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Bei 105,26 Dollar ging die Apple-Aktie am Donnerstagabend kurz vor dem Jahreswechsel aus dem Handel – das Börsenjahr 2015 endete damit für den erfolgsverwöhnten Techpionier erstmals seit der Finanzkrise 2008 wieder mit Kursverlusten.
5 Prozent weniger wert war der Kultkonzern aus Cupertino Ende 2015 als noch zwölf Monate zuvor – und das, obwohl Apple im Fiskaljahr 2015 doch die erfolgreichste Konzernbilanz der Wirtschaftsgeschichte vorgelegt hatte.
Für CEO Tim Cook ist das ein Nackenschlag: Erstmals seit Übernahme der Amtsgeschäfte hat er Aktionären Kursverluste eingebrockt und befindet sich damit in der illustren Gesellschaft von Twitter-CEO Jack Dorsey, Groupon-CEO Rich Williams und den Samwers – als Minusmann, der Aktionärskapital vernichtet.
Geldvernichter Tim Cook: Versuche der Kurspflege schlugen fehl
Der Malus des Geldvernichters wird Cook schwer treffen, zumal der MBA-Absolvent im Gegensatz zu seinem Vorgänger Steve Jobs offenkundig großen Wert auf die Performance an der Börse legt. Im März vergangenen Jahres ließ es sich Cook nicht nehmen, bei CNBC-Legende James Cramer zum zehnjährigen Jubiläum seiner Börsensendung „Mad Money“ zu gratulieren und sich gleichzeitig von Cramer zur Erfolgsbilanz der Apple-Aktie beglückwünschen zu lassen.
Fünf Monate später sollte Cook auf die Männerfreundschaft zu Cramer zurückgreifen und dem Wall Street-Tycoon mitten im Börsencrash exklusiv die Mitteilung zustecken, dass sich die Geschäfte in China weiter solide entwickelten – die Email, die sich am Rande der Legalität bewegte und die Börsenaufsicht SEC auf den Plan rief, weil sie einem Investor vermeintlich exklusive Insiderinformationen zuspielte, rettete den Absturz der Apple-Aktie seinerzeit.
Warum war Apple bei „60 Minutes“?
Auch in den letzten Wochen des schwierigen Börsenjahres versuchte Cook immer wieder öffentliche Kurspflege-Manöver: Kurz vor Weihnachten verschaffte Apple der US-Sendung „60 Minutes“ sogar exklusiven Zugang zu seinen heiligen Hallen – Jony Ives Designstudio und dem Montagmorgen-Meeting des Management-Bords.
Gespickt wurde das Interview immer wieder mit Anspielungen auf Apples großes Zukunftspotenzial, das der scheidende Bayern-Trainer Pep Guardiola mit einer „Super-super-gut“-Rhetorik kaum optimistischer formulieren könnte. Bleibt die Frage: Warum macht Apple das? Der Fondsmanager Eric Jackson stellte und beantwortete sie: „Ich denke, dass Tim Cook sehr frustriert über die Aktienperformance sein muss.“
Why Did Apple Go on ’60 Minutes‘? https://t.co/Nz8ZH4KmE7 — Eric Jackson (@ericjackson) December 30, 2015
Und das nach jeder Lesart: In einem Jahr, in dem die großen Internet-Rivalen Facebook, Alphabet und Amazon ihren Aktionären ein Kursplus zwischen 35 und 120 Prozent bescherten, bekommt Apple nicht mal die schwarze Null hin – und das im erfolgreichsten Geschäftsjahr der Wirtschaftsgeschichte, in dem 53,4 Milliarden Dollar Nettogewinn in den Geldspeichern von Cupertino hängen blieben.
Kursverluste lassen Aktienrückkäufe wertlos erscheinen
Das bittere Minus wirft nebenbei auch eine andere Frage auf, die für Cook in den kommenden Jahren zum Bumerang werden könnte. 143 Milliarden Dollar hat Apple seit Anfang 2012 an Aktionäre in der größten Kapitalrückführungsmaßnahme der Wirtschaftsgeschichte in Form von Aktienrückkäufen und Dividenden zurückgezahlt. Doch für was eigentlich, fragt sich Eric Jackson zum wiederholten Male: „Wenn Apple heute 130 Milliarden Dollar mehr und 55 Milliarden Schulden weniger auf dem Konto hätte, wäre der Aktienkurs dann höher als heute?“
If Apple today had $130B more cash on its balance sheet or spent on M&A, and $55B less in debt, would its stock price be higher than flat? — Eric Jackson (@ericjackson) December 29, 2015
Ein schwerwiegender Verdacht erhärtet sich nämlich immer mehr: Sind die Kapitalrückführungsmaßnahmen in Höhe von unglaublichen 200 Milliarden Dollar bis Ende März 2017 die größte Geldverschwendung in der Geschichte der Wall Street?
Die Apple-Aktie notiert heute tatsächlich ziemlich genau dort, wo sie zu Beginn der Maßnahmen notierte – bei etwa 100 Dollar. Dieses Niveau durchbrach der iKonzern tatsächlich das erste Mal im September 2012. Per Ende 2015 standen 105 Dollar auf dem Kursticker.
Apple-Aktie: Jahrelanger Rohrkrepierer
Was Anleger in den vergangenen drei Jahren mit aufstrebenden Internet-Rivalen hätten verdienen können, dürfte selbst loyalsten Apple-Fans die Sprache verschlagen:
- Alphabet: + 120 %
- Amazon: + 175
- Facebook: + 290 %
Die Apple-Aktie indes bewegt sich nicht – oder wenn, nur noch rückwärts wie in den vergangenen sechs Monaten. Vor allem die Tatsache, dass die Aktienrückkäufe nicht den geringsten Effekt zu haben scheinen und Apple selbst den Markt falsch einzuschätzen scheint, muss die verbleibenden Aktionäre für 2016 höchst bedenklich stimmen.
Apples Management verzockt sich – und kauft zu früh zu viel zurück
Allein im vierten Quartal pulverten Tim Cooks Statthalter 14 Milliarden Dollar für Aktienrückkäufe heraus – mehr als je zuvor. „Apple wettet groß auf die Zukunft“, flankierten Apples treue Fanboys wie Neil Cybart und AppleInsider die beschleunigten Rückkäufe mit großen Schlagzeilen, die wohl suggerierten sollten: Wettet nicht gegen Apple – die wissen schon, warum sie gerade jetzt investieren, yippie!
Oder auch nicht. Per Ende 2015 sehen die beschleunigten Aktienrückkäufe, die zu Durchschnittskursen von 125 Dollar (Juli), 114 Dollar (August) und 113 Dollar (September) erfolgten, wie der Anfängerfehler eines Fanboy-Investors aus, der in fallende Kurse weiter nachkauft, in der Hoffnung, den Durchschnittskaufkurs zu verbessern.
Die Aktienrückkäufe haben ihre Wirkung verfehlt
Fakt ist: Apple hätte die vielen Milliarden besser für Ende 2015 trocken gehalten – die Aktie ist nunmehr schon für 105 Dollar zu haben. Apple hat also bei der Wette auf sich selbst Milliarden überzahlt.
Schlimmer jedoch: Die Aktienrückkäufe haben ihre eigentliche Wirkung verfehlt. Als wie vollkommen wirkungslos sich die Aktienrückkäufe erweisen, unterstrichen die letzten Wochen des Börsenjahres 2015, in denen immer neue Analystenkommentare zu den künftigen iPhone-Absätzen die Aktie immer tiefer in den Abwärtsstrudel rissen.
Damit ist viel über die Zukunft des noch wertvollsten Konzerns der Welt gesagt, der sich nicht mal mit 50 Milliarden Dollar ein Plus an der Börse erkaufen kann – die Aussichten für Apple in 2016 sind herausfordernd.