„Content braucht emotionale Tiefe und Empathie“

Künstliche Intelligenz ist das beherrschende Thema im Marketing. Josephine Wick Frona, Head of Marketing DACH bei HubSpot, spricht im Interview darüber, wie KI das Content Marketing verändert.
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"Ich bin nicht der Meinung, dass KI Arbeitsplätze gefährdet", sagt Joesphine Wick Frona. (© HubSpot)

Was sind die neuesten Entwicklungen im Marketing? Diese Frage wurde auf der diesjährigen Inbound 2024 in Boston thematisiert. Die Konferenz von HubSpot, die sich seit ihrer Gründung zu einem wichtigen Treffpunkt für Fachleute aus Vertrieb, Marketing und Technologie entwickelt hat, bot Raum für Diskussionen über Künstliche Intelligenz und ihre wachsende Bedeutung in der Geschäftswelt.

Wir sprachen im Rahmen der Inbound mit Josephine Wick Frona, Head of Marketing and Brand DACH von HubSpot.

Frau Wick Frona, HubSpot hat gerade sein neues KI-Tool „Breeze“ präsentiert, mit dem Marketing- und Vertriebsteams durch Automatisierung weiter unterstützt werden sollen. Sind durch KI Arbeitsstellen in Gefahr?

Ich bin nicht der Meinung, dass KI Arbeitsplätze gefährdet, zumindest nicht in der nahen Zukunft. Was sich jedoch ändern wird, ist das Skillset, das von Marketingfachleuten erwartet wird. KI-Nutzung ist eine Fähigkeit, die zukünftig gefragt sein wird. Wir bei HubSpot denken bereits darüber nach, wie wir KI-Kenntnisse in unseren Einstellungsprozessen berücksichtigen können. Der Umgang mit KI wird ein neues Kompetenzfeld, das Marketer beherrschen müssen.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Ein gutes Beispiel hierfür ist unser Content Hub, der viele zeitaufwendige Aufgaben automatisiert. Früher mussten wir manuell Blogposts erstellen, Social-Media-Posts verfassen und Videos produzieren. Jetzt können wir diese Prozesse durch KI effizienter gestalten. Aber das bedeutet nicht, dass wir fünfmal so viel Output erwarten. Stattdessen können wir die Qualität unserer Inhalte verbessern und uns mehr auf kreative Aspekte konzentrieren. KI entlastet uns von den repetitiven Aufgaben und gibt uns mehr Raum für Kreativität.

Dennoch bleibt die Frage, ob Content in Zukunft überwiegend von Algorithmen generiert wird. Wird KI menschliche Kreativität im Content Marketing ersetzen?

Ich glaube nicht, dass KI die menschliche Komponente vollständig ersetzen kann. Content, der wirklich bei den Menschen ankommt, braucht emotionale Tiefe und Empathie – das kann eine Maschine nicht leisten. KI kann jedoch dabei helfen, Ideen schneller zu entwickeln und Impulse zu liefern. Tatsächlich kann KI sogar humorvoll sein. Trotzdem bleibt es wichtig, dass Menschen bei der finalen Ausgestaltung des Contents involviert sind, besonders wenn es um High-Value-Content wie Blogs und Whitepaper geht. Wir bei HubSpot haben klare Guidelines: Während KI interne Prozesse unterstützen darf, veröffentlichen wir keine externen Inhalte, die vollständig von einer Maschine erstellt wurden.

Wie stellt HubSpot sicher, dass diese Richtlinien eingehalten werden?

Bei uns gibt es interne Guidelines, an die sich alle halten müssen, wenn es um den Einsatz von KI geht. Diese Guidelines sind allerdings flexibel gestaltet, da sich die Technologie und ihre Anwendungsmöglichkeiten kontinuierlich weiterentwickeln. Eine große Herausforderung, die viele Unternehmen haben, ist, dass sie KI einsetzen wollen, aber oft unsicher sind, wie sie dies korrekt tun können. Wir unterstützen unsere Kunden, indem wir ihnen nicht nur Tools bereitstellen, sondern auch klare Rahmenbedingungen und Richtlinien aufzeigen, damit sie KI effizient und ethisch korrekt einsetzen können.

Wie genau beeinflusst KI Ihre Inbound-Marketing-Strategien und das Geschäftsmodell von HubSpot?

Inbound-Marketing basiert auf der Philosophie, dass Kunden von sich aus zu uns kommen, weil sie ein Problem haben und nach Lösungen suchen. Das geschieht meist über Google und Content, der für Suchmaschinen optimiert ist. Doch wir stehen nun vor einer großen Veränderung: Google beantwortet zunehmend Fragen direkt, ohne dass Nutzerinnen und Nutzer auf unsere Website klicken müssen. Bis 2026 könnte der Search-Traffic um bis zu 25 Prozent einbrechen. Das stellt natürlich eine Herausforderung für Unternehmen dar, die stark auf SEO setzen.

Was bedeutet das für KMUs?

KMUs müssen ihre Content-Strategie diversifizieren. Es reicht nicht mehr, nur einen Blog zu betreiben. Man muss auf verschiedenen Plattformen präsent sein, in Video-Content investieren und sogar wieder verstärkt auf Offline-Events setzen. Social Media bleibt wichtig, aber auch hier muss man sich anpassen, da Plattformen Inhalte, die externe Links enthalten, weniger belohnen.

HubSpot setzt stark auf die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb. Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Implementierung von Smarketing, besonders in KMUs mit begrenzten Ressourcen?

Die größte Herausforderung liegt oft darin, dass Marketing und Vertrieb unterschiedliche Ziele haben und nicht immer klar miteinander kommunizieren. Bei HubSpot haben wir das Problem gelöst, indem beide Teams gemeinsame KPIs haben. Marketing wird bei uns nicht nur an Leads gemessen, sondern auch an Deals und Pipeline-Zielen, was uns zwingt, qualitativ hochwertige Leads zu generieren. Für KMUs bieten wir Tools, die es Vertrieb und Marketing ermöglichen, auf derselben Datenbasis zu arbeiten. So kann der Vertrieb genau nachvollziehen, welche Inhalte die potenzielle Kundschaft konsumiert hat, bevor es zu einem Verkaufsgespräch kommt.

Welche Rolle spielen Daten dabei?

Daten sind das Herzstück unserer Arbeit. Durch die Integration unserer CRM- und Marketing-Tools können wir verfolgen, wie ein Lead zu uns gekommen ist, welche Inhalte er konsumiert hat und wie hoch die Kaufwahrscheinlichkeit ist. Diese Informationen werden in Echtzeit zwischen Marketing und Vertrieb geteilt, sodass der Vertrieb optimal vorbereitet in Gespräche gehen kann. Diese Art der datengetriebenen Zusammenarbeit führt zu besseren Ergebnissen und einer nahtlosen Customer Journey.

Marketing in der DACH-Region ist oft von strengen Datenschutzbestimmungen geprägt. Wie stellt HubSpot sicher, dass Sie die hohen Anforderungen in Bezug auf DSGVO und Compliance erfüllen?

Datenschutz ist für uns ein absoluter Fokus, besonders in der DACH-Region. Obwohl wir ein US-amerikanisches Unternehmen sind, stellen wir sicher, dass alle Daten, die wir verarbeiten, den strengen europäischen Datenschutzbestimmungen entsprechen. Unsere Kunden können ihre Daten in Deutschland speichern, und wir gehen mit keinem Produkt auf den Markt, von dem wir nicht sicher sind, dass es zu 100 Prozent DSGVO-konform ist. Wir arbeiten eng mit Datenschutzexperten zusammen, um sicherzustellen, dass wir und unsere Kunden in allen Märkten compliant sind.

Als Führungskraft im Marketing und Trägerin des Titels „Marketing Talent“: Welche Veränderungen im Marketing haben Sie in den letzten Jahren erlebt und welche Herausforderungen sehen Sie aktuell?

Das Marketing hat sich in den letzten Jahren enorm verändert, vor allem durch die zunehmende Abhängigkeit von großen Plattformen wie Google und Meta. Früher war es einfacher, Inhalte zu erstellen und Traffic zu generieren. Heute sind wir viel stärker von den Algorithmen dieser Plattformen abhängig, was uns zwingt, agiler und resilienter zu sein. Die Customer Journey hat sich ebenfalls stark verändert – Kunden recherchieren heute intensiver, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. Das erfordert von Unternehmen, auf verschiedenen Kanälen präsent zu sein und die richtigen Touchpoints zu bieten.

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.