Unternehmen werfen mit Daten einen Blick in die Zukunft: IBM plant, die Informationen rund um das Wohlbefinden auf Millionen von Apple-Geräten auszuwerten und diese dann Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich wie Johnson & Johnson und Medtronic anzubieten. Selbst im Recruiting kann Big Data im großen Stil genutzt werden. Dabei geht es bei Big Data nicht zwangsläufig um intime Daten wie die eigene Krankenakte, das Gehalt von Herrn Müller oder den Inhalt der privaten E-Mails des Kollegen. Es geht in der Regel um Abläufe und Profile, um Stärken und Schwächen.
Was ist denn Big Data?
Im Rahmen einer Studie, die von Coleman Parks Research im Auftrag des Speicherspezialisten Iron Mountain bei knapp 800 Informations-Managern unterschiedlicher Branchen in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, UK, Spanien und Ungarn durchgeführt wurde, kam heraus, dass 52 Prozent der europäischen Unternehmen nicht wissen wie sie Big Data am besten nutzen könnten – und 21 Prozent planen nicht einmal, etwas mit diesem Thema anzufangen. Knapp Dreiviertel der befragten – vor allem mittelständischen – Unternehmen glauben jedoch, dass das Thema in den nächsten drei Jahren für sie wichtiger wird.
Immerhin meint Gartner, dass bis 2015 85 Prozent der Top 500 Unternehmen weltweit nicht einmal in der Lage sein werden, einen wirtschaftlichen Vorteil aus ihren vorhandenen Daten zu ziehen.
Big Data im Personalwesen
Weil sich heute ein großer Teil der Aufgaben in der Personalarbeit um die Beschaffung und die Qualifizierung der benötigten Mitarbeiter dreht, sind Recruiting und Talent Mangement die beiden Bereiche, die von Big Data am meisten profitieren können. Darüber hinaus findet Big Data Analytik aber auch in der Personalplanung, im Lernbereich und in der Leistungsmessung statt. In vielen deutschen Unternehmen gibt es die Position des Personalcontrollers, für den das Erstellen von Modellen, beispielsweise über alternde Belegschaften und andere Personal-relevante Analysen, zu seinen Routineaufgaben zählt.
Wann kündigen Mitarbeiter?
Selbst wann Mitarbeiter kündigen, kann herausgefunden werden. Denn häufig steckt dahinter ein Muster, wie Sven Semet, Senior Account Executive bei IBM, sagt. „Mittlerweile kann man sogar vorhersagen, wer gefährdet ist, ein Unternehmen zu verlassen, in dem man sich die Kandidaten anschaut, die in letzter Zeit gegangen sind. Zum Beispiel: wie alt waren sie, welches Geschlecht hatten sie, wie lange waren sie im Betrieb, welche Ausbildung und welche Fähigkeiten hatten sie. Dann kann man sagen: Müller, Meyer und Schmidt passen ins vergleichbare Raster. Dann kann man die Mitarbeiter ansprechen und herausfinden, was man tun kann, damit sie bleiben.“
Eine Studie zum Thema Big Data im Personalbereich von Cornerstone Ondemand, einem Anbieter von Cloud-basierter Talentmanagement-Software, listet Beispiele auf: Die Leitung eines Großhandelsunternehmens entschied sich dafür, das interne HR Analytik Team immer dann zu konsultieren, wenn Veränderungen in der Organisationsstruktur anstanden. Mit Hilfe von Grafikwerkzeugen lässt sich darstellen, wo die Kontrollreichweite der einzelnen Managementeinheiten und Funktion zu stark oder zu schwach ist. Man kann genau sehen, wo im Unternehmen sich Talente bewegen, ob sie das Unternehmen verlassen oder wo die Mobilität der Talente in höhere Positionen gut oder weniger gut ausgeprägt ist. Das gibt der Unternehmensführung Erkenntnisse darüber, wann sie Organisationsprozesse konsolidieren oder erweitern und wann sie neue Führungskräfte fördern oder dort Strukturen reorganisieren sollen.
Und auch das Technologie- und Dienstleistungsunternehmen Xerox hat durch den Einsatz von Big Data die Fluktuationsrate in seinen Callcentern um etwa 50 Prozent reduziert. Xerox konnte die eigene Mitarbeiterfluktuationsrate in allen seinen Callcentern um etwa 50% reduzieren, nachdem es Big Data im Rahmen der Überprüfung der Bewerbungen einsetzte. Das Unternehmen hatte bisher Personen basierend auf deren Praxiserfahrungen eingestellt. Doch die Daten zeigten, dass die Persönlichkeit eine größere Rolle spielt als die Praxiserfahrung.
Erst kürzlich bewiesen Forscher der Universitäten Cambridge und Stanford, dass Computer uns nur anhand von Facebook-Likes besser beschreiben können als Freunde, Familie oder Partner. Und auch hier gilt: Je mehr Likes, desto präziser die Analyse der Persönlichkeit. Klar ist aber auch, dass nicht allein der Computer Personalentscheidungen treffen kann. Doch sogar persönliche Daten wie das Surfverhalten der Mitarbeiter oder E-Mails können einen Erkenntnisgewinn liefern. Sind die Hälfte der Mitarbeiter ständig bei Jobportalen unterwegs? Dann wird es Zeit, etwas an der Arbeitsatmosphäre zu verändern oder die Angestellten zum Gespräch zu bitten.
Allerdings geht bei solchen Daten nichts ohne Fingerspitzengefühl. Datenschutz spielt eine große Rolle und die vorhandenen Gesetze müssen berücksichtigt werden. Denn wer seine Mitarbeiter ausspäht, um exakte Protokolle eines jeden Einzelnen zu erstellen, hat sonst schneller die Kündigung auf dem Tisch.