Von Bernhard Steimel
Unternehmen sollten sich vor allem zu Beginn eines Digital Transformation-Projekts stärker damit auseinandersetzen, wie Inhalte überhaupt entwickelt werden, welche Bereiche zu beteiligen sind, wie entsprechende Entwicklungsprojekte gesteuert werden müssen und wie es gelingt, unternehmensexterne Expertise in die Prozesse einzuspeisen. Denn Wandel ist immer etwas, das über Kommunikation vermittelt wird.
Wird mit den Mitarbeitern überhaupt über Wandel kommuniziert?
Erfahrungsgemäß geschieht das zu selten. In klassischen Strategieprojekten sind es meist kleinere Personengruppen, die über das Schicksal vieler entscheiden. Dies funktioniert aber nur selten wirklich gut. Die Frage ist: Wie kann Beteiligung organisiert werden? Wie kann Beteiligung am Kommunikationsprozess zur Veränderung organisiert werden?
Wenn wir über die Frage sprechen, wie wir viele Menschen sinnvoll zu einem relevanten Thema der Veränderung kommunizieren lassen, dann kommt Social Software als interessanter Gestaltungsansatz, als Unterstützungsmittel mit in die Diskussion. Digital Governance-Strukturen sollten helfen, Ressourcen zu mobilisieren, schnell neue digitale Fähigkeiten zu erwerben, einen gemeinsames Set an “Digital Services” aufzubauen und die Redundanzen im System auf ein Minimum zu reduzieren, um so auch kosteneffizient den Wandel voranzutreiben. Oftmals erfordert das einen Mix aus erfahrenen Mitarbeitern und Externen, die fehlende Kompetenzen ausgleichen und eine neue Sicht auf die Dinge mit ins Unternehmen bringen.
Das Medienhaus Springer zum Beispiel treibt derzeit massiv seine Digitalisierung voran: Ein Baustein dabei ist – neben dem Axel Springer Plug&Play Accelerator – das bisher kaum in Erscheinung getretene Projekt Axel Springer IdeAS. Dahinter verbirgt sich zum einen eine Art IT-Knotenpunkt für das komplette Medienhaus und zum anderen eine Ideenschmiede für verlagsnahe Online-Projekte.
Die exklusive Prozessverantwortung kann am besten über eine entsprechend neu zu besetzende Führungsposition als Teil des Management Teams geregelt werden.
Die Durchschlagskraft eines jeden Digital Transformation-Programms ist davon abhängig, ob der verantwortliche Manager die Autorität erlangt, die Unternehmensorganisation im Sinne des Kunden zu verändern. Dieses Ansehen erlangt er zu Beginn durch seine Position im Unternehmen, oftmals als Leiter einer Stabsabteilung im Marketing, mit einem roten Telefon zum CEO. Durchschlagskraft bekommt die Initiative erst durch die vom Top Management verliehene Autorität. Nachhaltig wird der Erfolg erst durch die Verdienste, die man sich mit der Zeit erarbeitet.
Starbucks hat im Jahre 2012 einen Chief Digital Officer (CDO) engagiert, der für Mobile, Social Media, Loyalität- und Kundenkarten-Programm sowie für eCommerce und die digitale Infrastruktur in den Coffee Shops zuständig ist.
Zu den Erfolgsfaktoren zählt es, sich zunächst an den Prioritäten der Geschäftsführung auszurichten und mit einfachen und verständlichen Reports dafür zu sorgen, dass die Stimme des Kunden auch in den Fluren der Geschäftsführung gehört wird. Auch wenn er keine operative Verantwortung trägt, sollte der CDO den Hut für alle kundenbezogenen Marktforschungstätigkeiten aufhaben. Eine wichtige Überlebensstrategie besteht darin, sich unübliche Verbündete zu suchen und bei Bedarf unüberwindbar erscheinende Hindernisse mit der Unterstützung des CEO auszuräumen.
Dazu müssen sich die Erfolge eines jeden Digital Transformation-Programms in den Geschäftskennzahlen messen lassen und kundenfokussierte Verhaltensweisen ausgezeichnet werden.
Integration in die Geschäftsprozesse hilft Messbarkeit und Relevanz zu dokumentieren
Wird das Unternehmen jedoch nach dem Return-on-Investment speziell für den Bereich Social Media gefragt, bleibt die Antwort aus, denn es ist nicht klar, an welchen strategischen Geschäftszielen dieser eigentlich festgemacht werden soll.
Ist das Unternehmen in der Lage, gewisse Vor- und Nachteile messen zu können, wird auch der Machtfaktor relevant. Denn die Zahlen müssen in einer hierarchischen Organisation interpretiert werden. Unternehmen sollten sich fragen, ob sie überhaupt etwas messen wollen und – wenn ja, ob ein Konsens darüber besteht, dass man sich an diesen Zahlen auch orientieren möchte. Voraussetzung ist dabei wiederum, dass eine funktionale Strategie zugrunde liegt.
Kultureller Wandel ist notwendig, sonst entstehen kommunikative Insellösungen
Die Gefahren liegen in der fehlenden Einbettung in funktionale Bereichsstrategien. Konkret zu kritisieren ist im Moment, dass zum Beispiel Social Media zu häufig in einzelnen Silos stattfindet.
Im Endergebnis werden kommunikative Insellösungen produziert. Es gibt keinerlei Anbindung an strategische Geschäftsprozesse, kaum Anbindung an strategische Geschäftsziele und null Integration in andere Fachabteilungen. Entsprechend begrenzt ist in der Folge die Reichweite, und entsprechend schwach ist das User-Engagement.
Der Impuls zum Wandel: Neue Chancen sehen und die Lust am Gewinnen wecken!
Die meisten Unternehmen werden den Transformationsprozess nur dann schaffen können, wenn sie Personal an wichtigen Stellen austauschen bzw. den Generationswechsel gestalten.
Die wohl wichtigste Aufgabe übernimmt der Chief Digital Transformation Officer, denn er agiert als Kommunikator des Wandels, um Zielvereinbarungen zu ändern, Querdenkern mehr Raum zu geben und das Wichtigste, die Lust am Gewinnen zu wecken, denn “jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt. Ich glaube nicht daran, dass die Angst vor dem Verlieren dich eher zu einem Sieger macht als die Lust auf Gewinnen.” (Jürgen Klopp)
Für jeden Veränderungsprozess und somit auch für die Digitale Transformation, ist es von hoher Relevanz, wie diese (personellen) Energien zu heben sind, um ein Momentum für den Wandel zu erzeugen. Das ist vor allem eine Frage der Führung, der Prozessorientierung sowie der Einbindung der Menschen in relevante Prozesse.
Mehr dazu im “Praxisleitfaden Digitale Transformation”, den Sie hier kostenfrei downloaden können.