Clubcast: Mehr ins „Tun“ investieren

In der 44. Folge von Clubcast erläutert Nachhaltigkeitsexpertin und Zukunftsforscherin Anabel Ternès von Hattburg, was in ihren Augen zusammengreifen muss, damit wir in Unternehmen und als Gesellschaft zukunftsfähig werden.
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Alicja Feltens (l.) und Rebecca Wulff (r.) sprechen im Interview mit Anabel Ternès von Hattburg. (© Spreadwings/ grossaufnahmen)

Nachhaltigkeit ist in aller Munde und wird zunehmend zum Reizwort. Ohne „Wenn und Aber“ müssen wir über Nachhaltigkeit sprechen, muss sie in unser aller Leben eine Rolle spiele und wir nachhaltig handeln – für den Schutz unseres Planeten und unseres Ökosystems. Nachhaltigkeit ist aber auch: Regularien, Gesetze, Vorgaben. Nicht immer sinnvoll, nicht immer nachvollziehbar, für Unternehmen herausfordernd in der Umsetzung. Und trotzdem dürfen wir den positiven Blick auf das Thema und das Potenzial nicht verlieren.

Davon ist Anabel Ternès von Hattburg überzeugt. Im Gespräch mit Alicja Feltens und Rebecca Wulff spricht sie in der neuen Clubcast-Folge aus dem Marketing Club Frankfurt über den so wichtigen Dreiklang „Nachhaltigkeit – Innovation – Leadership“. Sie nimmt die Hörer*innen mit in die Unternehmen, die sie berät, erzählt, welche Herausforderungen bestehen und wie Transformation gelingen kann.

Im Mittelpunkt steht in dem heutigen Technologiezeitalter mehr denn je der Mensch. Es ist nicht zu unterschätzen, wie entscheidend eine Unternehmenskultur, die den Menschen ernst nimmt und mitnimmt, zum Erfolg und dem Gelingen einer Transformation beiträgt. Marketing und Kommunikation haben die Chance und die Herausforderung, der entscheidende Mittler zu sein und eine gewichtige Rolle einzunehmen. Und am Ende ist die wichtigste Investition in die Zukunft: tun, machen, ausprobieren.

Themen aus dem Podcast

(4:30) Es gibt viele, die beim Thema Nachhaltigkeit aufschrecken und das nicht sehr positiv, weil es mittlerweile sehr regelbehaftet ist. Regularien, Gesetze. Wer Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz nicht nur aussprechen, sondern sich damit auch im Unternehmen auseinandersetzen muss. Da verstehe ich, wenn man beim Thema Nachhaltigkeit stöhnen muss.

(5:00) Nachhaltigkeit sollte als Begriff für uns selbstverständlich sein. Auch im Sinne vom egoistischen Handeln. Nämlich dafür zu sorgen, dass wir unser Ökosystem behalten, ein lebenswertes Leben führen können auf diesem Planeten. Das kann nicht ohne Innovation funktionieren.

(5:40) Es ist wichtig unser Handeln mit neuen Technologien und KI zu kombinieren, um neue Möglichkeiten zu erschließen. In dem Dreieck braucht es dafür auch Leadership. Die Menschen, die es umsetzen, die es weitertragen und kommunizieren können. Ins Tun kommen und darüber erleben, wie gut und wichtig es ist, wenn wir Nachhaltigkeit, Innovation und Leadership angehen. Und dann können wir es auch wieder viel positiver besetzen.

(8:25) Faktor Mensch ist der entscheidende Faktor bei der Transformation. Legen wir genug Aufmerksamkeit und Wichtigkeit auf Leadership und Kommunikation, um Menschen mitzunehmen? Dazu gehört auch, dass auf alle Bedürfnisse und Ängste geschaut wird. Es gibt eigentlich keine wirklichen Verhinderer, sondern Menschen, die etwas mehr Zeit brauchen, sich damit auseinanderzusetzen. Es wird unterschätzt, wie sehr die Unternehmenskultur eine Transformation tragen und die Menschen mitnehmen kann. In einem Technologiezeitalter, wie wir es jetzt erleben, ist der Blick auf den Menschen umso wichtiger.

(12:50) Wie kommen wir in die Umsetzung und wie schaffen es Unternehmen, damit die Veränderungen bei den Mitarbeitenden ankommen und gelebt werden? Indem Unternehmen nicht Top-Down gehen, sondern schon in der Entwicklungsphase Mitarbeitende involvieren. Das gelingt etwa, indem man Statusgruppen definiert und Mitarbeitende aus allen Bereichen nimmt, die am besten auch etwas „Influencer-Qualitäten“ haben und Innovationen und Veränderungen gut und verständlich an Kolleg*innen weitergeben können. Man kann auch informelle Gruppen bilden und in denen Ideen und Konzepte erarbeiten. Entscheidend ist, dass der Prozess eingehalten wird und von den Mitarbeitenden ausgeht.

(15:55) Der Ansatz muss sein: Nimm mich ernst und hör mir von Anfang an zu. Stellen wir die richtigen Fragen? Manchmal verwenden wir die Worte nicht richtig. Wir müssen Wörter finden, die die Menschen verstehen. Wir haben in diesem Land so viele Menschen, die viele kluge Ideen haben. Die aber nie auf die Straße kommen. Deswegen geht es am Ende nicht zwingend darum, ob wir die richtigen Fragen stellen, sondern vor allem darum, ins Tun zu kommen und auszuprobieren.

(19:15) Deutschland würde es guttun, mehr ins „Tun“ zu investieren.

Solange Nachhaltigkeit in den KPIs nicht ernsthaft enthalten ist, wird es nie ein echter Teil des Produktes und der Businessstrategie. Und dann kann es auch nicht ganzheitlich und systemisch gedacht werden und seinen echten Impact entwickeln, der drinsteckt.

(21:30) Wenn dies aber passiert, dann ist es eben nicht mehr „nur“ Marketing und Kommunikation, sondern zahlt vollständig auf die Marke ein und auf das Unternehmen.  Marken, die es verstanden haben, sind dann authentisch in ihrem Markenversprechen.

(29:30) Und es ist kein Fehler, auf dem Weg zu sein und auszuprobieren, wie Nachhaltigkeit in die eigene Unternehmensstrategie zu integrieren ist. Wir dürfen uns gerne trauen, transparent zu kommunizieren, wo man auf dem eigenen Nachhaltigkeitsweg sich gerade befindet. Was funktioniert und was nicht funktioniert. Das macht es in der Außenwahrnehmung viel authentischer und ist näher an den Menschen dran, als alles perfekt erscheinen zu lassen. Da fühlen sich die Menschen viel eher auf den Arm genommen.

(30:54) Wie kann aus deiner Sicht Marketing und Kommunikation das Thema Nachhaltigkeit und Innovation grundsätzlich treiben? Wie unterstützen, mit Blick auf Mindset und Unternehmergeist in Deutschland? Kommunikation nimmt eine wichtige und herausfordernde Rolle ein, wie sie es wahrscheinlich noch nie hatte. Nachhaltigkeit oder auch Innovation sind Dinge, die schwer fassbar sind für eine große Gruppe an Menschen. Kommunikation muss den Spagat schaffen, dass es zielgruppengerecht kommuniziert und gleichzeitig nicht manipulativ agiert, allein weil sie bewusst Informationen auslässt. Du brauchst die Perspektive von oben: Was musst du und möchtest du vermitteln, was ist wichtig und was kannst du keiner KI überlassen?

(34:45) Marketing sollte sich unbedingt dessen bewusst sein, welche Verantwortung auf sie zukommt und dort auch gut aufgehoben wäre. Wir können hier mitgestalten, erklären, mitnehmen. Und sich damit auch zu einem Schwergewicht entwickeln. Hier kann ich beeinflussen und zeigen, ob etwas wirklich ernsthaft integriert ist oder nur bunte Bilder. Marketing hat viel Einfluss: intern, nach außen und im Employer Branding. Lasst uns in Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit als Chance sehen. Hier geht es auch um die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.

(40:35) Und ein ganz entscheidender Punkt, der noch ganz viel Wachstumspotenzial hat, ist das Miteinander. Ich weiß nicht, warum, aber wir haben hier ganz viel „Meins“. Letztendlich geht es darum, dass wir gemeinsam wachsen und das Wissen um mögliche Lösungen teilen, damit Gutes entstehen kann. Ist natürlich leichter gesagt als getan. Wir alle stammen meist aus einem Bildungssystem, dass auf Einzelleistung geht und dies besonders hervorhebt. Wie soll jemand da, kooperativ denken und handeln lernen und dies auch aus Überzeugung machen? Und das auch auf alle Leadership Persönlichkeiten bezogen. Es wird besser, aber ist noch zu langsam und hat so viel ungenutztes Potenzial.

Über Clubcast

Clubcast ist ein Podcast-Format der über 60 deutschen Marketing-Clubs. In den zwei- bis vierwöchentlich erscheinenden Episoden produzieren einzelne Clubs abwechselnd inspirierende Gespräche rund um die Themen Marketing, Werbung, Kommunikation, Markenmanagement, Onlinemarketing und Digitalisierung. Und die absatzwirtschaft bietet die Plattform dafür.