Warum haben Sie Ihre Blog Mobile Geeks aufgegeben?
Ich finde zuerst einmal, dass ich Mobile Geeks nicht aufgegeben habe. Mit meiner Anstellung bei Daimler habe ich eine neue und spannende Aufgabe erhalten. Eine Herausforderung in einem neuen Umfeld. Nach 15 Jahren als freier Techpublisher gab es für mich nur noch zwei Variablen, die ich hätte optimieren können: Reichweite und Umsatz/Gewinn. Alles andere war ausgereizt. Mobile Geeks hat es so ziemlich in alle relevanten Medien weltweit geschafft und gezeigt, dass man auch mit einem deutschen Techblog international erfolgreich sein kann. Ich brauchte ein neues Abenteuer, und da ich seit frühester Kindheit Fan der diversen Daimler-Marken bin, ist da für mich ein Traum in Erfüllung gegangen.
Was reizt Sie – als bekennender Unterhaltungselektronik-Fan – daran, für einen Autokonzern zu arbeiten?
Ich bin aber vor allen Dingen auch Fan von allen Plattformen, die mindestens zwei Räder haben. In diesem Mai jährt sich zum 40. mal mein erster Besuch des legendären 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring. Mein Patenonkel fuhr früher Langstreckenpokal und ich bin somit schon früh mit dem Rennsport-Virus infiziert worden.
Nun schließt sich für mich der Kreis, denn die Automobilindustrie hat sich thematisch auch in Richtung meiner beruflichen Ausrichtung entwickelt. Keine Branche ist für mich zur Zeit so spannend, wie die der Mobilitäs-Plattformen und Services. Dann auch noch die Möglichkeit zu haben den Erfinder des Automobils auf diesem Wege zu begleiten, ja die Transformation aktiv mitgestalten zu dürfen… das ist nicht nur eine riesige Ehre für mich, sondern ein Lifestyle. Ich arbeite nicht, ich lebe diese Aufgaben und das rund um die Uhr.
In dem Blog von Daimler heißt es, dass Daimler Abstand von Advertorials und Content Marketing nehmen will; stattdessen möchte der Konzern lieber auf eigene Medien setzen. Warum?
Zuerst einmal möchte ich vorab sagen, dass ich natürlich nur für den Bereich der Unternehmenskommunikation sprechen kann und hier wollen wir unsere eigenen Plattformen und Angebote stärken. Das heißt aber nicht, dass wir dann bei anderen Distributionskanälen und Formaten Einsparungen vornehmen. Wir haben hier eine ganzheitliche Strategie, die einen breiten Medien/Kanal´-Mix vorsieht. Aber wir dürfen die Dynamik des Marktes nicht unterschätzen. Wer seine Aktivitäten auf Social Media-Kanäle fokussiert, der ist auch den Veränderungen dieses Marktes schutzlos ausgeliefert. Wer garantiert uns denn, dass Facebook in einem Jahr nicht seinen Algorithmus ändert und die Preise für Sponsored Posts anzieht?
Die eigenen Plattformen haben wir hingegen unter unserer Kontrolle und vor allen Dingen können wir diese ganz anders gestalten und final auch auswerten. Owned Media wird sowohl im Marketing, wie auch in der Unternehmenskommunikation eine immer wichtige Rolle einnehmen.
Der Kurs, den Daimler einschlägt, passt zu Ihrer Aussage, die sie während der Online Marketing Rockstars Konferenz gegenüber nextMedia.Hamburg machten, nämlich, dass Content Marketing zu 99 Prozent alter Wein in neuen Schläuchen“ sei. Warum sind Sie davon überzeugt? Und was genau bedeutet Content Marketing – sofern es das überhaupt gibt – für Sie?
Wir erleben diesen Trend ja schon seit Jahrzehnten. Alle zwei, drei Jahre wird ein neues Buzzword durch die Welt der Kommunikation geschossen, welches letztendlich nur alte, seit Jahren angewandte Prozesse neu auflegt. Ich nenne es mal Agentur- und Berater-Remix. Content-Marketing gibt es im Prinzip schon seit der 1. Ausgabe von „The Furrow“, einem John Deere Kundenmagazin aus dem Jahre 1895. Oder war vielleicht der 1900 erschienene Michelin Guide das erste Content-Marketing Erzeugnis?
Wir sollten endlich aufhören uns über Begrifflichkeiten zu unterhalten und lieber durch Inhalte auffallen. Content-Marketing ist vor allen Dingen eine Kommunikationsform und das heißt auch, dass man nicht nur stumpf in eine Richtung sendet, sondern in eine Diskussion einsteigt. Ich möchte beim Daimler diskutieren und dabei mit unseren Marken wichtige Themen für die Zukunft besetzen. Klassische und spitze Produktpitches wird man da eher weniger finden.
Setzen alle Marketer, die auf Content Marketing setzen, aufs falsche Pferd? Wie sieht eine zukunftsfähige Kommunikationsstrategie für Marken aus?
Heute ist es Content-Marketing, dann finden wir ja auch seit ein paar Tagen Influencer-Marketing ganz spannend, letztendlich zählen, wie gesagt, die Inhalte. Content is King! Aaaaaaber…. Distribution is God Almighty! Wer unflexibel nur auf ein Pferd setzt, der könnte einige interessante Überraschungen erleben.
Social Media sehe ich als Satellit für die Homepage bzw. die hauseigenen Plattformen an. Ebenso können dies Advertorials und Native Ads sein.
Was erwartet uns künftig aus Ihrem Content-Team bei Daimler, das aus Bloggern und Journalisten zusammengesetzt ist? Welche Strategie haben Sie für Daimler im Gepäck?
Ich glaube, dass es verständlich ist, wenn ich hier nicht zu sehr ins Detail gehen werde. Aber eines kann ich gerne loswerden. Wir wollen schneller werden, wobei ich dennoch eine nahezu entschleunigte, langfristige Roadmap anstrebe. Was vermeintlich erstmal paradox klingt, ist wichtig für die langfristige Besetzung von Themen. Technologische Entwicklungen der nächsten 2-5 Jahre sind mir ja, auch aufgrund meines Backgrounds, alles andere als fremd. Und hier schaffen wir bei Daimler zusammen Schnittmengen und übergeordnete Kategorien, die ich über Jahre hinweg beackern möchte.
Die Veränderungen in der Automobilbranche, die Trends hin zu Mobilitätsservices. Bei diesen Entwicklungen handelt es sich um keinen 100 Meter Lauf. Wir befinden uns an der Startlinie zu einem Ultra-Marathon und den gewinnt man nicht, wenn man schon beim Aufwärmen jubelt.
Ball flach halten, den Markt beobachten, flexibel sein, Themen besetzen und einen langen Atem beweisen. Ich bin da trotz aller Leidenschaft sehr pragmatisch und rational unterwegs.
Und noch mal ganz nebenbei: Stimmt es, dass Sie sich einen RFID-Chip in die Hand haben setzen lassen? Falls ja, warum und was können Sie mit dem Chip alles anstellen?
Ja, seit etwas mehr als einem Jahr habe ich in der linken Hand einen entsprechenden Chip, mit dem ich u.a. die Wohnungstür zu meinem Apartment in Taiwan öffnen kann. Im Moment ist dort aber meine Visitenkarte digital gespeichert. Ich vergesse die nämlich sonst immer ganz gerne.