In der Tat. Und wenn man die aktuellen Fallbeispiele betrachtet, dann hat man seitdem noch nicht so viel dazu gelernt. Der Bürohändler Staples wird in der Demo beispielsweise nach einem 3D-Drucker gefragt. Man hat auch einen im Angebot. Der kostet 1000 Dollar und dazu gibt’s einen Link auf die Produktseite. „Huch, öffnet sich der im mobilen Browser, der sinnlosesten aller Apps?“ Ja, genau. Aber abschließen kann man den Kauf im Messenger. „Ach so. Und ist das rechtlich zulässig, so mit AGBs, Widerrufbelehrung und DoubleOptIn?“ Theoretisch schon, man muss das eben zum Ankreuzen hinterlegen. „Ach so, wie im Browser. Aber sicher ist das schon, so hinsichtlich Verschlüsselung der Bezahldaten?“ Na ja. „Und Facebook liest mit?“ Vermutlich schon, aber dann werden ja die Retargeting-Banner besser… „Und woher weiß ich, dass der von Staples vorgeschlagene 3D-Drucker tatsächlich der Beste ist?“ Bestell einfach drei verschiedene und schicke zwei zurück. Oder lies die Bewertungen auf der Website.
Chats: super, Bots: cool, Conversational Commerce: komplex
Ganz klar: Der Einsatz von Messengern bei der Transaktionsbegleitung und beim Support ist richtig und wichtig. Man muss dahin gehen, wo die Kunden sind und ihnen die Kommunikation einfach machen. Das ist echtes CRM, aber es skaliert nicht. Bots können einen Teil der Standardkommunikation abbilden und sind definitiv schlauer als 2003. Sie sind bessere FAQs, interaktive Vorschlagssysteme oder individuelle Produktkonfiguratoren, wenn sie gut gemacht sind. Aber wenn man sich Beispiele wie Staples oder auch den Modehändler Spring anschaut, erschleicht einen unweigerlich das Gefühl als würde das im Browser – auch im mobilen – effizienter und vor allem optisch ansprechender funktionieren. Und ist das Tippen von Fragen tatsächlich von der Bedienung her einfacher, als das Tippen auf Optionen mit dem Finger?
Spannend kann es werden, wenn sich neutrale Bots als intelligente Agenten in Stellung bringen. Das ist aber dann eher der Job eines Preisvergleichers oder Bewertungsportals oder eben eines Händlers mit schier unerschöpflichem Sortiment und dessen Bot heißt ja bekanntlich Echo bzw. Alexa. Was aber absolut nicht geht ist der unreflektierte Einsatz dieser Technologie. Nur weil die Shopsoftware inzwischen ein Chatmodul hat, muss mich nicht jeder Onlineshop mit einem automatisch auftauchenden Chatfenstern belästigen. Ich verbringe inzwischen mehr Zeit damit, nach dem Schließen-Kreuz beim Chatfenster zu suchen, als mir Produkte anzuschauen. Und es gibt Shops, da poppt dieses Fenster auf jeder Seite auf, egal, wie oft ich es bereits geschlossen habe.
Neulich fragte mich tatsächlich ein Shopping-Bot: „Sind Sie ein Mann oder eine Frau?“ Meine Antwort: „Ich möchte mich nur umschauen“. Der Bot: „Na klar, aber wussten Sie schon, dass wir seit kurzem …“.
P.S. Der Film „Her“ deutet an zu was Bots auf Dauer in der Lage sein könnten. Das gehypte US-Unternehmen Persido arbeitet aktuell an der Automatisierung der emotionalen Sprache. Wenn euer E-Commerce-Bot so emphatisch ist wie der aus „Her“ könnte ich mein Urteil revidieren. Ich hätte dann gerne eine Pushnachricht.
P.P.S AllYouNeedFresh, der Lebensmittelversender von DHL führt vorsorglich schon mal den Ladenschluss ab 18 Uhr beim Conversational Commerce ein. Das macht ja auch kein Bot sondern Nadine und die hat irgendwann Feierabend. Das vorgeschlagene Rezept zu den Pasta mit Avocado-Pesto war übrigens lecker. Ich hab die Zutaten auf dem Heimweg bei meinem Supermarkt abgeholt.