Bundesliga und Coronavirus: Chance für Sponsoren?

Am Donnerstag trafen sich die 36 Profi-Clubs der Deutschen Fußball Liga (DFL), um das weitere Vorgehen in der Corona-Krise zu besprechen. Die Vereine streben den baldigen Neustart der Bundesliga und 2. Bundesliga an – bestenfalls im Mai. Aktuelle Fanstudien haben derweil analysiert, ob der Bundesliga-Start überhaupt Zuspruch finden würde – und welche Rolle Sponsoren einnehmen könnten.
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DFL-Chef Seifert in der Corona-Krise: "Ich bitte alle, die sich für die Bundesliga interessieren, um Nachsicht und um Unterstützung." (© Imago)

Geht es nach der DFL, soll die wegen der Coronavirus-Pandemie seit Mitte März ausgesetzte Spielzeit wenn möglich bis zum 30. Juni abgeschlossen werden. „Es liegt nicht an uns, einen Starttermin festzulegen“, sagte Christian Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), am Donnerstag nach der Mitgliederversammlung der 36 Erst- und Zweitligisten. „Wenn es der 9. Mai wäre, wären wir bereit. Wenn es irgendein Tag danach sein wird, sind wir auch dann bereit“, sagte der DFL-Chef.

Das erste Mai-Wochenende als Starttermin für eine Wiederaufnahme des seit Mitte März ausgesetzten Spielbetriebes nannte Seifert „unrealistisch“. Selbst ein Datum festzulegen, wäre „anmaßend, gehört sich auch nicht und liegt nicht an uns“, stellte er klar. Die Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin Angela Merkel konferieren am 30. April – dann könnte eine Entscheidung fallen.

Saisonabbruch der Bundesliga würde Insolvenz für mehrere Clubs bedeuten

Die Fortführung und Beendigung der laufenden Bundesliga-Saison 2019/20 hätte aus Sicht der DFL und ihren Clubs diverse Vorteile.

  • Eines der Argumente ist dabei die Existenzsicherung: Für die Vereine geht es um viel Geld. Wird die Saison abgebrochen, würden dem Vernehmen nach bis zu 750 Millionen Euro fehlen. Mehrere Clubs wären akut von der Insolvenz bedroht. Betroffen sind dann nicht nur die 25 bis 30 Profis pro Verein, sondern etliche weitere Mitarbeiter. Die DFL rechnete vor, dass durch den Fußball gut 56.000 Menschen beschäftigt sind. „Wir wollen keine Extrawurst, das ziemt sich auch nicht in diesen Zeiten. Aber wir sind ein Wirtschaftsunternehmen wie viele andere“, wird DFL-Chef Christian Seifert von der Dpa zitiert.
  • Ein weiteres Argument, das für die Weiterführung der Saison spricht, ist aus DFL-Sicht, dass es In Deutschland trotz der mehr als registrierten 140.000 Corona-Infektionen nicht an der medizinischen Versorgung mangelt. Deshalb könnte es sich der Staat einigen Experten zufolge leisten, die Fußball-Profis engmaschig zu kontrollieren. Die DFL betonte zuletzt zudem: „Sollte es durch künftige Entwicklungen – zum Beispiel eine zweite Corona-Infektionswelle – tatsächlich Engpässe geben, wird die DFL die Versorgung der Bevölkerung selbstverständlich nicht beeinträchtigen.“
  • Auch die Zugkraft des Fußballs ist nicht zu unterschätzen. In Zeiten weltweit bedrohlicher Nachrichten könnte der Sport beruhigend wirken und ein Stück des Alltags wiederbringen – auch wenn die Bilder der Geisterspiele vielleicht skurril anmuten werden. Der Fußball, meinte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), könne „viel dazu beitragen, durch diese schwierige Zeit zu kommen“.

Kritik an „Sonderbehandlung“ für die Bundesliga

Doch es gibt auch viele Kritiker, die einer Bundesliga-Fortführung – ob nun mit oder ohne Fans in den Stadien – nichts Positives abgewinnen können. Oder diesen Schritt gar aus gesundheitlichen Überlegungen heraus äußerst bedenklich finden.

  • Vor allem die Infektionsgefahr bei einer Vollkontaktsportart wie Fußball ist ein Thema. Trotz aller Vorbereitung und Hygiene-Vorgaben reicht ein Spieler oder ein Betreuer, der sich mit dem Virus infiziert, um den Spielbetrieb wieder zum Erliegen zu bringen. Die Debatten der vergangenen Wochen wären ad absurdum geführt.
  • Contra-Argument zwei ist die aktuelle Krisensituation in Deutschland: Millionen Menschen in Deutschland leiden unter der Krise – entweder als direkt Betroffene, wirtschaftlich oder wegen des stark eingeschränkten Alltags. Rund 718.000 Betriebe haben Kurzarbeit angemeldet. Bei der auf der Hand liegenden Frage, ob das Land keine wichtigeren Probleme zu lösen habe, gibt es für viele dem Profifußball nicht nahestehenden Menschen keine zwei Meinungen.
  • Und dann sind da noch die Fans: Aus den Reihen der Anhänger kommen unterschiedliche Schwingungen. In den vergangenen Tagen mehrten sich einerseits die Stimmen, dass die unbedingte Fortsetzung des Spielbetriebs nicht im Vordergrund stehe. „Wir möchten nicht mehr über Symptome diskutieren, sondern endlich über die Krankheit und die Wege zur Gesundung des Fußballs sprechen“, fordert beispielsweise die Organisation „Unsere Kurve“.

Andererseits glauben laut einer aktuellen Umfrage von Fan Q und dem Marktforscher Intelligent Research in Sponsoring (IRIS) 74 Prozent von 1350 befragten Fußballfans daran, dass die Spielzeit trotz der Corona-Pandemie beendet werden kann. Um dies zu verwirklichen, befürworten 74 Prozent die Austragung der Partien unter Ausschluss der Öffentlichkeit. In Zeiten der Corona-Krise erachten der Umfrage zufolge 72 Prozent der Fans Geisterspiele zur Ablenkung vom Alltag als „sehr wichtig“ oder „wichtig“.

Die Befragten sehen bei den Motiven für die möglichst baldige Wiederaufnahme der Bundesliga-Saison vor allem finanzielle Gründe. 89,9 Prozent denken, es ginge dabei primär um die Sicherstellung von TV- und Sponsoring-Einnahmen. Der sportliche Wettbewerb (40 Prozent) oder die Unterhaltung der Fans (20,1 Prozent) seien dabei weniger wichtig.

Neue Studie: Corona-Krise als Chance für Sponsoren in der Bundesliga

Auch eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Forschungs- und Beratungsunternehmens Nielsen Sports hat positive Signale aus der Fanszene zutage gebracht (Basis: 1000 repräsentativ Befragte in Deutschland im Alter von 16 bis 65 Jahren).

„Sollten die Stadiontore wieder geöffnet werden, ist unter deutschen Fußballfans aktuell ein Hunger nach Spielen festzustellen: 44 Prozent der befragten Fans geben an, genauso häufig oder häufiger als vor der Corona-Krise Sportevents zu besuchen. Dagegen geben 16 Prozent an, zukünftig eher weniger häufig zu Großveranstaltungen zu gehen“, sagt Jens Falkenau, Vice President Market Research bei Nielsen Sports.

Nur sieben Prozent geben der Studie zufolge an, in Zukunft keine Sportevents mehr besuchen zu wollen. Clubs und Sponsoren sind laut Falkenau daher gleichermaßen gefragt, den Fans die Unsicherheit zu nehmen, Aufklärung im Bereich Hygiene und Umgang mit Menschenmassen zu betreiben und den Stadionbesuch so sicher wie möglich zu gestalten.

Auf volle Stadien nach der Krise und damit verbundene mediale Übertragungen dürften sich auch die Sponsoren freuen. Laut den befragten Fans liegt es auch an den Unternehmen, die von ihnen gesponserten Vereine während der Corona-Krise finanziell zu unterstützen. Fast drei Viertel (72 Prozent) der befragten Fußballinteressierten sehen die Sponsoren in der Pflicht, Vereine finanziell zu unterstützen und notfalls sogar vor einer Insolvenz zu retten.

69 Prozent der Befragten geben an, dass eine finanzielle Rettung eines Clubs den oder die Sponsoren – sogar vereinsübergreifend – sympathischer machen.“

Jens Falkenau, Vice President Market Research, Nielsen Sports

Ein Engagement in Krisenzeiten könnte sich für die Markenwahrnehmung von Sponsoren laut Nielsen-Experte Falkenau durchaus bezahlt machen – sowohl in der Gesamtbevölkerung als auch stärker noch bei den Fußballfans. Er sagt: „Weitere 69 Prozent der Befragten geben an, dass eine solche finanzielle Rettung eines Clubs den oder die Sponsoren – sogar vereinsübergreifend – sympathischer machen.“

Sponsernde Unternehmen sollten demnach mit den Clubs in einen engen Austausch gehen und überlegen, welche finanziellen und auch kommunikativen Wege gemeinsam beschritten werden können. „Daraus können möglicherweise neue oder angepasste Sponsorenverträge resultieren, die sich einerseits kurzfristig in der aktuellen Krisenzeit auszahlen, aber auch darüber hinaus einen mittel- und langfristigen Effekt auf die Fanszene des jeweiligen Clubs sowie dessen gesellschaftliches Umfeld haben können“, sagt Falkenau.

16 von 30 Dax-Konzern werben in der Bundesliga und 2. Bundesliga

Das Sponsorenportfolio der 36 Erst- und Zweitligisten in der Saison 2019/20 kann sich durchaus sehen lassen. So nutzen insgesamt 16 von 30 Dax-Konzernen die Bundesliga und die 2. Bundesliga als Werbeplattform. Unter den 18 Haupt- und Trikotsponsoren der Clubs befinden sich gleich vier: Deutsche Telekom (FC Bayern München), Henkel (Fortuna Düsseldorf), SAP (TSG (Hoffenheim) und Volkswagen (VfL Wolfsburg). Hinzu kommt Bayer als Eigentümer der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH.

Darüber hinaus werben die folgenden sechs Dax-Konzerne mit größtenteils millionenschweren Engagements auf Partnerebenen unterhalb der Hauptsponsorships in der Fußballbundesliga. Der FC Bayern München vereint dabei die beiden meisten Dax-Konzerne in seinem Sponsorenportfolio: Zusätzlich zum Hauptsponsor Telekom engagieren sich auch Adidas, Allianz, Deutsche Post/DHL Group und Siemens beim Rekordmeister. Die Deutsche Post/DHL ist zusätzlich auch Ärmelsponsor und Premium-Partner des FC Schalke 04. Am Finanzstandort Frankfurt investieren die Deutsche Bank und die Deutsche Börse als Ärmelsponsor in die ortsansässige Eintracht.

In der Bundesliga werben über alle Clubs hinweg elf Dax-Konzerne. In der 2. Bundesliga sind es deren fünf: Continental (Hannover 96), Daimler (VfB Stuttgart), Heidelberg Cement (FC Erzgebirge Aue), Merck (SV Darmstadt 98) und Vonovia (Dynamo Dresden, VfL Bochum).

DFL-Chef Seifert: Dann wäre die Bundesliga ein Kollateralschaden der Corona-Krise

Doch was passiert eigentlich, wenn die Bundesliga ihren Spielbetrieb in der laufenden Saison 2019/20 gar nicht wieder aufnehmen darf?

Falls die Politiker und Gesundheitsexperten zu einer anderen Bewertung kommen als von den Vereinen erhofft, beschäftigt sich die milliardenschwere Branche hinter den Kulissen mit einem Worst-Case-Szenario. Sollte eine Rückkehr in den Spielbetrieb zeitnah nicht möglich sein, müsse laut DFL-Geschäftsführer Seifert klar sein, „dass wir auch in einigen Monaten nicht spielen werden. Dann wäre die Bundesliga irgendwann ein Kollateralschaden dieser Corona-Krise“.

Um den Worst Case zu vermeiden, wurde von einer Task Force unter der Leitung von Tim Meyer, dem Chefmediziner des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), ein Konzept erarbeitet, das den Clubs bei der rund dreistündigen Video-Konferenz am Donnerstag vorgestellt wurde und die Rahmenbedingungen für eine Fortsetzung der Saison definiert.

In dem Strategiepapier sind unter anderem strikte organisatorische Vorgaben festgehalten. So sollen maximal circa 300 Personen an der Durchführung einzelner Geisterspiele beteiligt werden – Spieler und Trainer eingeschlossen. Zudem gibt es klare Vorgaben für Hygienemaßnahmen.

Die Spieler sollen während der Saison engmaschig auf das Coronavirus getestet werden, mindestens einmal pro Woche. Dafür rechnet die DFL mit einem Bedarf von rund 20.000 Tests. „Wir haben auch hier eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, mit insgesamt fünf Laborverbänden“, sagte Seifert. „Alle Labore haben uns schriftlich versichert, dass die derzeitigen Kapazitäten ausreichend sind und durch Covid-19 keine Limitierung der Testkapazitäten auftreten.“

Liquidität der DFL kurzfristig gesichert

Klar sei indes laut DFL-Chef Seifert, dass die Wiederaufnahme des Spielbetriebs nur mit Geisterspielen geschehen könne und Partien ohne Zuschauer derzeit die einzige Möglichkeit seien, „die Bundesliga, wie wir sie kennen, am Leben zu erhalten. Ich bitte alle, die sich für die Bundesliga interessieren, dafür um Nachsicht und um Unterstützung“, sagte er.

Kurzfristig sei die Liquidität der Liga jedoch gesichert, nachdem die DFL eine Einigung mit fast allen Medienpartnern über eine Vorauszahlung der noch ausstehenden TV-Prämien erzielt hat. „Wir haben intensive Gespräche geführt, die waren geprägt von Respekt“, sagte Seifert und kündigte an: „Erste Zahlungen sollen im Mai kurzfristig ausgelöst werden.“

mit Material von der Dpa

(he, Jahrgang 1987) – Waschechter Insulaner, seit 2007 Wahl-Hamburger. Studierte Medien- und Kommunikationswissenschaften und pendelte zehn Jahre als Redakteur zwischen Formel-1-Rennstrecke und Vierschanzentournee. Passion: Sportbusiness. Mit nachhaltiger Leidenschaft rund um die Kreislaufwirtschaft und ohne Scheuklappen: Print, live, digital.