Amazon macht Niederlande zum Testmarkt

Amazon will verstärkt in den niederländischen Markt eintreten. Nach dem Verkauf von E-Books soll nun der Start mit physischen Waren kurz bevorstehen. Bislang wurde dies über Amazon Deutschland abgewickelt. Besonders im Fokus stehen Lebensmittel. Unsere Nachbarn gelten in der Strategie der US-Amerikaner als Testland für den Onlineverkauf von frischer Ware.
Amazon
Amazon will in den Niederlanden sein Angebot erweitern und künftig auf seiner Webseite das volle Sortiment anbieten. Dabei steht besonders der Online-Verkauf von Lebensmitteln im Fokus. (© Velten)

Amazon plant seinen offiziellen Start in den Niederlanden. Kommendes Jahr soll Amazon.nl mit mehr als dem momentanen Verkauf von E-Books im Markt aktiv werden. Ein eigenes Distributionszentrum plant der Händler nicht. Amazon wird nach wie vor von Deutschland aus verschiffen. Niederländische Lieferanten und Dritthändler können sich aber bereits einen zentralen Account für das Land erstellen, so Medienberichte. Seit circa fünf Jahren gibt es immer wieder Gerüchte und Spekulationen hinsichtlich eines potenziellen Markteintritts des Online-Riesen. Bisher wurden die Kunden, die sich für Amazons weiteres Sortiment interessierten, auf den deutschen Shop umgeleitet. Im Jahr 2018 hat das Amazon dort mehr als zwei Millionen Produktseiten von Deutsch ins Niederländische übersetzt. Seit diesem Jahr gibt es außerdem für drei Millionen Artikel die Möglichkeit, sie am nächsten Tag geliefert zu bekommen.

Amazon.nl: Konzentration auf den Marktplatz

Amazon.nl wird sich wohl zunächst auf seinen Marktplatz konzentrieren. Besonders stehen bei Amazons Gang in die Niederlande Lebensmittel im Fokus. Es gibt große Spekulationen um Amazon Fresh. Der Lieferservice für Lebensmittel stellt noch am selben oder folgenden Tag zu. Zunächst wird der niederländische Markt von Amazon-Warenhäusern an der deutschen Grenze bedient. Amazon Fresh existiert zwar als Service in Deutschland, aber das Wachstum vollzieht sich langsam. DHL zog sich im August 2019 aus den Fresh-Lieferungen zurück und veranlasste Amazon, eine eigene Lieferflotte aufzubauen.

Während Deutschland nach den USA der zweitgrößte Markt von Amazon ist, liegt der Gesamtumsatz mit E-Commerce-Lebensmitteln aufgrund der Dominanz der Aldi- und Lidl-Geschäften bei rund ein Prozent. Angesichts der Tatsache, dass Lebensmittel eine Schlüsselkategorie für Amazon sind, ist es wichtig, dass die Lebensmittelverkäufe auch in Europa wachsen. Der holländische E-Commerce-Markt für Frischwaren ist zwar klein, wächst aber stetig. Da die Niederlande einen höheren Online-Anteil an den Lebensmittelverkäufen haben und die Nähe zu Deutschland besteht, ist ein Lebensmittelangebot von Amazon.nl ein strategischer Schritt. Im Mai 2019 gab Deliveroo bekannt, dass Amazon 575 Millionen US-Dollar in den Lieferservice investieren will. Dies könnte ein weiterer Beleg dafür sein, dass Amazon in den Niederlande Lebensmittel in den Fokus stellen will. Wenn Amazon prüfen will, wie Lebensmittellieferungen auf dem europäischen Festland optimal abgewickelt werden können, hilft die Zusammenarbeit mit Deliveroo in Deutschland und den Niederlanden.

Testland für den Online-Verkauf von frischer Ware

Unsere Nachbarn gelten in der Strategie der US-Amerikaner als Testland für den Online-Verkauf von frischer Ware. Bislang hatte Albert Heijns Plattform bol.com in den Niederlanden einen ähnlichen Stellenwert wie Amazon in Deutschland. In den Jahren der Spekulation um Amazons Markteintritt hat der niederländische Marktführer den Nonfood-Online-Shop mit seinen überall präsenten Supermärkten verbunden.

Bislang bietet die Seite aber noch keine frische Ware an, allerdings Produkte in Schlüsselkategorien wie Baby, Gesundheit, Schönheit und Getränke. Die ersten Konsumgüterunternehmen, die voraussichtlich auf Amazon.nl erscheinen, werden die großen Hersteller sein, die bereits auf Amazons Europaseiten verkaufen, wie Unilever, Nestlé und P & G. Es wird sich zeigen, ob Amazon den Rivalen bol.com nun vom Treppchen stoßen kann, wenn das Unternehmen seinen vollwertigen Shop forciert. Laut des niederländischen E-Commerce-Spezialisten „twinkle.nl“ ist Amazon mit seinem noch reduzierten Angebot bereits auf Platz sechs der niederländischen Online-Anbieter mit einem jährlichen Umsatz von 565 Millionen Euro. Bol.com liegt unangefochten an der Spitze mit 1,6 Milliarden Euro.