Von
Die Katze ist aus dem Sack: Ende vergangener Woche machte Snapchat-Mutter Snap Inc. den Börsenzulassungsantrag öffentlich – und mit ihm alle finanziellen Details der Geschäftsentwicklung. Was sofort auffiel: Snap wächst zwar explosiv, geht aber mit einem Minus von 514 Millionen Dollar im vergangenen Jahr hoch defizitär an die Börse.
Damit erinnert Snap an ein Unternehmen, für das Gründer Evan Spiegel seit Jahren nur noch Spott überhat: den Kurznachrichtendienst Twitter, der ebenfalls mit einem dicken Minus an der Wall Street debütierte und es bis heute nicht annähernd geschafft hat, aus den roten Zahlen zu kommen.
Weniger Nutzer und größere Verlauste als Twitter zum Zeitpunkt des Börsengangs
Tatsächlich fällt der Vergleich mit Twitter allerdings durchwachsen aus: Zum Zeitpunkt des IPO sind Snaps Erlöse zwar höher, der Kurznachrichtendienst verfügte aber über deutlich kleinere Verluste und über mehr Nutzer (allerdings war Twitter zu dem Zeitpunkt des Börsengangs auch zwei Jahre älter als Snapchat).
Active users: 158m v 218m
Revenue: $404m v $317m
Loss: -$515m v -$79.4mhttps://t.co/wb1hWBfD4M pic.twitter.com/4CrjqtGDCu— John McDuling (@jmcduling) February 2, 2017
Ein Vergleich mit dem jungen Facebook, der angesichts des explosiven Umsatzwachstums aufgekommen war, hat sich indes schnell erledigt: Das weltgrößte Social Network arbeitet bereits nach wenigen Jahren profitabel und konnte zum Zeitpunkt des Börsengangs 2012 nach achtjähriger Geschäftstätigkeit bereits einen Gewinn von einer Milliarde bei Umsätzen von knapp vier Milliarden Dollar ausweisen.
Kein Vergleich mit dem jungen Facebook
Die Nutzerzahlen lassen Snapchat wie einen Zwerg unter den Social Networks aussehen: Den 158 Millionen täglich aktiven Nutzern standen bereits 845 Millionen bei Facebook gegenüber.
Klar ist damit: Begeisterungsstürme kann Snap mit seiner Bilanz im Silicon Valley kaum auslösen. „Snaps Börsenprospekt bringt einige gute Dinge hervor – und einige, die ich als fragwürdig bezeichnen würde, vor allem die Ausgaben“, merkt CNBC-Marktkommentator James Cramer an.
The $SNAP prospectus yields some good things and some things i would describe as questionable, especially expenses…. https://t.co/QoH3EFxPnM
— Jim Cramer (@jimcramer) February 3, 2017
Auch Techblogger Neil Cybart reagiert wenig begeistert: „Viele dachten, Snap würde mit einer Bewertung von 100 Milliarden Dollar an der Börse debütieren. Jetzt sieht es eher nach 25 Milliarden Dollar aus“, merkt der Betreiber des Apple-Blogs Above Avalon an.
Many thought Snap would IPO with $100B valuation. Now looks like $25B. Zuckerberg/Systrom grabbed most of that missing value.
— Neil Cybart (@neilcybart) February 3, 2017
Launch von Instagram-Stories hat die Luft aus Snaps IPO gelassen
„Zuckerberg und (Instagram-Gründer) Systrom haben sich den fehlenden Wert geschnappt“, folgert Cybart und spielt damit auf die Rolle des Klons Instagram Stories an, der weitaus explosiver wächst als Snapchat und nach Nutzerzahlen aufgeschlossen hat.
Eine Marktkapitalisierung von mindestens 25 Milliarden Dollar strebt Snap beim Debüt an der Wall Street trotzdem an – exakt den doppelten Börsenwert von Twitter, das im vergangenen Geschäftsjahr geschätzte 2,7 Milliarden Dollar und damit fast das Siebenfache von Snapchat umsetzte.
In anderen Worten: Nach fundamentalen Kriterien sieht Twitter gegenüber Snap erstaunlich moderat bewertet aus – oder Snap gegenüber Twitter erstaunlich teuer.