zu untersuchen, die Software an eigene Produkte anzupassen, die Software beliebig oft zu kopieren und weiterzureichen sowie die Software zu erweitern, zu verbessern und zu modifizieren. So arbeitet die Community kontinuierlich an Verbesserungen – man könnte sagen, dass Open-Source-Software einer ständigen Qualitätskontrolle unterliegt. Aus Programmierersicht ist Open-Source- Softwareentwicklung ein evolutionärer Prozess – es gibt immer Möglichkeiten, weiter an der Software zu feilen.
Open-Source-CRM-Software ist nicht zwangsläufig auf ein Betreibermodell festgelegt. Es gibt serverbasierte Lösungen, die inhouse genutzt werden können: Dabei ist der Server Eigentum des Unternehmens und wird auch vom Unternehmen betreut und gewartet. Daneben gibt es serverbasierte Lösungen, bei denen die Server in einem fremden Rechenzentrum stehen und dort auch betreut werden. Oder ASP (Application Service Provider)-Lösungen. Hier betreibt ein Rechenzentrum eine Plattform, auf der die Unternehmensdaten geschützt zusammen mit Daten anderer Unternehmen gespeichert werden.
Jeder dieser Lösungsansätze besitzt seine Vor- und Nachteile und eignet sich je nach Einsatzgebiet besser oder schlechter. Für den Einstieg in das Thema CRM oder auch Open Source bietet sich jedoch eine gehostete Lösung an, die das Investitionsrisiko minimiert.
IM PRAXISEINSATZ
Im täglichen Gebrauch lässt sich kein Unterschied feststellen, ob mit einer offenen oder geschlossenen Software gearbeitet wird. Deshalb sollten bei der Software-Auswahl auch Open-Source-Lösungen mit einbezogen werden.“Auf die Dienstleister in diesem Bereich ist Verlass“, attestiert Korb den Dienstleistern gute Arbeit: „Keine Unterschiede sind auch bei der Implementierung festzustellen, denn“, so Korb, „das ist eine menschliche Komponente.“ Grundsätzlich ist für den Projekterfolg entscheidend, dass die Mitarbeiter früh mit einbezogen werden und das Projekt gut geplant wird.
CHECKLISTE
Hansjörg Schmidt, Marketingleiter Wice GmbH, definiert die Fragen, die sich ein Unternehmen stellen muss, das sich für Opern Source entscheiden möchte:
- Haben die Produkte ihre Praxistauglichkeit bewiesen?
- Stehen hinter ihnen genügend Entwickler
- Wie sieht es mit der professionellen Unterstützung bei der CRM-Einführung aus?
- CRM ist primär kein Softwarethema. Also benötigt man neben der Software auch gute Berater, die bei einem CRM- Vorhaben unterstützen. Kann dieser Prozess aus einer Hand geliefert werden?
- Welchen Support kann ein Anwender erwarten?
Dr.Bernd Drescher setzt auf Open-Source-CRM. Er ist CIO bei RZPD, dem deutschen Ressourcenzentrum für Genomforschung in Berlin. Derzeit nutzen 120 Anwender das Wice-System, das bei RZPD seit zwei Jahren im Einsatz ist. Es laufen mehrere Applikationen, zum Beispiel Kontaktdatenmanagement.
Ein wesentlicher Vorteil der Open-Source-Software liegt dabei für Drescher in der risikolosen Testmöglichkeit der Software.“Man muss die Programme nicht ändern und sieht erst einmal, wie alles zusammen funktioniert“, erklärt Drescher. Durch den Einblick in den Quellcode lässt sich zu dem die Qualität des Programms beurteilen. Das bringt eine große Transparenz mit sich und schafft die Möglichkeit, dass Programm selbst zu ändern oder zu adaptieren.
RZPD entschied sich, alle Anpassungen intern durch eigene Programmierer vorzunehmen. Oft handelte es sich um ganz kleine Anpassungen, die sich schnell umsetzen ließen. Open-Source bietet dadurch – bei eigenen Entwicklern im Unternehmen einen wirklichen Bonus.“Open Source an sich ist kein Qualitätsmerkmal“, resümiert Drescher, „aber auf jeden Fall kann man sagen, dass Open-Source-CRM den Großen nicht hinterherhinkt.“
Durch die Möglichkeit, eigene Anpassungen vorzunehmen oder durch Dienstleister vornehmen zu lassen, sind die Kunden nicht an die Produktzyklen und Entwicklungsrichtungen eines Software-Herstellers gebunden. Das führt zur „Demokratisie rung“ des Kunde-Hersteller-Verhältnisses. Denn zu einem erheblichen Teil entscheiden die Anwender dadurch, in welche Richtung sich der Dienstleister entwickelt.
Von Kirsten Kücherer
Links:
Die Anlaufstelle, wenn es um Open Source geht:
www.sourceforge.net
Competence Center zum Thema Open Source mit Expertenbeiträgen, Disussionsforen et cetera:
www.competence-site.de/open-source