Von Roland Karle
Das Familien-Casting „Bauer sucht Frau“ gewann die zweitjüngste der vier Töchter: Als Yvonne Bauer im Sommer 2009, bis dahin Vertriebschefin des familieneigenen Verlags, von ihrem Vater Heinz Bauer in die Geschäftsleitung berufen wurde, war die Nachfolgefrage beantwortet. Aus der Kronprinzessin ist längst eine Verlegerin geworden, die der Bauer Media Group ihren Stempel aufdrückt.
Die Firma hat sich nie sonderlich um ihr Image geschert. Heinz Bauer mied so weit als möglich Auftritte in der (Fach)Öffentlichkeit. Lange Zeit wurden Geschäftszahlen gehütet wie der Schatz im Silbersee, strategische Überlegungen drangen selten aus dem Bauerschen Zentralsitz in der Hamburger Burchardstraße hinaus, bisweilen aufflammende Kritik an Mitarbeiterführung oder Vertriebsmethoden wurde durch Schweigen erstickt.
Bauer also ist sparsam mit öffentlicher Bekundung und auch im Geschäftlichen gehört Verschwendung überhaupt nicht zu den Primärtugenden der Firma, die sich gut begründet einen Traditionsverlag nennen lassen darf. Schon 1875 legte Johann Andreas Ludolph Bauer die Wurzeln für das heute Milliarden Euro schwere Unternehmen, als er eine Kunstdruckerei gründete und gut 20 Jahre später seine erste Zeitung herausbrachte.
Ruhm und Reichtum
Aufmerksam in der Verwendung der Mittel und mit kaufmännischem Spürsinn ausgestattet, haben es die Bauers über all die Jahrzehnte hinweg zu ein bisschen Ruhm und ziemlich viel Reichtum gebracht. Nun kommt der digitale Wandel über die Verlage und gespannt wie ein Flitzebogen beobachtet die Branche, wie die geschäftstüchtigen Bauers darauf reagieren. Mit Tradition allein und einer selbstbewussten Weiter-so-Haltung lässt sich die nach wie vor unübersichtliche Gemengelage im analog-digitalen Verbrüderungsprozess nicht ergebnisbefriedigend organisieren.
Notiert und verbürgt ist derweil ein Satz Yvonne Bauers, der wie eine Regierungserklärung klingt. „Bauer ist Print und Bauer bleibt Print“, sagte die Verlegerin bei der Bilanzpressekonferenz vor zwei Jahren. Bislang hält sie Wort. Die Bauer Media Group fährt weiter auf ihren bekannten Pfaden mit hohem Tempo und ohne erkennbaren Schaden. Die Antwort auf schrumpfende Printmärkte und härteren Wettbewerb lautet Expansion. Sowohl im Inland und gerne auch grenzüberschreitend.
Lag der Auslandsanteil am Gesamtumsatz 2008 erst bei 48 Prozent, so stammen heute fast zwei Drittel der Erlöse (62 Prozent) aus internationalem Geschäft. Resultat einer investitionsreichen Einkaufstour: Bauer übernahm die polnische Radio-Gruppe Broker FM und 2009 aufsehenerregend das britische Medienunternehmen Emap. Das soll rund 1,6 Milliarden Euro gekostet haben und wurde seinerzeit auf einen Umsatz von 700 Millionen Euro taxiert bei ansehnlicher Rendite von geschätzten 20 Prozent. Zur Mitgift gehörten gut drei Dutzend Radiosender mit großflächiger Marktabdeckung in Großbritannien sowie ein Konglomerat an Zeitschriften. Zu den bekanntesten Titeln zählen „Yours“, „FHM“, „Grazia“ und „Closer“.
In einer Artikelreihe nimmt absatzwirtschaft.de die großen und relevanten Verlage in Deutschland unter die Lupe und analysiert ihre Geschäftsmodelle und Zukunftsstrategien.
In der vergangenen Woche erschien:
>>>Axel Springer fährt auf der Überholspur
Internationale Akquisitionen
In diesem Jahr hat Bauer seine Akquisitionsarme kontinental noch weiter ausgetreckt. Die Übernahme des Zeitschriftenverlag ACP Magazines in Australien und Neuseeland ist die größte Investition der Hamburger seit 2008, bringt weitere gut 120 Titel ins Programm und macht Bauer nebenbei zum Marktführer in Down Under. Genmessen an der verkauften Auflage liegt der Marktanteil in Australien bei 51 Prozent, in Neuseeland bei 63 Prozent.
„Wir haben unsere Chancen im Ausland wie im Inland konsequent genutzt“, sagt Yvonne Bauer, inzwischen 35 Jahre alt und seit 2010 mit der Mehrheit der Kommanditanteile ausgestattet. Auch im Inland hat Bauer seine Position auf dem Printmarkt gestärkt durch die Übernahme der Medien Verlagsgesellschaft (MVG) in München von Jürg Marquardt. Erworben wurden dabei Titel wie „Cosmopolitan“, „Joy“ und „Shape“, die auch im Werbegeschäft eine gute Rolle spielen.
Das ist bei Bauer-Zeitschriften nicht immer der Fall, was auch ein Blick auf die unterschiedlichen Einnahmequellen zeigt: Die Gewichtung von Vertriebs- zu Anzeigengeschäft liegt bei 77 zu 23. Was auch dem Umstand geschuldet ist, dass eine ganze Reihe von Bauer-Blättern das Yellow-Press-Segment – besonderes Kennzeichen: dünnes Papier, dicke Auflage – bevölkert. Zugleich hat Bauer seine Fähigkeiten als Vertriebsspezialität perfektioniert. Mehr als 1,3 Milliarden Euro erlöst der Konzern durch den Verkauf von Printware, das ist selbst im Branchenvergleich gewaltig und entspricht einem Anteil am Gesamtumsatz von 61 Prozent.
Krisenjahr 2011 gemeistert
„Als Unternehmen sind wir gestärkt und kraftvoll aus einem schwierigen Jahr 2011 hervorgegangen“, verkündete Yvonne Bauer bei der Jahrespressekonferenz vor wenigen Wochen. Für 2012 erwartet sie einen Konzernumsatz von 2,175 Milliarden Euro und somit ein Plus von 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Während sich viele Verlage verzagt im Printgeschäft geben, hat die Bauer Media Group in diesem Jahr etliche neue Zeitschriften hierzulande gestartet. Unter anderem das People-Magazin „Closer“, das wenige Monate nach erstmaligem Erscheinen eine verkaufte Auflage von 174.633 verkauften Exemplaren (laut IVW, III/2012) meldete und auf Platz 39 der umsatzstärksten Zeitschriften im Einzelhandel kletterte. Auch mit dem Debut der Frauentitel „Meins“ und „My Way“ zeigt man sich im Verlag zufrieden. Zu erwarten ist, dass sich Bauer auch 2013 mit neuen Zeitschriften auf den Markt traut. Was angesichts veränderter Mediennutzung und sich frisch findender Zielgruppen nicht nur ratsam, sondern erforderlich erscheint. Zumal Tradition im Printgeschäft keinen anhaltenden Erfolg garantiert. Bauers Jugendzeitschrift „Bravo“, die seit Jahren unter Auflagenerosion leidet, darf dafür als Beleg gelten.
Dem digitalen Medienwandel hat sich die Bauer Media Group bislang kaum ersichtlich zugewendet. Bescheidende 55 Millionen Euro stammen aus diesbezüglichen Aktivitäten, das entspricht gerade mal einem Umsatzanteil von 2,5 Prozent. Klare Ansagen, welcher Hebel hier wann und wie zwecks Einnahmenmehrung bedient werden soll, fehlen bislang. Nur so viel dazu: Starke Medienmarken seien die Basis für digitales Wachstum, um das sich eigens Andreas Schoo als verantwortlicher Konzerngeschäftsleiter kümmern soll. „Unter seiner Führung wird ein internationales Expertenteam die Aktivitäten weiter vorantreiben und dazu Erfahrungen und Synergien weltweit nutzen“, teilt der Verlag mit.
Meldungen über weitere Großeinkäufe der Bauer Media Group im kommenden Jahr würden nicht überraschen. Sie sind, ganz im Gegenteil, sogar wahrscheinlich.
Auf einen Blick: Bauer Media Group
Das Unternehmen mit Zentrale in Hamburg gibt weltweit mehr als 570 Zeitschriften heraus, produziert über 300 digitale Angebote und betreibt rund 50 Radio- und TV-Stationen. Ferner zählen Druckereien sowie Post-, Vertriebs- und Vermarktungsdienstleistungen zum Portfolio. Bauer konzentriert sich darauf, populäre Medien zu schaffen und zu vertreiben. Darauf zielt der neue Claim „We think popular“, durch den Bauer auch seine Position im globalen Medienmarkt verdeutlichen will. Durch Zukäufe hat die Mediengruppe in den vergangenen Jahren seinen Auslandsanteil am Umsatz stetig auf nun 62 Prozent erhöht. Digitaler Euphorie setzt Bauer harte Fakten gegenüber: Gut 60 Prozent seiner Erlöse verdient der Verlag durch den Vertrieb von Printpublikationen. Neben Verlegerin Yvonne Bauer gehören zur Geschäftsleitung Eckart Bollmann, Andreas Schoo und ab 2013 Jörg Hausendorf.