Der Plop von Flensburger, der Herzschlag von Audi, das Da-da-da-di-da der Telekom – wer diese Töne hört, weiß sofort, um welche Marke es sich handelt. Lange waren diese Unternehmen fast allein auf weiter Flur, wen es um das Thema Sound Branding ging, zumindest, was die Bekanntheit in der Masse betrifft. Das könnte sich nun ändern, denn zuletzt haben mit Otto, Media Markt und AEG gleich drei große Marken den Sound zum festen Bestandteil ihrer Markenidentität gemacht.
Nicht ohne Grund steigt die Relevanz von Ton und Musik. Im täglichen Medienwirrwarr durchzudringen, wird angesichts des großen Angebots schwieriger. Ein guter Sound kann hier helfen, zumal einige wissenschaftliche Studien zeigen, dass auditive Reize schneller im Gehirn verarbeitet werden als visuelle. „In einer immer stärker fragmentierten Medienlandschaft gewinnt Audio Branding an Bedeutung, da es Marken dabei unterstützt, sich abzugrenzen und eine konsistente Markenidentität zu schaffen“, sagt Grit Leithäuser, Geschäftsführerin der Radiozentrale. Der Gattungsmarketingverbund der Radiosender liefert mit skurrilen Geschichten und dem Claim „Geht ins Ohr. Bleibt im Kopf“ seit Jahren eines der bekanntesten Beispiele dafür, wie vielfältig und kreativ Audiowerbung sein kann.

„Ich habe den Eindruck, Sound Branding wird wichtiger“, beobachtet auch Philipp Feit, Chief Creative Officer von German Wahnsinn. „Wir bekommen viele Anfragen. Sound bringt zusätzliche emotionale Komponenten in die Werbung und es gibt viele Möglichkeiten sich abzuheben.“ Die Hamburger Audio-Agentur arbeitet unter anderem für Media Markt Saturn. Der Elektronikhändler ist 2024 mit einem umfangreichen neuen Sound gestartet. Ralf Schmitt, Head of Brand Marketing & Streatgy von Media Markt Saturn, erklärt die Gründe: „Wir wollen zeigen, wie unsere Marken-DNA klingt. Die Einführung unseres Audio Brandings war deswegen ein logischer nächster Schritt, um die Marke Media Markt Saturn noch weiter zu stärken.“
Individueller Sound muss vier Faktoren erfüllen
Doch wie baut man um die DNA eine Soundwelt, die im Idealfall über Jahre und Jahrzehnte zum Einsatz kommt? „Die wichtige Frage ist: Hat man den Mut, anders zu sein?“, sagt Feit. Individueller Sound muss im Wesentlichen vier Faktoren erfüllen: Er muss Emotionen auslösen, gut wiedererkennbar sein, flexibel einsetzbar und gut zur Marke passen.
Emotionen sorgen seit jeher für eine stärkere Markenbindung. „Wir wissen schon sehr lange, dass Musik, Stimme und Sound die Fähigkeit haben, starke emotionale Reaktionen hervorzurufen“, sagt Leithäuser. Das Markenversprechen von AEG „Für alle die mehr erwarten“ (Englisch „Challenge the Expected“) klanglich zum Leben zu erwecken, war auch das Ziel von AEG: „Klang und Musik sind starke sensorische Mittel, die Erinnerungen und Emotionen wecken. Sie sind daher wirkungsvolle Werkzeuge für Markenwiedererkennung und -bindung“, sagt Maria Sandström, Global AEG Senior Brand Manger. Das Unternehmen hat dazu mit Massive Musik in London zusammengearbeitet, die die Klangwelt erschaffen haben, die in Callcentern, Kampagnen und Event-Musik zum Einsatz kommt.
Audio entfaltet die Wirkung von TV-Spots
Eine gute Wiedererkennbarkeit sorgt dafür, dass der Sound permanent für die Marke arbeitet, nicht nur in Radio- und Podcast-Werbung. „Viele Menschen haben beispielsweise beim Fernsehen noch das Smartphone in der Hand oder surfen am Tablet. Oft sehen sie so den Werbespot auf dem Bildschirm gar nicht, hören ihn aber“, erklärt Martina Klemkow, Senior Brand Manager von Otto. Ist der Sound klar zuzuordnen, kann der TV-Spot aber trotzdem weiter Wirkung entfalten. Otto hat 2024 im Rahmen einer neuen Markenkampagne ebenfalls intensiv am Sound Design gefeilt und trägt diesen nun durch alle Kanäle. Er soll vor allem ein gutes Gefühl vermitteln und damit zentrale Markenmotive wie Menschlichkeit, Vielfalt und Gemeinschaft aufgreifen.
„Jeder Audiospot ist eine Visitenkarte der Marke, egal ob es um Branding oder Abverkauf geht.“
Grit Leithäuser, Geschäftsführerin der Radiozentrale
Die Flexibilität in der Anwendung war für Media Markt Saturn ein wichtiger Faktor: „Media Markt setzt auf ein flexibles und modulares Audiobranding, dass sich an unterschiedliche Formate, Stimmungen und Varianten anpassen soll“, sagt Schmitt. Es besteht ebenfalls aus vielen Elementen – vom Sound-Logo über akustische Elemente bis zur Musik. Als Hygienefaktor zählt auch noch eine hochwertige Produktion, um Professionalität und Glaubwürdigkeit zu vermitteln, so Leithäuser. “Jeder Audiospot ist eine Visitenkarte der Marke, egal ob es um Branding oder Abverkauf geht“, sagt die Geschäftsführerin der Radiozentrale.
Marken eifern ikonischem Fünfklang der Telekom nach
Vorn an steht bei vielen Marken die Entwicklung eines eigenen Sound-Logos. German-Wahnsinn-Gründer Feit beschreibt das ideale Sound Logo so: „Ein Geräusch von dem Du selbst in der Küche am Kühlschrank weißt, für was es ist.“ Seit die Telekom 1999 ihren ikonischen Fünfklang entwickelt hat, haben viele Marken die Idee, mit einem ähnlichen akustischen Zeichen aufzuwarten. Doch das gefährdet auch die Wiedererkennung.
Einen anderen Weg ist Media Markt Saturn gegangen. Hier dient die Audioversion des ikonischen Brand-Swirl – des stilisierten Strudels im Media-Markt-Logo – als Anker. Auch die Vertonung des Unternehmensslogans „Let’s go!“ spielt eine wichtige Rolle. „Den Wiedererkennungswert dieser Bestandteile wollten wir in Audio übersetzen“, erläutert Schmitt.
Otto arbeitet mit einer aus fünf Noten bestehenden Melodie, die den Buchstaben „o“ besingt, die als zentrales Wiedererkennungsmerkmal fungiert. „Diese wird als Hero Asset in Kampagnen verwendet, dient als Opener und Closer in sozialen Medien und Spots und wird zum Watermarking in Musikproduktionen eingesetzt“, so Otto-Managerin Klemkow. „Wir streben kein klassisches Sound-Logo an, sondern ein möglichst flexibles und agiles Konzept“, sagt sie.
Ein Sound Logo muss jedoch nicht immer der Ausgangspunkt für gutes Sound Design sein. Weniger aktiven Audiokunden rät German-Wahnsinn CCO Feit sogar dazu, darauf zu verzichten und sich lieber auf die Entwicklung einer Audiowelt zu konzentrieren, die im Zeitablauf immer weiterentwickelt werden kann. „Wir empfehlen Marken, eine Sound Galaxy entstehen zu lassen“.
KI unterstützt beim Audio Branding
Ein entscheidender Hebel, um Emotionen zu erzeugen, sind Musik und Stimmen. Für die aktuelle Frühlingskampagne hat Otto beispielsweise mit der Künstlerin Jolle zusammengearbeitet, die einen eigenen Song für den Spot entwickelt hat. Bei Media Markt wurden Musik und Geräusche so komponiert und produziert, dass die modular funktionieren und verschiedene Stimmungen widerspiegeln können. Aus diesem Set können mithilfe von Generativer KI Werbemittel angepasst werden – eine enorme Arbeitserleichterung, wenn man wie Media Markt zahlreiche Kanäle bespielt.

Auch AEG testet den Einsatz von KI: „Derzeit setzen wir KI gezielt ein, um die Integration von Sound in Bewegtbildinhalte zu optimieren, was die Produktions- und Bearbeitungszeiten im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren erheblich reduziert“, sagt AEG-Managerin Sandström.
KI kommt bei AEG auch bei der Erstellung von Inhalten in unterschiedlichen Sprachen mit variierenden Stimmen zum Einsatz. Media Markt arbeitet gerade auch daran, eine eigene Stimme zu entwickeln, die mit Hilfe von Stimmproben von Media-Markt-Saturn-Mitarbeitenden generiert wird. „Gerade befinden wir uns in der Vertestung der Stimme“, so Schmitt. Dabei arbeitet Media Markt weiter mit German Wahnsinn zusammen. Für Feit ein perfektes Modell: „Wenn man gemeinsam mit Kunden arbeitet, macht das die Magie aus.“