Von Michael Milewski
Mit dem Start der Marke Alpro im Jahr 1980 ist untrennbar die Sojabohne verbunden. Um Sojadrinks herzustellen, entwickelte der Belgier Philippe Vandemoortele einen speziellen Produktionsprozess, der möglichst viele Nährstoffe bewahrt. Das Verfahren basiert auf „Aseptic Li quid Proteins“, wovon sich die Kurzform Alpro ableiten lässt.
Discounter lassen Alarmglocken klingeln
Relevanz hatten die Produkte hauptsächlich für Verbraucher mit einer Laktoseintoleranz. Das Marktumfeld war aus Unternehmenssicht zunächst sehr komfortabel: „In den ersten Jahren gab es gar keine Mitbewerber in diesem Segment“, erzählt Sandra Cetin, Marketing-Managerin der Alpro GmbH, der deutschen Vertriebsniederlassung, hinter der heute die belgische Firma Alpro C.V.A. steht. Doch mit der Zeit erkannten auch andere das Geschäftspotenzial, das Angebot an laktosefreien Milchprodukten stieg. Und als die Discounter mit Eigenmarken preislich angriffen, klingelten bei den Alpro-Verantwortlichen die Alarmglocken.
„Unsere Marke wurde als altmodisch wahrgenommen“, berichtet Cetin über eine Bestandsaufnahme vor dem Relaunch im Jahr 2010. „In der Kommunikation hatten wir uns tatsächlich auf eine Zielgruppe ab 50 Jahren konzentriert und uns darauf beschränkt zu betonen, was unsere Produkte nicht haben, nämlich null Prozent Cholesterin und null Prozent Laktose.“ Als problematisch habe sich zudem ausgewirkt, dass viele Verbraucher Soja mit Gentechnik assoziierten und die Produkte im werblichen Zusammenhang aus rechtlichen Gründen nicht „Milch“ oder „Joghurt“ heißen dürfen – eine Hürde für direkte Botschaften.
Abwechslung im Speiseplan
Um sich trotz geringem Marketingbudget von den Wettbewerbern abzuheben, ohne sich auf einen Preiskampf einzulassen, entschieden sich die Strategen, das Image der Marke zu verändern. Alpro sollte moderner werden. „Wir wollten bestehende Verwender weiter binden, aber auch neue Kunden zum Ausprobieren motivieren, damit Um- und Absatz von Alpro im Markt der pflanzlichen Milchalternativen steigt“, erklärt Cetin.
Der Fokus rückte nun auf Verbraucher, die sich gesund und ausgewogen ernähren möchten – und nicht unbedingt, weil sie etwa wegen einer Allergie und Intoleranz eine Alternative brauchen. „Alpro ist ein Und- statt ein Oder-Produkt“, formuliert Cetin zugespitzt die kommunikative Herausforderung. „Wir mussten herausstellen, dass die Produkte leicht bekömmlich sind und Abwechslung in den Speiseplan bringen.“
Zweistufiger Relaunch des Markenlogos
Die Strategen orientierten sich für ihren Relaunch an einer idealtypischen Vertreterin der neuen Zielgruppe und tauften sie intern Caroline. Was macht diese Frau aus? Sie identifiziert sich zum Beispiel mit den Alpro-Markenwerten Natur und Gesundheit, sie ist offen für Neues, genießt ein Leben in Balance und achtet auf ihren Körper. In ihrem Freundeskreis gilt sie als Meinungsführerin. Auf „Caroline“ ist die neue Markenbotschaft abgestimmt: „Stay curious, enjoy plant power.“ Die Verbraucher sollen Spaß haben, die Waren zu entdecken und auszuprobieren. „Wir positionierten Alpro als Marke für Produkte, die viel Gutes aus der Natur enthalten“, so Cetin.
Der Relaunch wird in der Außendarstellung zweistufig und damit behutsam sichtbar: Das Markenlogo erhält 2010 geschwungenere Formen und hellere Farben, außerdem erscheint eine golden strahlende Sojabohne, die an eine kleine Sonne erinnert, über dem grünen Blatt. 2013 gelangt dieses Blatt mit einer noch runder wirkenden Sonne in den Vordergrund, der bisherige Logobestandteil „Soya“ verschwindet, stattdessen kommt der Schriftzug „enjoy plant power“ hinzu. Zeitgleich unterstreicht ein Relaunch der Packungen den Anspruch, moderner aufzutreten. Außerdem setzt Alpro auf ein erweitertes Portfolio in Form von Joghurtalternativen und Drinks ohne Soja.
Ein Fernsehspot in reichweitenstarken Privatsendern zeigte zum Jahresauftakt eine Frau, die zum Frühstück die Joghurtalternative „Natur“ genießt, das Hero-Produkt von Alpro. Samplings und Onlinemaßnahmen flankieren die TV-Kampagne. Um emotionale Momente geht es bei Youtube, wo ein Clip dazu motiviert, die Neugier aus Kindheitstagen wiederzuentdecken. Weitere Kurzvideos präsentieren Frühstücks- und Rezeptideen mit den Alpro-Produkten. Fans der Marke können sich auch auf einer offiziellen Seite bei Facebook versammeln und vernetzen.
Marktanteil steigt
Der Relaunch tut Alpro gut: Der Marktanteil der Marke im Segment der pflanzlichen Milchalternativen steigt wertmäßig von 2011 bis 2013 von 56 auf 61 Prozent, mengenmäßig von 36 auf 42 Prozent (Nielsen). „Während Neukäufer seit 2010 bevorzugt bei den Joghurtalternativen und seit 2012 bei den Drinks zugreifen, bleiben uns bestehende Verwender vor allem bei den Sojadrinks und den Desserts treu“, berichtet Commercial Director Michael Ohlendorf über die Käuferreichweite.
„Für unsere Soja-Joghurt-Alternative ‚Natur‘ als Kernprodukt konnten wir die Distribution im Lebensmitteleinzelhandel um 30 Prozent steigern, die Konsumentennachfrage ist gewachsen bei stabilem Preis und einem nur geringfügig höheren Promotion-Anteil“, betont Ohlendorf. Hohe Akzeptanz findet auch die sukzessive Erweiterung des Portfolios der Soja-Joghurt-Alternativen, die gelingt, ohne die Basisprodukte zu kannibalisieren. „Eine Verjüngung des Sortiments bewirkten unsere Drinks ohne Soja“, sagt Ohlendorf. Sehr offen habe der Handel auf die Erweiterungen reagiert. Nicht zuletzt deshalb, weil die Abverkaufsdaten den Erfolg der Strategie bestätigten.
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