Ob junge oder etablierte Unternehmen, es sieht gerade nicht gut aus für das Rückgrat der deutschen Wirtschaft: Zum einen wächst die Zahl der Unternehmen, die in den nächsten Jahren eine Nachfolge suchen, enorm. Allein bis 2027 sind laut KfW etwa 626.000 Übergaben zu erwarten. Für die Übernahme jedoch stehen immer weniger potenzielle Nachfolger zur Verfügung, was laut DIHK-Report 2024 oft zur Schließung führt. Zum anderen gehen Startup-Gründungen aufgrund erschwerter Marktbedingungen zurück. Für Gründer*innen steht immer weniger Kapital zur Verfügung. Für die Innovationsdichte in Deutschland ist das ein Warnzeichen. Die Startups von heute sind schließlich der Mittelstand von morgen.
Klar ist: Es braucht eine neue Gründerzeit, um Deutschland zukunftsfähig zu machen. Dass das Fundament bröckelt, das Deutschland zu unserem heutigen Wohlstand geführt hat, sollten wir aber auch nicht leichtfertig hinnehmen. In der Gleichzeitigkeit der Entwicklungen liegt eine Chance. KMUs sollten auf der Suche nach Nachfolger*innen deshalb nicht nur in den eigenen Reihen schauen: Für die deutsche Wirtschaft öffnet sich jetzt ein entscheidendes Zeitfenster, in dem wir den Tech-Gründergeist der vergangenen Jahre und die über Generationen aufgebauten Strukturen und das Know-how unseres heutigen Mittelstands zusammenführen können.
Brücken bauen für die digitale Transformation
Für die deutsche Wirtschaft könnte es sich in mehrfacher Hinsicht stabilisierend auswirken, wenn zwischen Jung und Alt mehr Brücken gebaut werden. Gründer*innen mit Interesse an einer Übernahme kommen nämlich nicht ins Unternehmen, um ausschließlich eine weitere Generation lang den Status quo zu verwalten. Sie bringen frische Ideen mit, technologische Expertise und einen kritischen Blick auf Prozesse. Der Bedarf dafür ist in vielen Betrieben da.
Zum Beispiel, wenn es um den Anschluss im vermeintlichen Neuland geht. Civey Daten zufolge wird derzeit in nicht einmal jedem fünften Unternehmen mit handfesten Investitionen eine schnellere digitale Transformation forciert. Dass der Fortschritt auf diese Weise ausgebremst wird, ist nicht ausschließlich hausgemacht: In der Rezession geht es für viele kleinere und mittelgroße Unternehmen ohnehin schon bedrohlich an die eigenen Rücklagen.
Neue Absatzmärkte und langjährige Erfahrungsschätze
Gleichzeitig sorgt der Finanzierungsdruck dafür, dass sich viele Unternehmer*innen auf die Kosten und das eigene Kerngeschäft konzentrieren, statt neue Ideen anzugehen. Startups hingegen haben sowohl Technologien als auch Innovationswillen von Beginn an in ihre DNA integriert. Geschäftsmodelle und Erlösquellen auch in kürzester Zeit weiterzuentwickeln, Abläufe zu automatisieren, Strukturen zu optimieren, all das gehört für Gründer*innen zum Tagesgeschäft. Genauso so sehr wie die Kreativität, die es braucht, um internationale Fachkräfte für das eigene Unternehmen zu begeistern.
Im Mittelstand finden wir wiederum Technologieführer mit langjährigen Marktpräsenzen, einer stabilen Kundenbasis, über Jahrzehnte aufgebauten Netzwerken und Marktzugängen sowie einem hohen Maß an Erfahrung im Umgang mit regulatorischen und administrativen Hürden vor. Mittelständische Betriebe wissen, was es heißt, mit Veränderung umzugehen und dabei einen langen Atem zu beweisen. In Geduld muss sich manch StartupGründer*in in dieser für sie ersten Rezession hingegen erst noch gewöhnen. Sie tun gut daran, von Krisenerprobten zu lernen. Gehen beide Seiten aufeinander zu, können nicht nur Nachfolgelösungen in Betrieben gefunden, sondern auch Innovationsgeist für unseren Standort auf solidem Fundament gefördert werden. Ein Win-Win für eine zukunftsfähige Wirtschaft insgesamt.