Wenn Influencer wie Cathy Hummels in sozialen Netzwerken Fotos posten und ohne Werbevermerk auf Hersteller eines Produkts verweisen, ist das unter bestimmten Voraussetzungen keine Schleichwerbung. Für die eigene Firma dann nicht, wenn die Leute als Unternehmer bekannt sind.
Beiträge in sozialen Medien seien für Influencer geeignet, Bekanntheit und Werbewert zu steigern und damit ihr eigenes Unternehmen zu fördern, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag. Aber auch wenn sie auf andere Unternehmen verweisen, kommt es darauf an, in welcher Form sie das tun, ob sie eine Gegenleistung dafür bekommen und wie werblich der Beitrag ist.
Cathy Hummels & Co bekamen weitgehend Recht
Konkret ging es in Karlsruhe um Klagen gegen die Oberbayerin Hummels, die Hamburger Fashion-Influencerin Leonie Hanne und die Göttinger Fitness-Influencerin Luisa-Maxime Huss. Der Verband Sozialer Wettbewerb hatte ihnen unzulässige Schleichwerbung vorgeworfen und Unterlassung sowie die Abmahnkosten gefordert. Das Verfahren hat grundsätzliche Bedeutung für die Branche. Der Wettbewerbsverband hat zahlreiche Influencer wegen Schleichwerbung abgemahnt. Die obersten Zivilrichter Deutschlands gaben aber nun weitgehend den drei Influencerinnen Recht.
Hummels beispielsweise kennzeichnet nach eigenem Bekunden Beiträge, für die sie von den verlinkten Unternehmen bezahlt wird, mit den Worten „bezahlte Partnerschaft mit …“. Gibt es keine Gegenleistung, ist das aus Sicht des ersten Zivilsenats nicht nötig – sofern kein direkter Link auf die Internetseite des Unternehmens gesetzt ist.
Sogenannte Tap Tags bei Fotos auf Instagram, über die Nutzer auf die Profile von Herstellern oder Marken weitergeleitet werden, stellen aus Sicht des BGH allein keine „werblichen Überschuss“ dar. Es kommt aber auf Details an: Eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens liege dann vor, wenn ein Beitrag «nach seinem Gesamteindruck» übertrieben werblich ist: „Etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt.“
Influencerin Huss hätte sich klarere Regeln gewünscht
Influencerin Huss sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie hätte sich klarere Regeln gewünscht. „So bleibt viel Interpretationsspielraum.“ Selbst wenn man von einem Produkt total überzeugt sei, müsse man sich genau überlegen, wie man das formuliert. Vorsichtshalber jeden derartigen Beitrag als Werbung zu kennzeichnen, sei keine Lösung: „Das sieht wie eine Dauerwerbeschleife aus, was ich nicht bin.“
„Wir haben gesiegt! Endlich Klarheit“, schrieb Hummels auf Instagram über das Urteil. Influencerin Huss sagte der Deutschen Presse-Agentur dagegen, sie hätte sich klarere Regeln gewünscht. „So bleibt viel Interpretationsspielraum.“ Selbst wenn man von einem Produkt total überzeugt sei, müsse man sich genau überlegen, wie man das formuliert. Vorsichtshalber jeden derartigen Beitrag als Werbung zu kennzeichnen, sei keine Lösung: „Das sieht wie eine Dauerwerbeschleife aus, was ich nicht bin.“
Dass es weiter auf den Einzelfall ankommt, sei im Lauterkeitsrecht nicht ungewöhnlich, sagte Rechtsanwalt Simon Apel von der Kanzlei SZA der dpa. „Da gibt es eher selten glasklare Angelegenheiten.“ Somit könnten zwei abweichende Gerichtsentscheidungen zu ähnlichen Fällen beide gut begründet sein. Die Vorinstanzen in den drei BGH-Verfahren hatten unterschiedlich geurteilt. Hier ist Apel nicht involviert, er berät Unternehmen zu rechtlichen Aspekten des Influencer-Marketings.
Apel sprach von einem „Mehr an Rechtssicherheit“. Vor allem weil der BGH klargestellt habe, dass Influencer Beiträge zugunsten ihres eigenen Unternehmens nicht als Werbung kenntlich machen müssen wenn dieser kommerzielle Zweck schon aus den Umständen folge. Wenn der aber nicht klar sei – wie bei Influencern am Anfang ihrer Karriere oder bei Arbeitnehmern, die für ihren Arbeitgeber werben –, bleibe eine Grauzone. Fraglich sei beispielsweise auch, ob der Lohn des „Influencer“-Arbeitnehmers eine Gegenleistung des beworbenen Arbeitgebers im Sinne der BGH-Urteile sei.
Bitkom sieht Klarheit
Der Branchenverband Bitkom sieht ebenfalls „Klarheit für alle, die Teil dieser neuen Werbeökonomie sind“ – auch für Nutzerinnen und Nutzer von Netzwerken wie Instagram, Facebook oder Tiktok, die mehr Transparenz bekämen. „Posts können zwar werblich wirken, aber nicht alles, was Social-Media-Stars posten, ist auch wirklich Werbung im rechtlichen Sinn“, erklärte Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Soweit der BGH davon ausgeht, dass ein Hinweis auf den Hersteller eines Produkts in einem Tap Tag – ohne Gegenleistung – noch nicht genüge, um einen Beitrag als übertrieben werblich und somit kennzeichnungspflichtig einzuordnen, überzeugt dies Rechtsanwalt Apel allerdings nur teilweise: „Das wäre plausibel, wenn der Tap Tag nur den Namen des Produkts oder Herstellers nennt, aber nicht auf das Instagram-Profil des Herstellers weiterleitet», erläuterte er. «Wenn eine solche Weiterleitung aber erfolgt, ist nicht ersichtlich, wo der Unterschied zu einer Verlinkung der Internetseite des Herstellers liegen soll, die der BGH in der Regel für werblich hält.“
Eine „echte Guideline“ geht anders
Auch Martin Gerecke, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland teilte mit: „Eine echte Guideline liefert der BGH für all die Influencer, Unternehmen und Social Media Networks nicht.“ Die Entscheidungen würden die Branche nicht beruhigen. „Schon jetzt finden sich widersprechende Deutungen der Urteile im Netz.“ Es blieben die Urteilsbegründungen abzuwarten.
„Am Ende wird erst der Gesetzentwurf zur Werbekennzeichnung Klarheit bringen», so Gerecke. Das Gesetz soll im kommenden Jahr in Kraft treten. „Seine Aussage ist deutlicher als die Entscheidungen des BGH: Nur wenn der Influencer einen Vermögensvorteil – gleich welcher Art – erlangt hat, ist sein Posting als kennzeichnungspflichtige Werbung anzusehen.“ Auch die gesetzliche Neuregelung wird nach Apels Einschätzung aber keine allgemeingültige Abgrenzung ermöglichen. Daher würden die Urteile des BGH darüber hinaus relevant bleiben.
Von Marco Krefting, Anja Semmelroch und Susanne Kupke, dpa