Zuletzt sorgte der Artikel „Die Applausfabrik“ auf vice.com für überraschend lautes Getöse im Fach- und Nicht-Fachpublikum. Die anscheinend große Unwissenheit sorgte wiederum bei mir für Kopfschütteln. Es ist nicht nur ein offenes Geheimnis, sondern ein bereits vielzitierter Fakt, dass geschätzt 40 Prozent des Internet-Traffics fake sind. Ein Tor, der glaubt, dass es sich bei jedem Like um 100 Prozent saubere Interaktion eines echten Users handelt. Fakt ist: Es verhält sich online mit Likes, Views, Followern, Traffic, Klicks, Abonnenten, Bewertungen und Downloads wie mit der Liebe – man kann sie auch einfach kaufen.
Schon 2009 haben wir es bei Elbkind mit einem völlig inhaltslosen Schwarzbild-Video durch teilweise gekaufte Views und Likes in die Top 10 der Comedy-Kategorie auf YouTube geschafft. Warum haben wir das getan? Uns war von Anfang an klar, dass wir für das Problem des Fake-Traffics bei unseren Kunden ein Bewusstsein schaffen müssen. Denn mit Digital wird zwar alles messbar, allerdings heißt das nicht, dass alles einsehbar und absolut nachvollziehbar ist. Selbst für die Plattformen ist es nicht immer leicht, Fake von echtem Traffic zu unterscheiden.
Mit sechs Punkten zur Digitalkompetenz
Hier gilt, wie in vielen anderen Bereichen auch: Kompetenz und Transparenz sorgen für Vertrauen. Und zu einer unverzichtbaren digitalen Kompetenz muss heute auch eine Datenkompetenz gehören. Auf allen Seiten. Wälzen Sie das Thema Daten nicht nur auf Ihre Agenturen ab, sondern beschäftigen Sie sich intensiv damit. Wenn Sie dabei die folgenden sechs Punkte (es gibt natürlich noch einige mehr) berücksichtigen, kann Ihnen gerade im Bereich Digital niemand mehr so leicht etwas vormachen.
Punkt 1: Es gibt nicht den einen KPI! Nur ein ganzes Set aus verschiedenen Messgrößen sorgt dafür, dass die jeweils anderen Werte auf ihre Richtigkeit überprüft werden können. Nehmen wir YouTube-Videos als einfaches Beispiel: Signifikant mehr Views (organisch, nicht gekauft) auf YouTube sollten auch zu mehr Interaktion führen. Das heißt auch: mehr Likes, mehr Kommentare, mehr Traffic auf Ihrer Website.
Punkt 2: Setzen Sie Ihre quantitativen Ergebnisse in einen Kontext mit Ihren qualitativen Ergebnissen. Dabei können Sie auf klassische MAFO-Maßnahmen so gut wie verzichten. Digitale Kanäle bieten Ihnen, bei der richtigen Nutzung der Möglichkeiten, ein viel transparenteres Bild der Realität.
Eigene Kompetenzen schaffen
Punkt 3: Bewerten Sie Ihre Ergebnisse nicht nur anhand eines einzelnen Wertes. Hier hilft Ihnen die Technik. Zeitgemäße Analysetools schaffen Transparenz, ohne dass jeder Marketingentscheider ein Data Analyst sein muss. Sie aggregieren Daten aus vielen Quellen wie Social Media, Nielsen, Google und so weiter und weisen Erfolge nach oder zeigen auch potenzielle Fake-Quellen auf. Sie zeichnen das große Ganze und lassen im Fall der Fälle sehr detaillierte Tiefenanalysen zu.
Punkt 4: Schaffen Sie Daten- und auch Tool-Kompetenz inhouse. Die Frage „Welches Analysetool hilft mir am besten bei der Erfolgskontrolle?“ sollte nicht alleine von Ihren Kommunikationsdienstleistern beantwortet werden. Beschäftigen Sie sich selbst intensiv mit der Auswahl und schaffen Sie Ressourcen. Die Leistungsfähigkeit von Tools ist unmittelbar mit der Kompetenz ihrer Bedienung verknüpft.
Punkt 5: Arbeiten Sie mit einem unabhängigen Dritten, aber lassen Sie sich beim Thema Daten nicht aus dem Fahrersitz befördern. Sie sind der Spielleiter in Sachen Daten und Sie wählen den Partner, mit dem Sie Ihre Erfolge und Misserfolge messen.
Punkt 6: Teilen Sie Ihr Wissen und Ihre Daten mit Ihren Agenturen und Kollegen aus anderen Abteilungen. Datensilos gehören – wie Abteilungssilos – dem vergangenen Jahrhundert an. Nur mit einem silofreien Datenansatz kann das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Gewerken optimal orchestriert werden.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist Business
Ich glaube definitiv nicht daran, dass Fake-Traffic nur ein Phänomen der Onlinewelt ist. Vielmehr ist es ein Thema der gesamten Kommunikationsbranche. Mein Vertrauen in Fußgängerzonenumfragen, TV-Quoten und Auflagenzahlen ist noch viel begrenzter als die in Online-Reichweiten. Darüber hinaus lassen sich dort nahtlose Nachweisketten noch viel schwerer umsetzen. Egal ob on- oder offline: Quantitative Erfolgsnachweise können immer Indikatoren für den härtesten KPI unserer Arbeit sein: den echten Businesserfolg unserer Kunden.
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