Bibi hebt Drogeriemarke dm aus den Angeln

Die populäre Beauty-Bloggerin Bianca Heinicke hatte am Donnerstag ihr erstes eigenes Kosmetikprodukt präsentiert, das exklusiv bei dm zu bekommen ist. Ihre Internetgefolgschaft flippte regelrecht aus und stürmte die Läden. Zwischenzeitlich waren die Produkte vergriffen

Zweieinhalb Millionen Teenager versammeln sich auf dem Youtube-Kanal Bibis Beauty Palace. Bibi, alias Bianca Heinke, ist damit eine der erfolgreichsten deutschen Youtuberinnen und steht deutlich vor ihrer Konkurrentin DagiBee. Jetzt präsentierte sie erstmals ein eigenes Kosmetikprodukt, den Bilou Badeschaum.

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Die Fangemeinde drehte förmlich durch, stürmte die Läden und präsentierte Selfie um Selfie mitsamt Badezusatz auf den entsprechenden Social Media Kanälen und Hashtags. Kein Wunder, denn Bibi und ihr Vermarkter Timo Schmid überließen nichts dem Zufall. Alle wichtigen Social Media Kanäle wurden zeitlich gestaffelt adressiert. Die Veröffentlichung des Produkts bekam einen besonderen Spannungsbogen und klug eingesetzte Gewinnspiele sorgten dafür, dass der Drang in die Läden noch größer wurde. Ein Paradebeispiel für kluges Kampagnendesign, wie Social Media Experte Felix Beilharz befindet.

Ansturm auf dm-Filialen

Zwischenzeitlich meldeten einzelne Filialen, dass die Produkte ausverkauft seien. „Schon ab Mittag haben wir den leeren Aufsteller aus dem Gang genommen, aber die Kunden haben den ganzen Tag weiter danach gefragt“, so eine Verkäuferin in einer Hamburger Filiale. dm war für eine Stellungnahme kurzfristig nicht zu erreichen. Aus früheren Verkaufsaktionen mit Sonderprodukten ist aber bekannt, dass dm die Ausgangsbestückung eher konservativ anlegt.

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Die Aktion zeigt dennoch die geballte Wirkkraft von Influencer Marketing. Sie dient eben nicht nur dazu Opel ein jüngeres Image zu verleihen (mit Youtuber Zach King) oder die Reichweite von CokeTV zu verlängern (mit Dner), sondern eignet sich auch hervorragend für die Absatzförderung, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Und diese sind hier perfekt. Bibi erreicht eine riesige Zielgruppe, zu der sie über die letzten beiden Jahre intensive Verbindung aufgebaut hat.

Die Fans nehmen Bibi nicht als abgehobenen Star wahr, sondern als Ihresgleichen. „Ich freue mich so für Dich“ lauten zahlreiche Twitter-Kommentare. Eine Sprachwahl, die man beispielsweise gegenüber Heidi Klum wohl selten so liest. Bibi vermarktet sich und ihre Reichweite aktiv, aber die Mehrzahl der Unternehmen geht noch sehr zaghaft mit dem neuen Reichweitenkanal um. Reiseanbieter Neckermann setzte die Blondine als Testimonial ein und die Hotelgruppe NH spendierte ein Wochenende in Berlin und erzielte mit überschaubarem Einsatz über eine Million Abrufe auf dem Erlebnisvideo.

Gelingt die dauerhafte Kooperation?

Auch dm hat schon mit Bibi zusammen gearbeitet. Vor einem Jahr blies Bibi zum Haul, also zum enthemmten Einkaufsbummel. Wohlgemerkt in einer Drogerie. Dank Verlosungsaktion kratzte auch dieser Film an der Millionengrenze. Ähnliche Wirkung entfaltete die gleiche Aktion beim Modediscounter Primark.Auch dm ist wahrlich kein unbeschriebenes Blatt in Sachen Social Media. Neben der Werbeaktion mit Bibi machte man bereits vor vier Jahren mit einer Crowdsourcing-Aktion auf sich aufmerksam. Damals durften Facebooknutzerinnen ein eigenes Duschbad entwerfen. Und obwohl auch damals dm den Erfolg der Maßnahme mit „ausverkauft“ illustrierte, wurde die Kooperation mit dem Münchner Dienstleister Innosabi nicht fortgesetzt. Man trennte sich wegen geschäftlicher Differenzen.

„Es wird spannend zu beobachten sein, ob es dm gelingt, eine echte dauerhafte Kooperation mit Bibi einzugehen, dann zahlt es sich für die Marke aus“, meint Social Media Experte Andreas Bersch. Seiner Ansicht nach pressen zu viele Werber die Influencer in starre Kampagnenkonzepte, die vor allem auf kurzfristige Aufmerksamkeit zielen. Die langfristige Kooperation zeichnet sich aber dadurch aus, dass auch für den Influencer ein Mehrwert existiert. „Bibi steht im Wettbewerb und achtet genau darauf, welche Kooperation ihr auch Reichweite bringt. Da stehen monetäre Interessen oft an zweiter Stelle“, so Bersch.

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Natürlich tummeln sich auf den Social Media Kanälen auch jede Menge Kritiker und Trolle und immer wieder geht es um die Fragen, in wie weit eine solche Aktion noch authentisch für Bibi ist, ihren Kanal zerstört oder schlicht eine Abzocke der jungen Zielgruppe darstellt. Die Frage ist berechtigt. Die Halbwertszeit der Youtuber kennt Grenzen. Zu volatil ist das Abonnentenkonstrukt und sehr intensiv die Produktionsfrequenz. Kritiker werfen den Vermarktern das „Verheizen“ ihrer Stars vor. Die einstigen Heroen von Y-Titty mussten zum Beispiel gewaltig Federn lassen. Sie spielen in den Marketingüberlegungen der junggeblieben Werber kaum mehr eine Rolle.

Werbeaktionen in der Kritik

Auch Bibi selbst musste unlängst einen kleinen Shitstorm über sich ergehen lassen, als sie mit der Telekom das Bibiphone vorstellte. Der versandete allerdings schnell, als klar wurde, dass das beworbene Sony-Smartphone kurzfristig in der Bibi-Edition günstiger zu haben war, als ohne das Gesicht der Youtuberin auf der Rückseite. Von Abzocke also wenig zu sehen. Dieser Vorwurf greift eher bei den Luxusuhren und teuren Handtaschen, die Bibi, DagiBee und Konsorten in die Kamera halten. Aus rechtlicher Sicht sind nur wenige Aktionen zu beanstanden.

„Die meisten populären Kanäle und Vermarkter achten recht genau auf die werbliche Kennzeichnung“, sagt Vermarkterin Sarah Kübler von HitchOn. Dennoch stellt sich die Frage nach der Manipulierbarkeit und besonderen Schutzbedürftigkeit der besonders jungen Zielgruppe. Diese Diskussion ist so alt wie Medien selbst.

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Bibis Badeschaum Bilou ist da eine Ausnahme. Er ist nicht teuer, passt direkt zum Konzept von Youtuberin und Marke, ist mit veganen Zutaten hergestellt und riecht nach Donuts. Gut, letzteres mag nicht jede Nase erfreuen. Ein bissiger Twitter-Kommentar von Webfail alias Rainer Mösle dankte der streitbaren Youtuberin dafür, dass man ihre Gefolgschaft – die Bibinatoren – nun endlich schon aus der Ferne am Geruch erkennen kann.

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