Brief an mein jüngeres Ich, Folge 32: Sven-Olaf Hansen  

Im Brief an sich selbst blicken bekannte Köpfe aus dem Marketing zurück. Heute: Sven-Olaf Hansen, Global CMO bei Kneipp. Er schreibt darüber, wie eine frühe Auslandsstation das Leben seiner jungen Familie geprägt hat.
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Sven-Olaf Hansen ist Global Chief Marketing Officer bei Kneipp. (© privat, Montage: Olaf Heß)

Lieber Sven-Olaf, 

es ist Anfang 2007. Du lebst mit Deiner jungen Familie in Hamburg, hast eine fantastische Frau, einen Sohn in der Grundschule und einen frisch geschlüpften. Beruflich läuft es gut. Du hast einen erfüllenden Job und hochgeschätzte Kolleg*innen. So steckst Du die kurzen Nächte mit einem nachtaktiven Neugeborenen weg, auch wenn es an Dir zehrt. Du siehst blass aus, bist müde und Du erkennst, dass Schlafentzug zur Folter werden kann.  

Euer Leben wird sich in Kürze verändern: Nach einem guten Meeting und einer leidenschaftlichen Präsentation in der Marketingzentrale in London, erhältst Du den Konzernruf in die britische Hauptstadt. Das kommt ungelegen. Deine Frau möchte schnell in den Job zurück und ihre Aufgaben in einer Hamburger Agentur wieder aufnehmen, der Große hat Freunde in der Schule und fühlt sich pudelwohl und der „kleine Mann“ bringt Leben in die Bude. In die Stadt Hamburg haben wir uns verliebt und möchten bleiben. Du freust Dich zwar über eine berufliche Chance und den Ausblick auf etwas Neues, aber vor Dir steht ein großer Berg. 

Was nun? Das können wir nur zusammen entscheiden. Und natürlich heißt die Antwort: „Wir machen das!“ Du wirst die Stärke Deiner Frau für immer lieben und schätzen. Und dann geht es los: Kleinigkeiten werden zur Aufgabe. Haussuche, Schul- und Hortsuche, Banking, Umzug, neue Regeln in einer neuen Heimat, nur einen gut einstündigen Flug entfernt und doch so anders. Zudem reist Du viel und lässt Deine Lieben viel zu oft allein. Die privaten Herausforderungen sind größer als die beruflichen. 

Trotz eines ordentlichen Business Englisch wird die Sprache in schottischen Hotlines und mit dem Handwerker vor Ort zur Hürde. Im Job bist Du „The German with humour“. Die Hürde dafür liegt in England für Deutsche besonders hoch. Die gute Pointe fällt Dir oft eine Sekunde zu spät ein, da sind die Kolleg*innen schon bei der nächsten Anekdote. Aber man wächst mit seinen Aufgaben, und Du wächst menschlich wie fachlich in einem internationalen, diversen und großartigen Team. 

Nimm ein paar Punkte mit auf Deinen Weg: Sei mutig, höre auf Deinen Bauch, hole Dir Hilfe, wenn Du sie brauchst, und verlasse eingetretene Pfade, auch wenn es Dir schwerfällt! Wenn es sein muss, „loose your trousers on the dance floor“ (das könnten Deutsche gar nicht, wie Dir Dein englischer Kollege bescheinigt) und lebe mal im Ausland, das prägt. Du würdest es immer wieder tun und es hat Dich und Deine Familie positiv verändert. Wir sind noch näher zusammengerückt und heute sagen wir alle: „Das war unsere Zeit!“ 

Grüße meine Drei von mir und sag ihnen schonmal Danke! 

Dein Sven-Olaf 


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