Brief an mein jüngeres Ich, Folge 34: Mario Bertsch (dm) 

Im Brief an sich selbst blicken bekannte Köpfe aus dem Marketing zurück. Heute: Mario Bertsch, Leiter Marketing & Digital bei dm. Er erinnert sich zurück an seinen Berufsanfang in einer kleinen Agentur. 
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Mario Bertsch leitet seit Juli 2022 das Marketing bei dm. (© privat, Montage: Olaf Heß)

Lieber Mario,  

du bist 25, sitzt in einem kleinen, aber feinen Agenturbüro, umgeben von Ausdrucken, Notizen und dem ständigen “Pingen” von eingehenden E-Mails. Tag für Tag verschickst du Layouts und Designs an die Kunden. Designs, die nicht von dir stammen, sondern von talentierten Grafikern und Designern, die in der Agentur arbeiten. Du bist der Mittelsmann zwischen den kreativen Köpfen und den Kunden. Jede E-Mail, die du versendest, führt meist zu erneutem Feedback, meist voller Änderungswünsche und Anpassungen. Du hast zwar wenig Erfahrung, trittst aber selbstbewusst auf.  

Wenn ich heute auf dich blicke, hattest du noch reichlich Potenzial in Konzeption, Strategie und Projektsteuerung. Diese Kombination erzeugt bei dir Tag für Tag ein nie endendes Hamsterrad, in dem alle, auch du, immer hektischer werden. Lehrjahre sind eben keine Herrenjahre.  

Wenn ich dir einen Rat geben könnte, wäre es: “Erkenne die Kraft der Zusammenarbeit! Lass dich führen! Sei demütig und sauge alles auf, was du kannst!” Na ja, zumindest Letzteres machst du relativ beharrlich. 

Natürlich ist es wichtig, eigene Erfahrungen zu sammeln. Nur durch Ausprobieren, Scheitern und Lernen kannst du deine Fähigkeiten entwickeln. Aus heutiger Sicht weiß ich, du wirst irgendwann mehr als dankbar dafür sein, dass sich auf deinem Berufsweg immer wieder Menschen an deiner Seite finden werden, die dich begleiten und prägen. Über die Jahre wirst du erkennen, dass die Kombination deiner Fähigkeiten mit den Talenten anderer eine Synergie erzeugen kann, die weit über das hinausgeht, was du alleine erreichen könntest. In der Zusammenarbeit mit Menschen, die unterschiedliche Perspektiven und Fähigkeiten mitbringen, entstehen viel stärkere Ergebnisse. 

Oft lese ich heute, dass wir in einer Welt leben, die von Konkurrenzdenken geprägt ist. Aus meiner Sicht sollten wir jedoch in einer Welt leben, die mehr und mehr von Kollaboration geprägt wird. Die Chancen, in der Zusammenarbeit wirklich etwas zu bewegen, übersteigen die Risiken (meist das Risiko, an Bedeutung zu verlieren) um ein Vielfaches. Wenn wir lernen, die Kompetenzen anderer anzuerkennen und zu kombinieren, können wir Probleme kreativer lösen und Innovationen vorantreiben. Es entstehen neue Möglichkeiten, oft auch viel kraftvollere. Dabei geht es nicht darum, sich harmoniesüchtig auf den kleinsten Nenner zu einigen, sondern Reibung zuzulassen und Wege zu finden, diese in positive Energie umzuwandeln. 

Am Ende hätte ich dir/mir die Erkenntnis, dass Zusammenarbeit nicht nur ein Mittel zum Zweck, sondern vor allem eine Quelle der Inspiration und Kreativität sein kann, viele eher gewünscht. Denn über die Zeit wirst du erkennen, dass wenn wir die Fähigkeiten anderer wertschätzen und uns gemeinsam in die Projekte engagieren, entsteht eine Art von Magie, welche Ansätze und Lösungen in neue Höhen katapultiert. Rückblickend sind es meist die Momente der Zusammenarbeit, welche dich in den kommenden 15 Jahren am meisten prägen werden.  

Mit den besten Wünschen,  
Mario


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