„ZUM LETZTEN MAL“. Mit diesen endzeitlichen Worten verabschiedete sich die Baumarktkette Obi im Juni endgültig von ihren Print-Beilagen. Es handele sich um einen „wichtigen Transformationsprozess in der Kundenkommunikation“. Künftig will Obi seine Kundschaft passgenau per App beraten. Papierknappheit und -preise hätten diesen Schritt beschleunigt und Print sei kein Kanal der Zukunft, zitiert das Fachportal „BaumarktManager“ den Obi-Marketingchef Christian von Hegel.
Diese Meldung nahm die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zum Anlass, mit gewohnt scharfen Worten die „enorme Ressourcen- und Energieverschwendung durch ungewollte Werbeprospekte“ anzuprangern. Die DUH fordert schon seit längerem von Unternehmen den Umstieg auf digitale Kommunikation und von Justizministerin Christine Lambrecht die Einführung eines Opt-in-Verfahrens für unadressierte Werbebroschüren sowie eine Umweltabgabe in Höhe von mindestens 20 Cent auf jede gedruckte Werbebroschüre, die der Handel zahlen soll.
Derlei Forderungen bringen wiederum den Deutschen Dialogmarketing Verband (DDV) auf die Palme. Irreführend, unredlich, falsch, pauschal und haltlos sei die Argumentation der Deutsche Umwelthilfe, klagt der DDV und führt seinerseits die Papier-Recyclingrate (in Deutschland: 79 Prozent), eine wachsende Waldfläche in Deutschland und Studien über die hohe Akzeptanz von Werbeprospekten ins Feld.
Schlechte CO2-Bilanz von digitaler Werbung
Nun kann man zu Print-Werbung stehen, wie man will – in digitalen Medien das Nachhaltigkeits-Allheilmittel zu sehen, ist ein ziemlich schräge Sache. Denn: „Die CO2-Emissionen, die beim Streamen und Surfen produziert werden, sind enorm. Bei einer einzigen Suchanfrage über den Internetgiganten Google entstehen 0,02 Gramm CO2. Laut Google lag die Anzahl der täglichen Suchanfragen bereits im Jahr 2019 bei über 3,5 Milliarden“, schrieb schon WYDN-Chef Matthias Riedle in seinem Beitrag über die „Schöne – grüne – digitale Welt“ in der absatzwirtschaft.
Das unbedingt lesenswerte Magazin „Katapult“ meldete Anfang des Jahres, dass 84 Prozent aller E-Mails als Spam gelten. Jede einzelne E-Mail (ohne Anhang!) verursache mindestens 0,3 Gramm CO2. Angesichts der Masse kommt da ganz schön was zusammen – und der Energiebedarf von Servern und Rechenzentren ist noch nicht mal berücksichtigt.
Festzuhalten ist also: Verschwendet sind Ressourcen ganz sicher immer dann, wenn sie für irrelevante Kommunikation verbraucht werden. Aufgabe von Kommunikationsprofis ist und bleibt, die richtigen Leute über den richtigen Kanal zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Angebot zu erreichen.
Alle gegen Plastik
Mit dem Verzicht auf digitale Kommunikation dürfte es schwierig werden, beim ungeliebten Plastik fallen die Bekenntnisse da doch deutlich leichter: Gerade hat der „Plastic Free July“ begonnen und das Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos passend dazu Menschen in 28 Ländern gefragt, was sie von Plastik halten. Das Ergebnis: In allen 28 Ländern spricht sich eine klare Mehrheit der Befragten für Produkte aus, die möglichst wenig Plastikmüll verursachen. Bei chinesischen Verbrauchern (92 Prozent) sei der Wunsch nach plastikfreien Verpackungen aktuell besonders groß, in Japan (56 Prozent) und den USA (71 Prozent) sei die Zustimmung am geringsten, meldet die Ipsos-Studie „Attitudes Towards Single-Use Plastics“.
Die Befragten delegieren das Müllproblem übrigens schön bequem an die Unternehmen: 85 Prozent der deutschen Befragten sind der Ansicht, Hersteller und Einzelhändler seien für die Reduzierung, Wiederverwendung und das Recycling von Kunststoffverpackungen verantwortlich. In China, Großbritannien, Brasilien und Mexiko sehen das je 90 Prozent auch so. Die Haltung, dass sich andere kümmern sollen, ist also weltumspannend.
Eine gute Woche noch, und behalten Sie die Zukunft im Blick!