Ein Kommentar
Kornfelder, glückliche Menschen und wehende Stars-and-Stripes: So sieht Wahlwerbung aus. Stritte er nicht noch mit Mitbewerbern um die republikanische Kandidatur, könnte da auch Donald Trump auftauchen. Dass der nämlich irgendwann Präsident der Vereinigten Staaten werden könnte, dürften viele US-Amerikaner ähnlich kritisch sehen, als würde der Protagonist dieses Wahlwerbespots tatsächlich im Weißen Haus sitzen. Die Rede ist vom skrupellosen Politiker Frank Underwood aus der Erfolgsserie „House of Cards“. Der muss in der nächsten Staffel in den Wahlkampf und die US-Bürger davon überzeugen, ihn zum Präsidenten zu wählen.
Für die Promotion der vierten Staffel hat sich Netflix mal wieder etwas einfallen lassen: Nebst Werbespot launchte der Streamingdienst eine eigene Kampagnenseite für „FU 2016“ – stilecht mit markigen Politikersätzen und viel Pathetik. Sogar ein eigenes Media-Kit mit Poster, Facebook-Header oder Button steht zum Download bereit. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis zahlreiche Facebook-Cover, Twitter-Header und Profilbilder mit der Underwood-Wahlwerbung zugepflastert werden. Da hüpft das PRler-Herz. Das Kuriose: Die Vermarktung ist extrem plakativ (im wahrsten Sinne des Wortes), aber gleichzeitig so gut gemacht, dass es keiner als anbiedernd wahrnehmen wird. Zudem schafft Netflix damit einen Kosmos rund um „House of Cards“, der Fans bindet und neue aufmerksam macht.
Warum nicht alle so?
In der deutschen Medienlandschaft ist irgendwie noch nicht angekommen, dass es viele Leute gibt, die sich nicht mehr primär über die Programmzeitschrift oder die Vorankündigung in der Werbepause informieren. Auch solche müssen erreicht werden – nur wie?
Zum Beispiel durch Social Media: Die Serie „Deutschland 83“ ist so ein Beispiel – die Serie wird von Kritikern in den Himmel gelobt, sogar ein US-amerikanischer Sender zeigt sie (Sensation!). Nur mit der Promo haperte es irgendwie. Auch die Quote ist nicht besonders, zeitweise sogar unter Senderschnitt. Das ist schade, denn die Serie ist doch wirklich gut – und eine deutsche Produktion mit Amerika-Charme.
Aber für Begeisterung braucht es auch bei Serien Markenpflege. Leider funktionierte das bei „Deutschland 83“ nicht so sehr: Bei der Netzpräsenz der Serie hätte sich RTL wirklich mehr einfallen lassen können. Auf Facebook ist die Serie vertreten, aber auch hier ist der Mehrwert fraglich. Links zu Sender-Homepage und ein paar Zitate aus der Serie, die noch nicht einmal besonders aussagekräftig sind. Eine vertane Chance.
Die Positivbeispiele
Dass man kein US-amerikanisches Unternehmen sein muss, um sich Mehrwert und eine gute Vermarktung für eine Serie zu überlegen, beweisen zum Beispiel Arte, Sky oder auch das ZDF, welches immer mal wieder gerne für seine Schwerfälligkeit kritisiert wird.
Auf Arte läuft zum Beispiel derzeit „Occupied“, eine Serie nach Jo Nesbø, die ein Zukunftsszenario entwirft, in dem Norwegen die Öl- und Gasförderung einstellt und sich ganz auf ein riesiges Thoriumkraftwerk verlassen will. Die EU ist dagegen und so „besetzt“ Russland Norwegen – unter immer heftiger werdenden Protesten der Bevölkerung. Nicht nur die Serie ist gut gemacht, auch die Kommunikation dafür stimmt. Neben Ankündigung auf Facebook, war der Sender auch auf der eigenen Seite kreativ: So hat Arte unter anderem ein Spiel entworfen, in dem der Nutzer in einen der Charaktere der Serie schlüpfen kann. Das reicht noch nicht ganz an Netflix ran, ist aber zumindest ein Anfang.
Auch Pay-TV-Anbieter Sky überlegte sich etwas zur fünften Staffel „Game of Thrones“: Mit der Aktion „Nachtwache-Karriere“ schuf das Unternehmen zusätzliche Aufmerksamkeit. Auch das ZDF ließ Anfang Januar für „Tannbach – Schicksal eines Dorfes“ ein bisschen mehr springen und erschuf im Netz ein bisschen mehr als nur Programmankündigung.
Die Beispiele zeigen: Es geht noch mehr als Plakatwerbung und Programmankündigung. Bitte nachmachen!