Wie der Deutsche Werberat bekannt gab, erreichten ihn mit 906 Einzelbeschwerden in den ersten sechs Monaten des Jahres 41 Prozent weniger Einzelbeschwerden als im Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2019: 1524 Einzelbeschwerden). Die Zahl der Beschwerdefälle hingegen variierte kaum: 337 Beschwerdefälle prüfte der Werberat zu 357 im ersten Halbjahr 2019 (-6 Prozent).
Entschieden wurde von der Selbstkontrolleinrichtung zu 247 Fällen (1. Halbjahr 2019: 238), ein kleines Plus von rund vier Prozent, 90 Fälle wurden an zuständige Stellen weitergeleitet (1. Halbjahr 2019: 119 Fälle). Die Durchsetzungsquote des Werberats lag im ersten Halbjahr 2020 bei 92 Prozent, im entsprechenden Vorjahreszeitraum waren es 93 Prozent.
Inhalte der Werbekritik
Bei den Inhalten der Werbekritik gab es in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres mitunter Abweichungen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019. Ein Überblick:
- Geschlechterdiskriminierende Werbung zog wie gewohnt die meiste Kritik auf sich. Sie subsummiert sexistische Werbung, Frauen- und/oder Männerdiskriminierung. In diese Rubrik fielen 121 Beschwerdefälle zu 120 im Vorjahreszeitraum und zeigt damit zahlenmäßig Konstanz.
- Auch in der Kategorie Ethik und Moral mit 38 Fällen im ersten Halbjahr 2020 zu 39 im ersten Halbjahr 2019 gab es keine Veränderungen.
- Die Kategorie mit der dritthöchsten Fallzahl – Diskriminierung von Personengruppen – wies dagegen in den ersten sechs Monate des Jahres 2020 eine deutliche Steigerung von mehr als 50 Prozent aus: 32 Fälle zu 21 im ersten Halbjahr 2019. Der Grund hierfür lag nach Angaben des Deutschen Werberats „in einer auch in Deutschland zunehmenden Sensibilisierung im Zusammenhang mit der weltweit aufgeflammten ‚Black Lives Matter‘-Bewegung“.
Digitale Werbung erntet bei Werbemitteln meiste Kritik
Nach Art der untersuchten Werbemittel ergab die Halbjahresbilanz des Deutschen Werberats folgendes Bild:
- digitale Werbung: 66 Beschwerdefälle (1. Halbjahr 2019: 66)
- Plakate: 47 Beschwerdefälle (40)
- Fernsehspots: 44 Beschwerdefälle (33).
Innerhalb der digitalen Werbung zogen die sozialen Netzwerke die meiste Kritik mit 36 Fällen auf sich, danach kommen unternehmenseigene Homepages (12 Fälle) und Display-Werbung (10 Fälle).
Werbung im Handel zieht traditionell die meiste Kritik auf sich
Wie gewohnt zog der Handel, ob stationär oder online, auch im ersten Halbjahr 2020 die meiste Kritik auf sich. Das kommt insofern nicht überraschend, als dass diese Branche traditionell die meiste Werbung in Deutschland schaltet.
Allerdings: 27 Fälle – und damit rund 20 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum – bearbeitete der Werberat im ersten Halbjahr 2020. Die Lebensmittelbranche wurde in 18 Fällen kritisiert (Vorjahreszeitraum: 14 Fälle) und die Medien in 17 Fällen (1. Halbjahr 2019: 16 Fälle).
Corona-Effekte bei Beschwerdefällen
Während des Lockdowns im Zuge der Coronavirus-Pandemie hatten viele werbende Unternehmen eigeninitiativ thematische Änderungen ihrer Kampagnen vorgenommen und zum Beispiel eben keine Osterfeiern im Kreis der Familie beworben, da sie dies als unangemessen empfanden – beziehungsweise den Lockdown-Regeln zuwiderlaufend. Den Werberat erreichten dem Vernehmen nach nur einige wenige Beschwerden zu Werbemaßnahmen, die direkt auf Covid-19 anspielten.
Keine dieser Beschwerdefälle wurde jedoch beanstandet oder gerügt, „da die Unternehmen ihre Werbung nach Kontaktaufnahme mit dem Werberat zurückzogen oder bereits selbst zu der Einsicht gelangt waren, dass eine Werbung mit dem Virus nicht besonders sensibel oder geeignet ist“, wie der Werberat mitteilte.
„Thematisch hat Covid19 den Werberat durchaus beschäftigt, da die Sensibilität bei vielen Menschen naturgemäß hoch war und ist“, sagt Katja Heintschel von Heinegg, Leiterin des Deutschen Werberats. Der überwiegende Teil der werbenden Unternehmen habe sich „sehr rücksichtsvoll und sensibel in Lockdown-Zeiten verhalten“.
Vier Rügen im ersten Halbjahr 2020
Im ersten Halbjahr 2020 wurden insgesamt vier Rügen ausgesprochen. Die erste hatte der Werberat bereits im März kommuniziert: Die Internet- und Fahrzeugwerbung der sächsischen Firma Pauland Gebäudereiniger aus Bannewitz verstieß sowohl gegen die „Verhaltensregeln des Deutschen Werberats gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen“ als auch gegen die „Grundregeln des Deutschen Werberats“.
Die drei weiteren Rügen gehen wegen sexistischer Werbung an die Lausitz-Dach in Cottbus, die bft Tankstelle in Neuhausen auf den Fildern und die kugelmann Maschinenbau e.K. in Rettenbach am Auerberg.