„Baut eigene Influencer im Unternehmen auf“  

Unternehmen setzen immer häufiger auf eigene Mitarbeitende als Influencer, um Marken authentisch zu präsentieren – doch das ist nicht so einfach. Aaron Brückner erklärt, wie der Aufbau von internen Influencern gelingen kann.
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Aaron Brückner ist Geschäftsführer der Social-Media-Agentur Social Attention. (© Lucas Coersten)

Aaron Brückner ist Gründer und Geschäftsführer der Social-Media-Agentur Social Attention, eine Agentur für Videoproduktionen und Social-Media-Strategien. Mit über zwei Millionen Followern testet seine Agentur Trends und entwickelt für namhafte Kunden Content-Lösungen.  

Im Interview spricht Brückner über die Risiken des Influencer Marketings, warum der Aufbau interner Presenter eine kluge Alternative ist und wie Unternehmen die Herausforderungen meistern können, wenn keine passenden internen Gesichter gefunden werden. 

Herr Brückner, immer mehr Produzenten digitaler Inhalte nennen sich Content Creator statt Influencer. Ist das Influencer Marketing durch Fälle wie den von Immo.Tommy, der Immobilien-Käufer*innen durch falsche Ratschläge um viel Geld betrogen haben soll, irreparabel beschädigt? 

Nein, Influencer-Marketing ist nicht irreparabel beschädigt, aber solche Vorfälle zeigen die Risiken. Marken müssen genau abwägen, mit wem sie zusammenarbeiten und welche Werte diese Influencer vertreten. Fälle wie Immo.Tommy verdeutlichen, dass Vertrauen das A und O ist. Unternehmen können durch den Aufbau interner Influencer oder Presenter das Risiko minimieren und gleichzeitig authentisch und kontrolliert ihre Botschaften vermitteln. 

Was können Marken aus dem Fall lernen? 

Der Fall Immo.Tommy ist ein Paradebeispiel dafür, dass die Zusammenarbeit mit externen Influencern zum Problem werden kann. Unternehmen haben wenig Kontrolle darüber, was diese Influencer tun oder sagen. Wenn etwas schiefläuft, ist die Gefahr eines Reputationsschadens groß – sogar lange nach Ende der Zusammenarbeit. Marken sollten daher darüber nachdenken, eigene Influencer im Unternehmen aufzubauen. Wir nennen sie Presenter, weil sie nicht unbedingt Influencer im klassischen Sinne sind. Sie repräsentieren das Unternehmen, sind aber authentische Gesichter, die langfristig im Unternehmen bleiben. 

Was genau macht ein Presenter? 

Ein Presenter ist jemand, der vor der Kamera steht und die Inhalte des Unternehmens präsentiert – aber anders als klassische Influencer steht nicht die Person selbst im Mittelpunkt, sondern das Thema oder die Marke. Ein Presenter soll authentisch die Werte und Botschaften des Unternehmens vermitteln, ohne dabei die persönliche Bekanntheit in den Vordergrund zu stellen. Die Zielsetzung ist, eine menschliche und glaubwürdige Verbindung zur Zielgruppe aufzubauen, während der Fokus auf der Marke bleibt. 

Was sind die Hauptvorteile solcher internen Influencer? 

Es gibt vier Hauptvorteile. Erstens die Kosteneffizienz: Es ist günstiger, eigene Mitarbeitende als Influencer aufzubauen, anstatt externe Influencer zu bezahlen. Zweitens das Employer Branding: Mitarbeitende, die als Influencer auftreten, fühlen sich wertgeschätzt und das kann ihre Bindung an das Unternehmen stärken. Drittens die Unabhängigkeit: Das Social-Media-Wissen bleibt im Unternehmen, was langfristig wertvoll ist. Und schließlich die Authentizität: Ein interner Influencer hat eine viel engere Verbindung zur Marke und zur Zielgruppe. Das wirkt authentischer und weniger aufgesetzt. 

Doch wie geht man vor, wenn ein Presenter das Unternehmen verlässt und bereits eine Fangemeinschaft aufgebaut hat? 

Das ist eine Herausforderung. Wir versuchen, genau das zu vermeiden, indem wir nicht eine Person in den Mittelpunkt stellen, sondern ein Team aus Presentern aufbauen. Die Gesichter können wechseln, und so wird die Marke nicht abhängig von einer einzelnen Person. Wenn jemand geht, können wir das auffangen, indem wir parallel neue Presenter entwickeln. So bleibt die Strategie stabil. 

Sie sagen, es sei günstiger, eigene Influencer aufzubauen. Ist das immer der Fall? 

Ja, in den meisten Fällen. Wenn Sie externe Influencer engagieren, zahlen Sie nicht nur für deren Reichweite, sondern auch für die Produktion von Inhalten. Wenn diese Inhalte dann nicht gut ankommen, haben Sie zusätzlich das Risiko, dass Sie Geld für Werbung investieren müssen, um die Reichweite zu erhöhen. Mit internen Presentern haben Sie nicht nur mehr Kontrolle, sondern sparen auch langfristig Kosten. 

Was machen Sie, wenn ein Unternehmen keinen passenden Presenter findet? 

Wenn sich niemand im Unternehmen eignet, prüfen wir externe Optionen. Wir haben auch schon externe Talente gecastet, angefangen bei User-Generated-Content-Creators bis hin zu Schauspielern, die für bestimmte Formate besser geeignet sind. 

Das steigert wiederum die Kosten… 

Natürlich steigt das Budget dann, aber nicht in dem Maße wie bei externen Influencern. Hier reden wir meist über Schauspielgagen, die im Vergleich zu Influencer-Honoraren deutlich günstiger sind. 

Wie sorgt man dafür, dass die Inhalte mit internen Influencern oder Presentern tatsächlich ankommen? 

Die Person muss zur Marke passen und auch vor der Kamera bestehen. Das ist der Schlüssel. Nicht jeder Mitarbeiter ist für diese Rolle geeignet. Deswegen führen wir einen Auswahlprozess durch, bei dem wir testen, wie sich potenzielle Presenter vor der Kamera verhalten. Es gibt Menschen, die glauben, sie seien dafür gemacht, aber sobald die Kamera läuft, zeigen sie eine völlig andere Persönlichkeit. Wir coachen unsere Presenter während der Drehs, um sicherzustellen, dass sie authentisch und überzeugend wirken. 

Sie sagen also, Unternehmen sollten eher auf die langfristige Entwicklung von Presentern setzen? 

Absolut. Social Media kennt keine Abkürzungen. Viele Unternehmen glauben, sie könnten mit ein, zwei großen Influencern schnell Erfolge erzielen, aber nachhaltige Ergebnisse entstehen durch kontinuierlichen und authentischen Content. Unternehmen müssen Beziehungen zu ihrer Zielgruppe aufbauen, und das erfordert Zeit. Mit internen Presentern schaffen sie nicht nur eine langfristige Verbindung, sondern positionieren sich auch als verlässliche und authentische Quelle für ihre Zielgruppe. 

Lohnen sich interne Influencer auch für kleine und mittelständische Unternehmen? 

Ja, ein Punkt, der uns immer wieder begegnet, ist die Überzeugung vieler Unternehmen, dass sie keine spannenden Geschichten zu erzählen hätten. Besonders im Mittelstand gibt es oft die Angst, dass man nicht interessant genug sei. Aber jedes Unternehmen hat spannende Geschichten. Es kommt darauf an, wie man sie erzählt. Und genau dabei helfen wir. Wir bauen den Unternehmen die Bühne, auf der sie ihre Geschichten erzählen können – authentisch, glaubwürdig und nachhaltig. 

(amx, Jahrgang 1989) ist seit Juli 2022 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Er ist weder Native noch Immigrant, doch auf jeden Fall Digital. Der Wahlberliner mit einem Faible für Nischenthemen verfügt über ein breites Interessenspektrum, was sich bei ihm auch beruflich niederschlägt: So hat er bereits beim Playboy, in der Agentur C3 sowie beim Branchendienst Meedia gearbeitet.