Antizipieren statt Akzeptieren 

Marken müssen sich in einem immer unübersichtlicheren Umfeld behaupten. Warum wir neben aller Optimierung auch das Chaos umarmen sollten.
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Franziska Duerl ist GWA-Vorständin und Strategiechefin bei Jung von Matt. (© Jung von Matt, Montage: Olaf Heß)

In einer Welt, die von zunehmenden sozialen Spannungen und ständigem technologischen Wandel geprägt ist, stehen Marken vor der Herausforderung, sich in einem immer chaotischeren Umfeld zu behaupten. Doch anstatt gegen das Chaos anzukämpfen, sollten sie es umarmen und als Chance begreifen. Die Akzeptanz des Unbekannten und die Bereitschaft, sich auf fließende Realitäten einzulassen, eröffnen neue Möglichkeiten, die in starren, traditionellen Strukturen undenkbar wären. 

Daran angelehnt ist die „Black Swan Theory“ von Nassim Nicholas Taleb. Unerwartete, disruptive Ereignisse werden hier als Chance betrachtet. Es geht darum, den Wandel als Katalysator zu nutzen und sich so auf eine tiefere und bedeutsamere Weise mit dem eigenen Umfeld zu verbinden. Dies erfordert jedoch oft eine grundsätzliche Neuausrichtung der Strategien. Traditionelle Ansätze reichen in dieser dynamischen Zeit nicht mehr aus. Stattdessen müssen Marken lernen, Veränderungen nicht nur zu akzeptieren, sondern sie aktiv zu antizipieren und zu ihrem Vorteil zu nutzen. 

Was wir von Challenger Brands lernen können 

Ein zentrales Element ist das Verständnis und die Einbindung von subkulturellen Strömungen. Die ihnen innewohnende Dynamik dient nicht nur als Übungsfeld für die Agilität von Unternehmen, sondern wird immer mehr zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Überlebensstrategie. 

Challenger Brands zeigen nicht selten, wie man unerwartete Ereignisse erkennt und nutzt, um in dynamischen Märkten erfolgreich zu sein. Diese Marken docken gezielt an subkulturellen Strömungen an, richten sich an nischige Zielgruppen, testen untypische Medienkanäle, aktivieren zu ungewöhnlichen Zeiten und schaffen eine soziale Währung durch innovative und disruptive Ansätze. Sie stellen etablierte Konventionen infrage, um zu Verbraucher*innen durchzudringen. Eine Analyse von über 200 Fällen durch Bountiful Cow zeigt, dass diese Techniken zu einem Anstieg von 15 Prozent bei wichtigen Markeneffekten wie Bekanntheit, Differenzierung und Vertrauen führen.  

Wie wir in Zeiten des Wandels gemeinsam die richtige Kultur schaffen 

Um als Marke und Unternehmen in einer sich ständig verändernden Welt erfolgreich zu sein, bedarf es oft auch eines internen Kulturwandels. In einer globalen Studie von WARC (Future of Strategy 2023) gaben 70 Prozent der Befragten (Fokus: Strateg*innen) an, dass ihre Agentur eine Offenheit für mutige, strategische Entscheidungen zeigt, allerdings nur 34 Prozent diese Kultur auch bei ihren Kund*innen erleben.  

Unternehmen müssen zu Orten werden, an denen proaktive Ansätze geschätzt und eine Test-und-Lern-Mentalität gefördert wird. Ebenso wichtig ist es, in die Mitarbeitenden zu investieren, um deren Fähigkeiten in neuen Bereichen zu entwickeln. In der Agentur- und Kommunikationsbranche liegt unsere Aufgabe mehr denn je darin, Kund*innen zu ermutigen, sowie ihnen die richtigen Expert*innen zur Seite zu stellen. Sie sollen neue Wege aufzeigen, um die Triebkräfte des Wandels zu ergründen und innovative Lösungsansätze zu schaffen. 

Franziska Duerl ist GWA Vorständin und Strategiechefin bei Jung von Matt. Die Kolumnistin schreibt bei uns im Wechsel mit Larissa Pohl und Sandra Harzer-Kux über Kollaborationen von Agenturen und Kunden.