BP hatte sich als Unternehmen positioniert, dem alternative Energiequellen am Herzen liegen. Untermauert wird dies mit dem Fakt, dass BP weltweit der größte Anwender von Solarstrom ist und einer der größten Hersteller von Solaranlagen. Auch der Stromhersteller RWE versucht CSR nicht nur seit 1998 im Umweltbereich umzusetzen, sondern hat das Konzept mittlerweile auch in die Personal- und Kommunikationsabteilung ausgedehnt. Im Nachhaltigkeitsbericht „Unsere Verantwortung“ aus diesem Jahr ist nachzulesen: „Um unsere Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft einlösen zu können, haben wir unsere Managementstrukturen weiter ausgebaut: Der Konzernvorstand befasst sich regelmäßig mit dem Thema nachhaltige Entwicklung und trifft grundlegende Entscheidungen.“
Aber wir erinnern uns: Noch im Winter 2005 knickten im Münsterland Strommasten der RWE ein. So war sogar zu hören, intern sei bereits seit 2003 bekannt gewesen, dass 60 Prozent aller RWE-Hochspannungsmasten Materialfehler aufweisen. Wie auch immer: RWE-Chef Harry Roels räumte auf jeden Fall Materialprobleme ein. Zudem sei ein Sanierungsprogramm schon 2001 beschlossen worden. Schnelles, verantwortungsvolles sieht anders aus.
Auch BP (Slogan: Beyond Petroleum) beginnt seine Glaubwürdigkeit zu verspielen. Denn aktuelle Geschehnisse machen das Engagement für die Umwelt gerade zunichte: Öl sickerte in Alaska aus einer schlecht gewarteten Pipeline. Dabei war das Unternehmen bereits im März dieses Jahres ermahnt worden, als 800 000 Liter Öl aus derselben Leitung austraten. Teilweise auf weniger als einen Zentimeter Dicke waren die Rohre wegegerostet.
Hier und heute entscheidet sich, ob CSR nur ein weiterer Trend im Marketing ist oder ein ernst zu nehmender Ansatz. Dabei wird völlig zu Recht über Nachhaltigkeit und Bildung von Vertrauen nachgedacht. Denn derzeit ist der Fokus der Unternehmen zu eng geworden: zunehmend kurzfristig orientiert, fühlen sie sich häufig nur noch Investoren, Anteilseignern oder sonstigen Zahlendrehern verpflichtet, aber nicht mehr ihren Kunden und Mitmenschen.
Dabei gibt es immer wieder gute Beispiele zu beobachten: Barcadi stellt bei seinen Be Live-Events sicher, dass die jungen Autofahrer keinen Tropfen Alkohol trinken, die Drogeriemarktkette dm stellte von April bis Juni dieses Jahres 1 600 Kindern im Grundschulalter Musikinstrumente zum kennenlernen zur Verfügung, ABB ermöglicht jedes Jahr 500 Kindern von Mitarbeitern kostenlose Sommerferien im ABB-Kinderferienhaus, Krombacher machte während der WM 2006 eine Spendenoffensive und nicht zuletzt Porsche nimmt nach einer globalen TNS Automotive-Studie bei den Unternehmen mit sozialer Verantwortung einen Spitzenplatz ein.
Man traut sich allerdings gar nicht mehr, hinter die Kulissen zu schauen und man möchte den Unternehmen zurufen, sie sollen endlich anfangen, wieder ihre Leistungen für Kunden ernst zu meinen und die Konsumenten und Gesellschaft nicht mit irgendwelchem Fake zu blenden – dann klappt es vielleicht auch mit Corporate Social Responsibility.
Über den Autor: Christian Thunig ist Stellv. Chefredakteur der absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing