Es trifft nicht nur den stationären Einzelhandel: Auch ein Großteil der Online-Händler leidet massiv unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Insgesamt lagen die E-Commerce-Umsätze im März um fast 20 Prozent unter dem Vorjahresniveau, wie der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) in dieser Woche mitteilte. „E-Commerce ist heute ein normaler Einkaufskanal. Deshalb wirkt sich solch eine Krise in der Konsumstimmung voll auf unsere Branche aus“, sagte der bevh-Präsident Gero Furchheim. Die Behauptung, der Online-Handel werde pauschal als Gewinner aus der Corona-Pandemie hervorgehen, sei „schlicht falsch“.
Im Bekleidungssegment brachen die Umsätze um mehr als 35 Prozent ein, bei Unterhaltungselektronik lag das Minus bei über 20 Prozent. Computer und Zubehör verzeichneten trotz der Ausgaben für Homeoffice-Lösungen einen Rückgang von gut 22 Prozent. Dramatische Verluste erlitten die Dienstleistungen im E-Commerce, die insbesondere von Online-Buchungen für Reisen, Veranstaltungen oder Flugtickets geprägt sind. Sie stürzten im März um mehr als 75 Prozent gegenüber dem Vorjahr ab. Dagegen stieg die Nachfrage nach Medikamenten im Internet im März um mehr als 88 Prozent und die Bestellungen von Lebensmitteln erhöhten sich um gut 55 Prozent. Bei Drogeriewaren lag das Plus bei knapp 30 Prozent. Auch Do-it-Yourself- beziehungsweise Baumarktsortimente verzeichneten Zuwächse.
Toilettenpapier-Absatz bricht ein
Der Verkauf von Toilettenpapier ist in der vergangenen Woche drastisch zurückgegangen. Erstmals seit Beginn der Corona-Krise habe er unter dem Durchschnittswert der vorausgegangenen sechs Monate gelegen, teilte das Statistische Bundesamt in dieser Woche mit. Es sei fast ein Drittel weniger Toilettenpapier verkauft worden als normal. Zum Vergleich: In der Woche davor lag die Verkaufsmenge noch rund 50 Prozent über dem Sechs-Monats-Durchschnitt. Die Statistiker räumen allerdings ein, dass Schwankungen wie diese auch „auf ein kurzfristig fehlendes Angebot in einem Warensegment zurückzuführen sein“ könnten.
Insgesamt seien die Verkaufszahlen der in der Sonderauswertung zur Corona-Krise untersuchten Lebensmittel und Hygieneartikel in der letzten Märzwoche im Vergleich zum Käuferansturm in den ersten Märzwochen größtenteils rückläufig gewesen, so die Statistiker. So lagen die verkauften Mengen bei Nudeln nur noch zwei Prozent und bei Reis noch zwölf Prozent über dem Durchschnittswert der vergangenen sechs Monate. Bei einigen Produkten blieb die Nachfrage allerdings hoch. Seife wurde weiterhin mehr als doppelt so häufig gekauft wie sonst. Allerdings war die Nachfrage hier Anfang März zeitweise sogar vier Mal so hoch wie normal gewesen. Bei Desinfektionsmitteln stieg der Absatz in der vergangenen Woche gegen den Trend wieder an – auf mehr als das Dreifache des normalen Volumens.
Corona könnte Konsumverhalten langfristig ändern
Mehr als ein Viertel der Menschen in Deutschland rechnet einer Umfrage zufolge mit langfristigen Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf ihr Konsumverhalten. Wäre die Krise in drei Monaten unter Kontrolle, würden 28 Prozent der Befragten anschließend dennoch weniger Geld ausgeben, wie aus einer repräsentativen Verbraucherumfrage der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) hervorgeht. Die gleiche Anzahl rechnet zudem damit, dass sich ihr Kaufverhalten nach frühestens einem Jahr normalisiert, wenn nicht sogar gänzlich ändert. Ein Drittel der Befragten kann sich vorstellen, nach ein paar Monaten wieder das Kaufverhalten von vor der Krise zu haben. „Dadurch, dass eine Mehrheit der Befragten eine Normalisierung der Konsumausgaben, wenn überhaupt, erst nach ein paar Monaten erwartet, zeigt sich, dass eine große Unsicherheit hinsichtlich der finanziellen Folgen von Covid-19 für die Haushaltskasse besteht“, bilanzierte Jessica Distler von BCG.
Ostern wird dieses Jahr nicht so üppig gefeiert
Ostern wird dieses Jahr von vielen Bundesbürgern angesichts der Corona-Pandemie nicht so üppig gefeiert wie sonst. Rund zwei Drittel der Verbraucher, die Ostern feiern wollen, planen dafür in diesem Jahr geringere Ausgaben als noch 2019, wie eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsunternehmens Nielsen ergab. Vor allem bei Schokohasen und Ostereiern, aber auch bei der Osterdekoration wollen die Verbraucher demnach sparen. Gerade einmal zwei Prozent der Befragten kündigten an, in diesem Jahr mehr für Ostern ausgeben zu wollen als sonst.
Die Bereitschaft, Ostern den Gürtel etwas enger zu schnallen, zeigte sich schon in den vergangenen Wochen. Der Internationale Süßwarenhandelsverband Sweets Global Network berichtete erst vor wenigen Tagen über einen schleppenden Abverkauf der süßen Ostersortimente. Dabei zählt die Ostersaison eigentlich zu den Umsatzsäulen der Süßwarenbranche. Der Umsatz mit Osterprodukten liegt im Normalfall jährlich bei rund 400 Millionen Euro.
Start-ups stehen vor Existenzkrise
Nach Rekordjahren mit üppigen Finanzierungen könnte die Corona-Krise laut einer Studie viele Start-ups in ihrer Existenz bedrohen. Investoren dürften bei der Finanzierung junger Firmen genauer hinschauen und Einnahmen bei Gründern wegbrechen, heißt es in einer Analyse der Beratungsgesellschaft EY. „2019 dürfte vorerst das letzte Rekordjahr für das europäische Start-up-Ökosystem gewesen sein“, sagte Hubert Barth, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung Deutschland. Die Pandemie werde zu deutlich weniger Investitionen und massiven Umsatzausfällen führen. Die Krise sei eine „existenzielle Herausforderung“. Start-ups schreiben in der Regel noch keine Gewinne und sind daher auf Kapital von Investoren angewiesen. Viele Gründer bringen Privatvermögen in die Firmen ein und haben nur wenige Rücklagen – was sie nun anfällig in der Krise macht. Die Hoffnungen ruhen auf dem Zwei-Milliarden-Euro-Schutzschirm der Bundesregierung für Start-ups.
Vergangenes Jahr hatten Start-ups in Deutschland und dem übrigen Europa Rekordgelder von Investoren eingeworben und einige große Deals abgeschlossen. Die Investitionen von Fonds und Konzernen in Wachstumsfirmen kletterten um 46 Prozent auf 31,1 Milliarden Euro. Start-ups aus Großbritannien bauten ihren Vorsprung aus auf 11,1 Milliarden Euro. Deutsche Start-ups bekamen 6,1 Milliarden Euro, 32 Prozent mehr als 2018; sie lagen vor solchen aus Frankreich (5,0 Milliarden Euro). Beim eingeworbenen Geld lagen Gründer aus London vorn gefolgt von Berlin, das Paris wieder knapp auf Platz drei verwies.
Industrie erwartet drastischen Produktionseinbruch
Die deutsche Industrie erwartet laut einer Umfrage des Ifo-Instituts wegen der Corona-Krise in den kommenden drei Monaten einen massiven Rückgang der Produktion. Wie das Forschungsinstitut in dieser Woche mitteilte, sackte der Index der Produktionserwartungen im März um 22,8 Punkte auf minus 20,8 Punkte ab. Dies signalisiert eine Schrumpfung der Produktion und ist der schärfste Einbruch seit Beginn der Umfrage im Jahr 1991. Selbst in der Weltfinanzkrise habe der Index im November 2008 nur um 13,3 Punkte nachgegeben, hieß es weiter. Nach Ansicht der Wirtschaftsforscher könnte die tatsächliche Produktion der nächsten Monate noch stärker einbrechen, als der Index-Wert erwarten lasse. „Vermutlich ist die Entwicklung noch unterzeichnet, weil die meisten Antworten bis Mitte des Monats März eingingen“, sagt der Leiter der Befragungen, Klaus Wohlrabe.
Den Umfrageergebnissen zufolge bekamen alle Branchen die Folgen der Corona-Krise zu spüren. Die Autobauer blickten aber besonders pessimistisch in die Zukunft. Gleiches gilt für die Gummi- und Kunststoffindustrie, sowie den Maschinenbau. Die Unternehmen sind in der Corona-Krise gleichermaßen von einem starken Nachfrageausfall und der Störung der weltweiten Lieferketten betroffen. Lichtblicke gebe es in der Chemie-Branche, die sich laut Wohlrabe weniger von den Folgen der Corona-Epidemie betroffen sieht. In der Lebensmittel- und Getränkeindustrie habe sich der Index – trotz leichter Rückgänge – sogar noch im positiven Bereich halten können.
Corona-Krise sorgt für Pleitewelle
Als Folge der Corona-Krise ist laut einer Studie des Kreditversicherers Coface mit einem starken Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland zu rechnen. Für 2020 gehen die Autoren von einem Zuwachs der Unternehmensinsolvenzen um elf Prozent aus. Im Januar waren die Fachleute nur von einem Anstieg um zwei Prozent ausgegangen. Im internationalen Vergleich dürften sich die Firmenpleiten in Deutschland aber noch eher in Grenzen halten. Weltweit geht der Kreditversicherer von einem Anstieg der Firmenpleiten um 25 Prozent aus. Die stärkste Zunahme erwartet Coface in den USA. Hier dürfte die Zahl der Insolvenzen im laufenden Jahr um 39 Prozent steigen. Auch in Großbritannien wird ein vergleichsweise starker Zuwachs um ein Drittel erwartet. Überdurchschnittlich stark dürften sich die Folgen der Corona-Krise auch in den Schwellenländern niederschlagen. „Dort wird zusätzlich zum Einbruch des Handels der derzeit stetig sinkende Ölpreis zum Problem“, hieß es in der Studie. Die Coface-Experten verwiesen auf den Kapitalabfluss aus Schwellenländern, der sich zuletzt deutlich verstärkt habe.
mit Material von der dpa