Apple und der Chip-Spezialist Qualcomm haben ihren erbitterten Patentstreit nach mehr als zwei Jahren beigelegt. Bisher bekanntgewordene Details der plötzlichen Einigung klingen gut für Qualcomm: Der iPhone-Konzern wird eine Patentlizenz erwerben und auch Chips bei Qualcomm beziehen. Zudem bekommt Qualcomm eine Zahlung von Apple, der Betrag blieb zunächst unbekannt.
Die Einigung wurde mitten im zentralen Prozess in dem Streit verkündet – während die Anwälte sich noch einen Schlagabtausch vor Gericht lieferten. Wenige Stunden später gab der Qualcomm-Rivale Intel seinen Ausstieg aus dem Geschäft mit Modem-Chips für Smartphones bekannt.
Kooperation mit Qualcomm alternativlos für Apple
Unklar blieb zunächst, ob die Aussicht auf den Verlust des wichtigsten Kunden Intel zu diesem Rückzug bewog. Es spricht aber viel dafür, dass Apple Frieden mit Qualcomm schließen musste, weil der iPhone-Konzern schon wusste, dass es von Intel keinen 5G-Chip mehr geben wird und man deshalb auf eine Kooperation mit Qualcomm alternativlos angewiesen ist.
Intel hatte sein Smartphone-Modem für den superschnellen 5G-Datenfunk noch im Januar auf der Elektronikmesse CES für 2020 in Aussicht gestellt. Damit wären iPhones mit 5G bereits später auf den Markt gekommen als diverse Smartphones der Konkurrenz mit Qualcomm-Chips an Bord. Intel-Chef Bob Swan erklärte zur Begründung, man sehe keinen klaren Weg, in dem Geschäft profitabel zu sein. Intel-Modems für die aktuellen Netze des Mobilfunk-Standards 4G/LTE sollen aber weiterhin an Smartphone-Hersteller geliefert werden. Damit ist auch die Versorgung aktueller iPhone-Modelle gesichert. Apple entwickelt die Hauptprozessoren seiner Telefone und Tablet-Computer selbst, die Modem-Chips aber zumindest bisher nicht.
Vorwurf des unfairen Wettbewerbs fallengelassen
Apple hatte den Streit mit Qualcomm vor gut zwei Jahren losgetreten und warf dem Konzern in einer Klage vor, zu hohe Lizenzgebühren für seine Patente zu verlangen sowie unfairen Wettbewerb zu betreiben. Qualcomm konterte mit dem Vorwurf, in Apple-Geräten werde von dem Konzern erfundene Technik ohne Patentlizenz genutzt. Alle gegenseitigen Klagen werden nun fallengelassen.
Der Streit belastete das Geschäft von Qualcomm spürbar. Die Auftragsfertiger von Apple hatten bereits 2017 ihre Zahlungen an den Chipkonzern eingestellt. Qualcomm bezifferte die dadurch entgangenen Einnahmen samt Zinsen auf sieben Milliarden Dollar. Die Anleger waren entsprechend erleichtert über die Versöhnung mit Apple: Die Qualcomm-Aktie sprang nach Bekanntgabe der Einigung um gut 23 Prozent hoch. Der Apple-Kurs blieb praktisch unverändert.
In dem erst am Montag in San Diego begonnenen Prozess ging es um die ursprüngliche Klage von Apple aus dem Jahr 2017, der sich später auch die Auftragsfertiger angeschlossen hatten. Das Gericht hatte es am ersten Tag nur geschafft, neun Geschworene auszuwählen, und der zweite Prozesstag hatte gerade erst begonnen. Der Prozess war auf vier bis fünf Wochen angesetzt. Es wurde damit gerechnet, dass diverse Top-Manager wie Apple-Chef Tim Cook und Qualcomm-Chef Steve Mollenkopf in den Zeugenstand gerufen werden.
Apple war bis zuletzt kampfeslustig
Qualcomm-Manager hatten wiederholt erklärt, sie gingen davon aus, dass der Patentstreit mit einem Vergleich enden werde. Apple zeigte sich bis zuletzt kampfeslustig.
Qualcomm hatte bei seinen Klagen im vergangenen Dezember ein Verkaufsverbot für einige ältere iPhone in Deutschland erzielen können. Es ging dabei um Geräte mit Intel-Modems. Apple umging das Verkaufsverbot dadurch, dass hierzulande wieder Modelle mit Kommunikations-Chips von Qualcomm statt von Intel verkauft werden.
Qualcomm ist vor allem als ein führender Anbieter von Smartphone-Chips bekannt, die Patentlizenzen sind das zweite – und lukrativere – Standbein für den Konzern. Dieses Geschäftsmodell steht bereits unter Druck: Im Januar gab es einen Prozess zu einer Klage der US-Handelsbehörde FTC, die Qualcomm unfairen Wettbewerb durch Patentlizenzen als Voraussetzung für Chiplieferungen vorwirft. Dieses Verfahren wird nicht von Geschworenen, sondern von einer Richterin entschieden, ihr Urteil steht noch aus.
dpa