Ob Buch, Kaffeemaschine, Hotel oder Restaurant – zu beinahe allem kann man sich heute ein Kundenstatement anschauen. Für Unternehmen ist das Fluch wie Segen. Immerhin kann eine schlechte Bewertung schnell den eigentlich guten Ruf negativ beeinflussen. Auf der anderen Seite erfahren sie aber auch wichtige Informationen über das, was Kunden über ihre Produkte denken und können hieraus wichtige Schritte ableiten.
Vertrauenswürdige Aussagen müssen herausgefiltert werden
Die wichtigste Erkenntnis der Studie lautet: Auch die 75 Prozent, die die angebotenen Informationen für vertrauenswürdig halten, surfen auf den Bewertungsportalen mit deutlich ausgeprägter Skepsis. Denn Antworten auf offen gestellte Fragen zeigen, dass ihnen bewusst ist, dass sie vertrauenswürdige Bewertungen von nicht vertrauenswürdigen herausfiltern müssen.
Dabei behelfen sie sich in der Regel mit einfachen Methoden. Hat ein Produkt zahlreiche Bewertungen, ermitteln sich die User beispielsweise daraus einen „Gesamteindruck“. Wenigen Bewertungen wird weniger stark vertraut. Viele unterstellen den Personen, die Bewertungen schreiben, auch ein einfaches Schwarz-Weiß-Denken, das automatisch zu sehr positiven beziehungsweise sehr negativen Bewertungen führt. Die Nutzer der Bewertungsplattformen interpretieren also jeweils für sich persönlich die Kommentare und Noten.
Kommentare wichtiger als Noten
Ein weiteres Indiz für die eher vorherrschende Skepsis ist, dass die meisten User (60 Prozent) ihr Hauptaugenmerk auf die Kommentare richten und weniger auf die jeweilige Benotung. Lediglich elf Prozent der Studien-Teilnehmer achten mehr auf die Noten und Sterne. 29 Prozent wiederum berücksichtigen beides gleichermaßen. Bemängelt wird von den Teilnehmern zudem, dass man zumeist „zwischen den Zeilen lesen“ müsse, um das tatsächliche Urteil ableiten zu können.
Die Online-Studie zeigt auch interessante demografische Unterschiede auf. So sind Männer deutlich skeptischer als Frauen – 73 Prozent der Männer und 78 Prozent der Frauen empfinden die Beurteilungen als angemessen. Auch jüngere Nutzer zweifeln mehr an den Bewertungen als ältere User.
Zertifizierte Bewertungen für mehr Glaubwürdigkeit
Was bedeutet das für Unternehmen, die Bewertungsportale nutzen wollen? Sicher, das berühmte „Körnchen Wahrheit“ steckt mindestens in fast allen Kommentaren und Urteilen. Daher sollte ein Unternehmen die relevanten Portale ständig im Auge halten, um auch dieses Kundenfeedback zu nutzen und gegebenenfalls zu reagieren. Als einzige Grundlage für die Analyse des eigenen Ist-Zustands sind Bewertungsportale jedoch nicht geeignet.
Für die Anbieter von Bewertungsportalen gilt: Sie könnten noch stärker als bisher Wege finden, um die Skepsis von Verbrauchern abzubauen. Hier böten sich vielleicht sogar Kooperationen mit Customer Experience-Programmen an, die die Aussagekraft durch ihr methodisches Vorgehen deutlich verbessern würden, und mit deren Hilfe sich Bewertungen von tatsächlichen Kunden ausweisen ließen. Dies setzt selbstverständlich das Einverständnis aller Beteiligten voraus. Solche „zertifizierten“ Bewertungen von realen Kundenerfahrungen würden die Glaubwürdigkeit der Portale sicherlich rasch steigern.
(Christian Vorwerck/asc)