Bosch hat ein Marketingproblem. Der schwäbische Technologie-Konzern arbeitet als Zulieferer für diverse Industrien, gilt aber, abgesehen vielleicht von der Werkzeugsparte, in den Augen der Endkunden als konservativ, bodenständig aber nicht unbedingt innovativ. Da kommt die Idee des Content Marketing gerade recht. Auf diesem Weg kann Bosch Kontakte zu Endkunden herstellen, ohne den Handel oder die Hersteller der Endprodukte zu kompromittieren. Doch schon kommt das nächste Problem um die Ecke: Wie erzählt ein Unternehmen mit Tausenden Standorten weltweit eine konsistente Geschichte?
Genau darum kümmert sich Katharina Sorg, Corporate Communications bei Bosch. Sie verantwortet vor allem die Social Media-Aktivitäten des Unternehmens. Auf der Content Marketing Conference, die in dieser Woche in Köln stattfindet, stellt Sorg die Strategie dahinter vor und spricht über dezentral gesteuertes Content Marketing. absatzwirtschaft hat sie vorab zum Interview getroffen.
Frau Sorg, der erste Teil Ihres Vortragstitels auf der CMC lautet: „Vom Storytelling zum Storydoing“. Was genau meinen Sie damit?
Storytelling ist der zentrale Ansatz, den wir bei Bosch in der Digitalen Kommunikation verfolgen. Gute Geschichten hören wir alle gerne, sehr gute Geschichten erzählen wir auch weiter. Dabei ist in unseren Geschichten nicht Bosch der „Hero“, sondern der Buddy. Wir stellen stets jene Menschen in den Mittelpunkt, denen unsere Produkte in ihrem Leben helfen. Vom Schulbusfahrer in Schweden, der dank ESP sicherer unterwegs ist, bis zur Köchin in Indonesien, die dank guter Verpackungen bessere Lebensmittel erhält. Dabei werden auch unsere Nutzer zu Storytellern. Nehmen sie die #lovemyfridge – Kampagne: Nutzer aus aller Welt haben uns erzählt, warum sie ihren Kühlschrank lieben. Das Teilen von Fotos, Tweets oder Posts mit ihrer Liebeserklärung macht die Geschichte interaktiv und unsere Nutzer werden von Zuhörern zu Hauptdarstellern. Wir laden sie ein, uns ihre Geschichte zu erzählen. Kommt zum Storytelling noch eine gemeinsame Experience hinzu, wie bei der Bosch World Experience, sprechen wir vom Storydoing.
Die Bosch World Experience verbindet unterschiedliche Regionen im Bosch Imperium, bleibt aber inhaltlich sehr difus, weil verschiedene Technologien berührt werden. Was ist das Ziel eines solchen Ansatzes?
Das Ziel war es, genau diese Vielfalt zu zeigen. Bosch ist in sehr vielen Bereichen tätig, viele verbinden Bosch oft aber vor allem mit Kühlschränken oder Bohrmaschinen. Kaum einer weiß, dass Bosch Technologie die Tower Bridge mehrmals täglich öffnet, wir am automatisierten Fahren arbeiten und unsere Sicherheitstechnik in Shanghai im World Financial Center zum Einsatz kommt. Bosch als das weltweite tätige Technikunternehmen zu zeigen, und die Technik live erlebbar zu machen, das ist mit der Bosch World Experience gelungen.
Spielte bei der Auswahl der Kandidaten auch deren soziale Reichweite eine Rolle?
Bei der Auswahl der Kandidaten spielten verschiedenste Faktoren eine Rolle. Zum Einen sollte ein Team gefunden werden, das möglichst international ist. Die Teilnehmer kamen daher aus China, Brasilien, Malaysia, Deutschland, den Niederlanden und den USA. Sie sollten natürlich in den sozialen Medien aktiv sein, sie nutzen, sich damit auskennen und neugierig sein. Das war eine Grundvoraussetzung. Die Reichweiten spielten dabei nicht die entscheidende Rolle, sie varierten daher auch von Teilnehmer zu Teilnehmer.
Von der CES in Las Vegas gibt es eine Reihe von Videos zu einzelnen technischen Innovationen, zum Beispiel zu Ebikes. Kann man mit 1700 Views zufrieden sein?
Wir betrachten unsere Kommunikation immer im Gesamten. Zur CES gab es zahlreiche kommunikative Aktivitäten, ein Video zu einer technischen Innovation im Zuge der Live-Berichterstattung aus Las Vegas ist dabei nur ein Teil der Content Strategie. Unser Ziel bei der Live-Coverage war dabei nicht Reichweite sondern Engagement. Das haben wir mit 270.000 Interaktionen – in Form von Shares, „Gefällt mir“-Angaben und Kommentaren – während der zwei Wochen der Lieve-Brichterstattung auf unseren Bosch Global Kanälen auch erreicht. In einer vernetzten Kommunikationsarchitektur entwickeln einzelne Teile so ihre Stärke und zahlen auf das Gesamtziel ein. Unser zentrales Kampagnenvideo wurde beispielsweise mehr als 270.000 Mal angeschaut.
Wo liegt die zentrale Problematik bei der Steuerung und Koordination von Content Marketing in einem weltweit dezentralen Unternehmen wie Bosch?
Wir haben inzwischen mehr als 350 Social Media-Kanäle weltweit und mehr als 500 Websites. Die Herausforderung ist es, die vielen unterschiedlichen Stimmen zu orchestrieren und mit einer übergeordneten Stimme zu sprechen – wenn auch in unterschiedlichen Sprachen. Das verbindende Element über die Kanäle hinweg ist unser Storytelling-Ansatz. Gleichzeitig betreiben wir eine Content Sharing-Community, in der Themen veröffentlicht und den Channel Ownern zur Verfügung gestellt werden. Natürlich haben wir in den vergangenen Jahren Guidelines erarbeitet, die unter anderem festlegen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um in einem Land einen Bosch-Facebook-Kanal zu eröffnen und auf unseren Websites können wir Geschichten inzwischen in kürzester Zeit internationalisieren, dank einheitlicher Templates – um nur zwei Beispiele zu nennen.
Herr Schmidtke, Leiter Digital und Social Media bei Bosch, freute sich in einem Interview über die vielen interdisziplinären Verbindungen. Kann man daran überhaupt KPIs anlegen?
Wir haben ein großes Interesse daran, unsere Zielgruppen und Kunden entlang ihrer Customer Journey mit unseren Botschaften zu erreichen. Auch unser Reporting und Tracking richtet sich an dieser Zielsetzung aus. Wir haben eine Liste an KPI’s aufgestellt, anhand derer wir eine Vergleichbarkeit von Erfolgskennzahlen über alle Kanäle – Social, Web und App – hinweg verfolgen. Zentral für die übergreifenden KPIs ist die Reichweite und das Engagement von bestimmten Cinhalten und Themen. Wir messen dabei, wie Inhalte zu einem bestimmten Thema bei der Zielgruppe ankommt.
Wie stehen Sie zum Thema Native Advertising und was halten Sie für die wichtigste kommende Aufgabe?
Wir wollen unseren Zielgruppen interessanten, unterhaltsamen und relevanten Inhalt anbieten. Native Advertising kann dazu eine gute Möglichkeit sein. Wir wollen den Empfänger unserer Botschaften dabei aber nicht täuschen, sondern haben großes Interesse an Transparenz. Demnach ist eine klare Kennzeichnung von Native Ads als solche für uns selbstverständlich .