Von Gastautor Benjamin Krapp, Head of Marketing bei Market Grounds
Derartige Parallelen erscheinen auf den ersten Blick weit weg, zumal es für einen Abgesang auf die großen Rivalen im Liefern von Lebensmitteln indes noch reichlich früh wäre. So ist der (damit im Regelfall einhergehende und somit hier vorausgesetzte) Lebensmittelkauf online doch beileibe noch ein zartes Pflänzchen, in Deutschland schätzungsweise erst ein bis zwei Prozent der etwa 200 Milliarden Euro; selbst 2020 sollen es, optimistisch gerechnet, lediglich fünf Prozent sein.
Lebensmittel-Lieferservices: Keine Selbstgänger
Trotz alledem könnte zum Beispiel aufhorchen lassen, dass besagte große Rivalen ihren kostspielig hochgezogenen Lieferservice komplett einstellen, so wie unlängst bei Kaufland geschehen. Oder dass aufwändig geplante Teilkonzepte gar nicht erst umgesetzt werden, so beispielsweise Lidl mit seinem Pilotprojekt zum Ausbau seines Online-Handels, die geplanten Abhol-Minisupermärkte namens Lidl Express. Oder dass eben diese großen Mitbewerber entsprechende Zahlen auffallend sparsam bis gar nicht preisgeben, so unter anderem Amazon. Auch könnte, womöglich sollte, dies einmal den Blick auf den Mittelständler lenken, der mit seinem Lieferdienst für Lebensmittel bereits beachtliche Umsätze tätigte, als von diesem Thema noch überhaupt niemand sprach. So erfreut sich die in nahezu allen diesbezüglichen Diskussionen komplett vernachlässigte, im nordrhein-westfälischen Straelen ansässige Bofrost Dienstleistungs GmbH & Co. KG laut jüngster Zahlen nicht nur 2,5 Millionen „Kundenhaushalten“ in Deutschland, sondern auch stetig steigender Umsätze in den letzten Jahren, zuletzt 742 Millionen Euro alleine hierzulande, 1,3 Milliarden in Europa. Zahlen, von denen Amazon fresh, Rewe und die Edeka-Tochter Bringmeister nur träumen können oder – im Fall von Kaufland – konnten.
Erfolg dank Fokussierung und Erfahrung
Gegen diese Perspektive mag man das Argument des Äpfel-Birnen-Vergleichs einwenden: Vollsortimentler mit Frischeprodukten einerseits, Spezialist Tiefkühlkost andererseits. Aufgrund seines Angebots an Weinen, Olivenölen et cetera stimmt dies für Bofrost zwar nicht mehr in Gänze. Nichts desto trotz könnte genau hier der Hase im Pfeffer liegen. Denn während die Flotten von Rewe, Edeka und Co. auch fleißig voluminöse und damit, auf die LKW-Ladefläche gerechnet, umsatzschwache Getränkekisten, Katzenstreu und Klopapier durch Deutschlands Großstädte fahren, bleibt sich der Mittelständler treu: Konzentration weiter – Tiefkühlkost hin oder her, immerhin auch kein geringer Anteil am Lebensmittelumsatz im Handel – auf Food, obwohl ihm die Produktdiversifikation mit seinem Zugang zu 2,5 Millionen deutschen Haushalten sicher ein Leichtes wäre. Hinzu kommt seine über Jahrzehnte aufgebaute Kompetenz im Aufrechterhalten der Kühlkette für Gefrorenes, sein Know-How in der Übernahme der mit dem Liefern von Lebensmitteln verbundenen zusätzlichen Kosten (Infrastruktur, Kommissionieren, Be-/Entladen, Transport selbst, Bezahlung) und vieles mehr.
Wo der Frosch die Locken hat …
Vor diesem Hintergrund darf im ohnehin hart umkämpften deutschen Lebensmittelhandel mit Spannung erwartet werden, wo die Reise der Lieferwägen hingeht beziehungsweise wessen Logo(s) diese mithin tragen werden. Ob der Mittelständler auch nachhaltig für diese Zukunft des Ver- beziehungsweise Einkaufens und Auslieferns von Lebensmitteln aufgestellt ist, wird die Zeit zu Tage fördern; was die Momentaufnahme zu Tage fördert, dürfte jedoch nicht weniger interessant sein, insbesondere weil bis dato komplett unbeachtet: Ein Mittelständler zeigt den großen Rivalen – einmal mehr – , wo der Frosch die Locken hat.
Über den Autor: Benjamin Krapp ist Head of Marketing bei Market Grounds, wo er insbesondere für die Vermarktung starker Non- und Food-Marken für Food Service verantwortlich ist.