Die Digitalisierung der Medien und damit auch der Werbung ist nicht aufzuhalten. Dennoch stellen sich alle Marketingverantwortlichen derzeit die gleichen Fragen: Wenn man jedes Jahr den Anteil der digitalen Kanäle im Kommunikations-Mix erhöht, ab wann ist es genug – oder ab wann ist es gar zu viel? Oder ist es nie genug?
Jedes Medium, die alten analogen ebenso wie die nicht mehr ganz so neuen digitalen, besitzt Stärken und Schwächen. Medien wie TV, Print, Außenwerbung und Radio spielen ihre Stärken vorne im Marketing Funnel aus, wo sie Markenbekanntheit, Image und Vertrauen erzeugen und stärken. Die digitalen Kanäle, denen eine vergleichbare Reichweite und Öffentlichkeit fehlt, arbeiten wirksam weiter hinten im Funnel, wo es um Aktivierung, Conversion und Word-of-Mouth geht.
Markenloyalität leidet in allen Branchen
Diese recht deutlichen Unterschiede helfen, die richtigen Medien und den richtigen Media-Mix für die angepeilten Kommunikationsziele zu identifizieren. Wenn jedoch, ungeachtet der Situation und Ziele der Marke, eine zu starke Verlagerung der Werbeinvestitionen ins Digitale entsteht, verliert die Marke an Bekanntheit, Awareness und Sichtbarkeit. Genau dies wird derzeit weltweit auf allen Marketingetagen beklagt, denn die Markenloyalität leidet in allen Branchen sichtbar darunter.
Viele Marken haben ihren Digitalanteil inzwischen auf 50 Prozent und mehr hochgeschraubt. „Digital first“ heißt die Devise. Hierdurch sind viele Marketingpläne in eine unbeabsichtigte Schieflage geraten. Der Einsatz digitaler Kanäle hat zuletzt durch Programmatic einen weiteren Schub erhalten. Hierbei wird nicht mehr öffentliche Reichweite und Sichtbarkeit für die Marke aufgebaut, sondern es werden einzelne Zielpersonen 1-to-1 identifiziert und angesprochen.
Fallstricke von Programmatic
Wie alles im (Marketing-) Leben hat auch Programmatic seine Vorteile und Fallstricke. Der Vorteil liegt in der vermeintlich höheren Effizienz der Werbung – die allerdings nicht erwiesen ist. Bislang ist kein Unternehmen bekannt, das seinen Werbeetat hätte kürzen können, weil digitale Werbung effizienter ist. Die Nachteile befinden sich noch in der Erkundung. So sprechen viele Forscher davon, dass die automatisierte Ansprache einzelner Personen häufig dazu führt, Menschen zu erreichen, die bereits Kunden sind – oder ohnehin geworden wären.
Nach den Lehren des Marketingprofessors Byron Sharp muss eine Marke, die wachsen will, jedes Jahr mehr neue Kunden gewinnen als sie verliert. Dazu braucht sie einen werblichen Auftritt, der eine hohe Reichweite weit über die derzeitige Käuferschaft hinaus erzeugt. Die Marke braucht Öffentlichkeit, um zu wachsen. Hierzu sind digitale Medien nicht geeignet. Diese DNA besitzen sie nicht.
Man kann das Phänomen gut mit dem Fischfang vergleichen. Wenn Sie nur wenige Fische benötigen, werfen Sie Ihre Angel aus und holen mühsam einen Fisch nach dem anderen aus dem Wasser. An manchen Tagen keinen einzigen. Das sind in diesem Fall die digitalen 1-to-1-Medien. Benötigen Sie dagegen viele Fische, werfen Sie ein Schleppnetz aus und sammeln mit einem Mal eine gewaltige Menge Fische aus den Fluten. Das Schleppnetz sind die reichweitenstarken, klassischen Medien TV, Print, Außenwerbung und Radio.
Lösung ist „best of both worlds“
Um im Bild zu bleiben: Sind Sie ein gewerblicher, professioneller Fischer, greifen Sie stets zum Schleppnetz. Sind Sie Hobbyfischer aus Passion, reicht die Angel. Weil sich im Marketing das eine nicht ohne das andere entfalten kann, nutzen sie beides: Schleppnetz und Angel – „the best of both worlds“. Aber stets in der für Ihre individuellen Zwecke richtigen Balance. Dazu benötigen Sie nichts weiter als eine ausgeklügelte Mediastrategie.
Und bedenken Sie: Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Die Menschen, Ihre geschätzten Kunden und Verbraucherinnen, verabscheuen nichts mehr als (noch mehr) Onlinewerbung.