Buzzword Bingo beim Employer Branding

Die Deutsche Bahn schafft Bewerbungsanschreiben ab. Gazelle Vollhase sagt, was man für inklusives Recruiting „in die Tonne kloppen“ sollte. Douglas setzt Benchmark beim Buzzword Bingo. Und SAP-Personalchef Cawa Younosi zweifelt die 4-Tage-Woche an.
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Wenn sie nicht aufpassen, verkommt das Employer Branding mancher Unternehmen rasch zum Buzzword Bingo. (© Stocksy)

Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten wünschen sich eine 4-Tage-Woche – bei vollem Lohnausgleich. Das schreibt der soeben veröffentlichte Statista Trend-Report „Neue Arbeitswelt“. Cawa Younosi, Global Head of People Experience bei SAP, kann dieses Thema allerdings „nicht mehr hören“. Auf der #NWX23, die vergangene Woche in Hamburg stattfand, sagte Younosi: „Am Ende des Tages sind wir doch fast alle wirtschaftlich handelnde Unternehmen. Und ich sehe nicht, welches Geschäftsmodell einer 4-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich zugrunde liegen sollte.“ Erst wenn dem SAP-Manager jemand erklären könne, was auch die Unternehmen ganz konkret davon haben würden, sei er bereit, seine Meinung zu ändern.

In vielen Dingen ihre Meinung bereits geändert hat hingegen Kerstin Wagner, Vice President Talent Acquisition bei der Deutschen Bahn. Die Frau, die jährlich rund 28.000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in rund 500 verschiedenen Jobprofilen einstellt, bekannte auf der NWX23: „Die Kandidatinnen und Kandidaten sind meine Kunden.“ Entsprechend kundenorientiert stelle sie das Recruiting auf. Ein Beispiel: Die Anschreibenpflicht in Bewerbungen hat sie abgeschafft. „Irgendwann haben wir festgestellt, dass diese Anschreiben überhaupt keinen Mehrwert bieten, sondern für beide Seiten ein Ärgernis sind“, so Wagner. Also weg damit.

Weg damit empfiehlt auch Gazelle Vollhase. Allerdings für ein paar andere Sachen. Die selbst ernannte „Transvorzeigequotenikone“ ist beim Preisvergleichsportal Idealo für Recruiting, Diversity und Inclusion verantwortlich und dank ihres Instagram-Kanals (über 150.000 Follower) längst branchenübergreifend bekannt. In Hamburg sprach Vollhase über inklusives Recruiting und nannte so einiges, das Recruiter dabei am besten „sofort in die Tonne kloppen“ sollten: Anonyme Bewerbungen etwa seien ein denkbar schlechtes Tool für diversere Belegschaften. Denn, so die Recruiterin, wie wolle man für mehr Vielfalt sorgen, wenn alle Diversitätsdimensionen im Bewerbungsprozess ausgeblendet würden. „Diversität heißt nicht weggucken, sondern hingucken“, sagt Vollhase. Ebenfalls überflüssig seien ihrer Ansicht nach Frauenquoten. Der bessere Weg, das bessere Wording sei “Genderbalance”. Schließlich gebe es auch Bereiche, in denen es „fast schon eine Männerquote“ bräuchte, findet die Idealo-Managerin, etwa in Marketing und Recruiting.

„Revolution“: ChatGPT im Recruiting

Stepstone setzt derweil im Recruiting auf KI. Vergangene Woche hat das Jobportal sein erstes Recruiting-Plugin für ChatGPT für den deutschen Markt veröffentlicht. Das Plugin ist mit der Plattform www.stepstone.de verbunden und soll so die Jobsuche in „ein von Künstlicher Intelligenz generiertes Gespräch“ verwandeln. Sebastian Dettmers, CEO der Stepstone Group, glaubt: „Wir stehen am Anfang einer Revolution des Arbeitsmarktes.“ Und damit hat der Mann vermutlich sogar Recht. Eine aktuelle Umfrage des Konzerns ergab: 55 Prozent der Befragten erwarten, dass Bewerbungsprozesse durch den Einsatz von KI künftig effizienter werden.

Douglas mit neuer Employer Branding-Kampagne

Mit schönen Fotos hingegen will Douglas neue Talente gewinnen und hat soeben eine neue Employer Brading-Kampagne mit dem hübschen Namen „The people behind beauty“ gestartet. Im Fokus stehen dabei – Überraschung – die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als Kampagnenmodels sowie als Testimonials für die neue Karriereseite dienen. So weit, so professionell.

Chapeau an dieser Stelle für Mareike Mende-Ratnam, Chief Human Resources Officer bei der Douglas Group. Denn sie schafft es, in der Pressemitteilung zum Kampagnenstart in vier Sätzen 19 der aktuell beliebtesten Buzzwords des Employer Branding unterzubringen (manche sogar zweimal). Welche das sind? Voilà: „Unsere Mitarbeitenden sind der Pfeiler für unseren Erfolg. Mit ,people behind beauty‘ rücken wir unsere Teams und unsere Kultur in den Vordergrund und präsentieren uns dabei bewusst authentisch, persönlich und nahbar. Wir sind wahnsinnig stolz auf unser Team und machen mit der Kampagne deutlich, dass gelebte Vielfalt, Individualität und die Stärke der Gemeinschaft wesentliche Bestandteile für unseren Erfolg sind. Die Douglas Mitarbeiter*innen und die Unternehmenskultur bilden das Fundament für das Strategieprogramm „Let it Bloom – Douglas 2026“.

Wie authentisch, persönlich und nahbar die Kampagne am Ende des Tages tatsächlich rüberkommt: Sehen Sie am besten selbst.

In diesem Sinne: Eine möglichst Buzzword-freie Woche und bleiben Sie gut drauf!

ist seit mehr als 20 Jahren Journalistin, spezialisiert auf Marketing, Medien, New Work und Diversity. Sie war stellvertretende Chefredakteurin bei “Horizont”, schreibt seit 2014 als freie Autorin für diverse Wirtschafts- und Fachmedien und liebt es, als Dozentin für Fachjournalismus und Kommunikation junge Menschen für die Branche zu begeistern. Privat muss es bei ihr sportlich zugehen – am besten beim Windsurfen oder Snowboarden.