Laut waren die Klagen in der Vergangenheit, dass sich keine europäische Suchmaschine für ein Massenpublikum etablieren konnte. Später sinnierte man, warum es wieder die großen US-Konzerne waren, mit denen die Plattform-Industrie Fahrt aufnahm. Und Social-Media in Europa? Ebenfalls in der Hand von Big Tech aus Übersee. Die USA und China teilen sich die Märkte nach Belieben. Bisher konnten Marktbeobachter*innen im Nachhinein lediglich nüchtern feststellen, dass es europäische Unternehmen wieder einmal nicht geschafft hatten, globale Relevanz zu erreichen.
Nun mischt generative KI die Wirtschaft auf – und es ist das gleiche Spiel: Google, Microsoft, Adobe & Co. sorgen für die großen Innovationen. Sie machen gigantische Summen für Forschung und Entwicklung locker. Oder beteiligen sich: So investierte Microsoft frühzeitig mehr als zehn Milliarden US-Dollar in den heutigen Platzhirsch ChatGPT. Und europäische Anbieter? Ja, die gibt es. Und sie werden in der Szene auch beachtet. Aber wirtschaftlich gelten sie als Underdogs. Um mit den Big Playern – allen voran ChatGPT – mithalten zu können, brauchen KI-Anbieter die besten Köpfe und exzellentes Equipment. Beides kostet Geld. Viel Geld. Doch genau daran hapert es in Europa.
Kaum Geld für KI
Die größte Herausforderung für europäische KI-Start-ups sind die Finanzierung, Regulierung und Rechenkapazität. Das geht aus einer jetzt veröffentlichten Studie des gemeinnützigen appliedAI Institute for Europe hervor. Um den Status Quo von europäischen KI-Start-ups zu ermitteln, wurden 95 Start-ups aus diesem Bereich in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Schweden befragt. Eine mangelnde Finanzierung landete mit 51 Prozent der Nennungen auf Platz Eins, gefolgt von Regulierung (24 Prozent), Rechenleistung (19 Prozent) und Mangel an qualifizierten Fachkräften (18 Prozent).
Den Daten zufolge haben europäische generative KI-Start-ups bisher nur rund 2,37 Milliarden Euro an Finanzmitteln gesammelt. Im Gegensatz dazu haben dem appliedAI Institute zufolge allein zwei Player aus den USA (OpenAI und Anthropic) bis Dezember 2023 bereits über 14 Milliarden Euro an Finanzierung erhalten. Allein diese beiden außereuropäischen KI-Start-ups haben somit sechsmal so viel Geld erhalten wie alle rund 669 generativen KI-Start-ups in der EU zusammen.
Das ist fatal, denn KI verbessert erwiesenermaßen die Produktivität von Unternehmen. Ohne diesen Innovationsschub könnte die europäische Wirtschaft abgehängt und ihre zukünftige Wettbewerbsfähigkeit gefährdet werden. Start-ups haben das Potenzial, diese Innovationen bereitzustellen. Investitionen sind dafür unerlässlich. Insbesondere das kostenintensive Modelltraining werde durch die zurückhaltenden Investitionen enorm erschwert, so die Studien-Autor*innen. 24 Prozent der befragten Start-ups äußerten zudem Bedenken aufgrund anstehender regulatorischer Maßnahmen, die teilweise als übermäßig komplex und restriktiv empfunden werden.
Um die generativen KI-Landschaft in Europa zu stärken, rät die Studie unter anderem, die Finanzierung für Risikokapitalgeber attraktiver gestalten. Dafür bedürfe es eines umfassenden Ansatzes, der die Zusammenarbeit zwischen Investoren, politischen Entscheidungsträgern und dem Start-up-Ökosystem fördert. Auch verstärktes „Matchmaking“ zwischen europäischen KI-Start-ups und international agierenden Investoren sei nötig. Bleibt also festzustellen: Der Zug „generative KI“ hat sich rasant in Bewegung gesetzt, noch wäre für die Europäer Zeit aufzuspringen. Doch ohne ausreichende finanzielle Unterstützung wird wohl auch diese Technologie-Reise in Europa im Keim ersticken.
Schon gehört?
Salesforce hat neue daten- und KI-gestützte Tools für seine Commerce Cloud und Marketing Cloud angekündigt. Mit den neuen Tools sollen Einzelhändler und Marketer das Verhalten und die Präferenzen ihrer Kunden in Echtzeit erkennen und jede Kundeninteraktion optimieren können. Damit dürfte Salesforce einen Nerv der Marketer treffen. Denn mit 82,4 Prozent ist KI mit Abstand die Entwicklung, der das größte Potential zur Veränderung im Marketing zugetraut wird.
Besonders die Verknüpfung unterschiedlicher Daten führt zu einem deutlich umfassenderen Verständnis des Kundenverhaltens, das geht aus einer aktuellen EHI-Studie hervor. Aufbauend auf solchen Erkenntnissen lässt sich sogar die Customer Experience optimieren. Laut einem aktuellen Report von Zendesk wollen 70 Prozent der globalen CX-Führungskräfte ihre Customer Journey mithilfe von Tools wie generativer KI neu gestalten.
Übrigens: Auch wenn sich scheinbar die komplette Werbe-Welt um KI dreht – es geht auch anders: Barbie ist „Advertiser of the Year 2023“. Die Marke konnte im jährlichen YouGov-Ranking die größte Steigerung der Ad Awareness im Laufe des Kalenderjahres erreichen!
In diesem Sinne. Bleiben Sie inspiriert!